Apple Pay für EU-Kommission lukratives Prüfprojekt
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hat sich eine schärfere Regulierung großer US-Tech-Konzerne auf die Fahnen geschrieben. Internetgiganten wie Amazon oder Google seien in der Coronakrise noch gestärkt geworden, sagte Vestager unlängst in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". Es sei dringend nötig, "dass auch auf digitalen Märkten alle nach den gleichen Spielregeln spielen". Auch in Bezug auf die Inhalte will Vestager die Konzerne künftig stärker zur Verantwortung ziehen.
Neidvoller Blick auf US-Dominanz
"In den vergangenen Wochen waren wir alle fasziniert davon, was digital alles möglich ist. Aber Corona hat gezeigt, wie abhängig wir von US-Konzernen sind, und das war ein Weckruf", sagte Vestager. Es müsse verhindert werden, dass sich "monopolartige Situationen, wie wir sie bei Amazon, Google und Facebook erleben, auf neuen Märkten wiederholen". Auch mit Blick auf die Inhalte will die dänische Politikerin Internetkonzerne künftig stärker zur Verantwortung ziehen. "Digitalunternehmen müssen künftig Verantwortung für ihre Angebote übernehmen", sagte Vestager. Das Internet müsse "europäisch reguliert" werden.
Europäische Machtgelüste
"Wir haben sehr genaue Vorstellungen davon, wie Gesellschaften und Volkswirtschaften aussehen sollten, und die unterscheiden sich teilweise erheblich von den Vorstellungen in den USA und China", betonte die EU-Kommissarin. "Wir wollen Wettbewerb, aber wir wollen auch Demokratie, und wir lehnen die negativen Konsequenzen eines unregulierten Kapitalismus ab".
Vestager macht ernst bei Apple Pay
Die EU-Kommission nimmt den US-Konzern Apple wegen möglicher Wettbewerbsverzerrungen ins Visier. Wie die Brüsseler Behörde am Dienstag mitteilte, hat sie eine kartellrechtliche Untersuchung wegen der Bedingungen des Zahlungsprogramms Apple Pay gestartet. In einem zweiten Verfahren will sie den Vorwurf des Musikdienstes Spotify überprüfen, wonach Apple im App-Store überhöhte Provisionen verlangt.
Ofenbar Bedenken möglicherweise
Apple Pay ist ein Programm für iPhones und iPads für das Bezahlen über eine drahtlose Internetverbindung im Giga-Netz, aber etwa auch im Einzelhandel über NFC-Stationen (Datenauslese im Nahfeldbereich). Nach einer vorläufigen Prüfung hat die Kommission nach eigenen Angaben Bedenken, dass die Geschäftsbedingungen von Apple hier den Wettbewerb verfälschen und die Auswahl für Verbraucher verringern. Apple Pay sei auch die einzige Lösung für mobile Zahlungen, mit der die sogenannte Nahfeldkommunikation "tap and go" von Apple-Geräten für Zahlungen in Geschäften genutzt werden könne.
"Apple legt offenbar Bedingungen für die Nutzung von Apple Pay in kommerziellen Apps und auf Websites fest", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. "Apple darf den Verbrauchern mit seinen Maßnahmen aber nicht die Vorteile der neuen Zahlungstechnologien vorenthalten."
Entwickler sollen Konkurrenz bewerben
In dem zweiten Verfahren will die Kommission unter anderem prüfen, ob Apples Regeln für Entwickler zum Vertrieb von Apps über den App-Store gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Zudem wollen die Wettbewerbshüter Einschränkungen in den Blick nehmen, wonach App-Entwickler die Nutzer nicht über alternative und häufig günstigere Kaufoptionen außerhalb der Apps informieren dürfen.
"Es scheint, als habe Apple beim Vertrieb von Apps und Inhalten an Nutzer der beliebten Apple-Geräte die Rolle eines "Torwächters" eingenommen", sagte Vestager. Es müsse sichergestellt werden, dass dies nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führe.
Verdrängte Dienste vermissen Gewinne
Der Musikstreaming-Marktführer Spotify hatte im März 2019 offizielle Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Das Unternehmen argumentierte unter anderem, es sei im Nachteil, weil es für Abo-Abschlüsse innerhalb der iPhone-App 30 Prozent der Erlöse an Apple abgeben müsse. Der Plattform-Betreiber selbst könne beim eigenen Streamingdienst Apple Music hingegen den gesamten Betrag behalten. Auch ein E-Book- und Hörbuch-Anbieter hatte sich bei den EU-Wettbewerbshütern über die App-Store-Regeln beschwert. Damit steht einer gründlichen, gut dokumentierten, wissenschaftlich fundierten und durch Beraterfirmen akribisch vorbereiteten Prüfung unter Einhaltung aller Compliance Regeln nichts mehr im Wege.
(APA/red)