Amazon bevorzugt eigenen Online-Handel auf Amazon
Der weltgrößte Online-Händler Amazon verstößt nach Einschätzung der EU-Wettbewerbshüter gegen Kartellvorschriften. Dem Unternehmen werde vorgeworfen, öffentliche Geschäftsdaten von unabhängigen Händlern systematisch für das eigene Einzelhandelsgeschäft zu nutzen, teilte die zuständige EU-Kommission am Dienstag in Brüssel mit. Dies ist möglich, weil Amazon nicht nur selbst als Einzelhändler Waren verkauft, sondern seine Internetseite auch als Plattform für andere Händler zur Verfügung stellt. Die Marktmacht kommt insofern zur Geltung, weil der Wettbewerb keine Einblicke in die Daten der Konkurrenz erhält.
Amazon missbraucht Marktmacht
Nach Angaben der Behörde hat der Konzern nun die Möglichkeit, sich zu den Beschwerdepunkten zu äußern. Bleiben die Wettbewerbshüter danach bei ihrer Einschätzung, könnte auf Amazon eine milliardenschwere Strafzahlung zukommen. Wenn Unternehmen gegen die Wettbewerbsvorschriften der EU verstoßen, riskieren sie Geldbußen in Höhe von bis zu zehn Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes. Die Erlöse von Amazon beliefen sich 2019 auf rund 280,5 Milliarden US-Dollar (236 Mrd. Euro).
Die Wettbewerbshüter der EU hatten im Juli 2019 eine Untersuchung wegen möglicherweise illegaler Geschäftspraktiken eingeleitet. Dabei gehen sie vor allem der Frage nach, ob der Konzern auf unfaire Weise mit anderen Händlern konkurriert, die seine Plattform nutzen, und dadurch auf wettbewerbsverzerrende Weise eine Marktmacht ausübt.
Verkäuferdaten Teil des Geschäfts
Zu den Beschwerdepunkten schreibt die EU-Kommission nun, die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass den Mitarbeitern des Einzelhandelsgeschäfts von Amazon sehr große Mengen nicht-öffentlicher Verkäuferdaten zur Verfügung stünden, die direkt in die automatisierten Systeme des Geschäfts fließen, wo sie aggregiert und genutzt werden, um Endkundenangebote und strategische Geschäftsentscheidungen von Amazon auszutarieren. Dies gerät zum Nachteil der anderen Verkäufer auf dem Marktplatz.
Alles ist möglich
Das Unternehmen könne so beispielsweise seine Angebote auf jene Produkte einer Kategorie konzentrieren, die sich am besten verkauften und seine Angebote auf der Grundlage nicht-öffentlicher Daten konkurrierender Verkäufer anpassen.
“Daten über die Tätigkeit unabhängiger Verkäufer sollten von Amazon nicht zum eigenen Vorteil genutzt werden, wenn das Unternehmen mit diesen Verkäufern konkurriert”, kommentierte die zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager. Die Wettbewerbsbedingungen auf der Amazon-Plattform müssten fair sein, damit keine Marktmacht entsteht.
Bezos verkauft Aktien
CEO Jeff Bezos hat in vergangene Woche Aktien seines Unternehmens im Wert von mehr als 3,0 Milliarden Dollar (2,56 Mrd. Euro) verkauft. Das ging am Mittwoch (Ortszeit) aus Pflichtmitteilungen an die US-Börsenaufsicht SEC hervor. Bezos hat heuer SEC-Daten zufolge bereits Amazon-Anteile im Wert von über 10,2 Milliarden Dollar (8,7 Mrd. Euro) zu Geld gemacht.
Der 56-Jährige Starunternehmer gründete sein Imperium 1994 und ist bis heute größter Einzelaktionär des weltgrößten Internethändlers. Mit einem geschätzten Vermögen von rund 190 Milliarden Dollar ist Bezos laut “Forbes” und “Bloomberg Billionaires” der reichste Mensch der Welt. Amazon hatte zuletzt einen Börsenwert von 1,6 Billionen Dollar. Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs um über 75 Prozent gestiegen.
(APA/red)