Die Maskenpflicht wird ab 15. Juni gelockert, auch wenn die Regierung keine wahre Freude mit dem Aufweichen ihrer Regelungen hat. Aber angesichts der geringen Krankheitsfälle und der stärker werdenden Unlust seitens der Bevölkerung, sich an der Kriseninszenierung beteiligen zu wollen, zeigt sich die Regierung erneut kulant. Gleichzeitig wird mit einer sofortigen Rücknahe der Maskenpflicht gedroht, sollte die gewährte "Eigenverantwortung" wieder höhere Messzahlen produzieren. Auch die Stadt Wien macht klar, dass man die Lockerungen nur mit Vorbehalt goutiert, und sich nicht wundern braucht, wenn die Pflicht auf Wiener Märkten wieder eingeführt wird.
Das mysteriöse Virus, das Covid-19 auslöst, ist wie ein Quantenteilchen. Wenn man genau hinsieht, verhält es sich plötzlich anders
Der Hauptgründe für die "Lockerungen "der Regierung sind freilich andere, als der Bevölkerung eine Last zu nehmen, die viele aus Solidarität anfangs gerne mitgemacht haben: Masken beim Einkauf tragen. Weil die Menschen nach den ersten Lockerungen aber immer noch keine Lust zeigen, ihr Geld in der neuen Abstandsgesellschaft auszugeben, gibt es wieder ein bisschen mehr Freiheit.
Vor allem der Handel benötigt wieder mehr Kundschaft. Keine, die dreimal vorher überlegt, ob es sich lohnt, den Mundschutz aus der Tasche zu ziehen und aufzusetzen. "Wozu brauche ich das eigentlich?", bietet keine Antwort auf die Wirtschaftskrise. Auch haben nur wenige Spaß daran, atemlosen VerkäuferInnen und Kellnern, die unter den Masken leiden, bei der Arbeit zuzusehen. Wiener Paradegastronomen lassen ihre Kellner absichtlich Mode-Stoffmasken statt Visier tragen. Von der Gewerkschaft ist über so ein Verhalten nichts zu hören.
Wie in der am Wochenende vom Gesundheitsministerium veröffentlichten Novelle der "Lockerungsverordnung" festgeschrieben, gelten die beschriebenen Regelungen weiterhin in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Gesundheitsbereich inklusive Apotheken sowie bei Dienstleistern, bei denen der Ein-Meter-Abstand unterschritten wird. Die Ein-Meter-Regel bliebt aufrecht. Zum Beispiel Friseure würden demnach weiterhin einen Gesichtsschutz benötigen, um ihren Beruf ausüben zu können.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mahnte Eigenverantwortung ein. Wenn es in Bereichen, wo keine Verpflichtung mehr besteht, "vielleicht zu eng wird", sollte ein Nasen-Mundschutz in Eigenverantwortung getragen werden, so Anschober in einer Aussendung am Sonntag.
Trotz der guten Zahlen hierzulande, müssen auch "wir in Österreich weiterhin höchst aufmerksam sein und im Alltagsleben konsequent die Hygienemaßnahmen und den Mindestabstand sowie die Auflagen bei den Öffnungsschritten einhalten", so Anschober. "Klar" sei aber auch weiterhin: "Sollten die Infektionszahlen wieder nach oben gehen, würden sehr rasch einzelnen Lockerungsschritte wieder zurückgenommen und/oder Schutzmaßnahmen wieder verstärkt", betonte der Gesundheitsminister.
Mit den Neuregelungen, abrufbar im Rechtsinformationssystem des Bundes, fällt die Maskenpflicht für Menschen, die nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben, auch bei gemeinsamen Fahrten mit dem Pkw. Es dürfen aber in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert werden. Weiter eine Maske braucht man jedoch für Taxis, taxiähnliche Betriebe sowie für Schüler- und Kindergartenkinder-Transporte.
Im Handel fällt die Maske jedenfalls. Weiter einzuhalten ist aber ein Abstand von mindestens einem Meter für Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben. Und auch im Gastronomiebereich können Lokale ab morgen ohne Maske betreten werden. Zudem fällt die Beschränkung auf vier Erwachsene inklusive ihrer minderjährigen Kinder pro Tisch. Die Sperrstunde wird von 23.00 Uhr auf 01.00 Uhr verlängert. Das Personal muss jedoch weiterhin Mund-Nasen-Schutz tragen.
Auch die Hotellerie darf nach dem Fall der MNS-Pflicht auf eine Rückkehr der Gäste hoffen. Bisher mussten Personal und Gäste in Eingangs- und Rezeptionsbereichen einen Schutz tragen. In Hotelrestaurants gelten dieselben Regeln wie in der Gastronomie, auch die Einschränkungen für Wellness- und Fitnessbereiche (Abstand und entsprechende Zutrittsbeschränkungen) bleiben aufrecht.
Die Lockerungsverordnung regelt auch unter welchen Voraussetzungen betreute Ferienlager und außerschulische Jugendarbeit stattfinden kann. Für diese fällt die Maskenpflicht ebenfalls. Auch kann der Mindestabstand von einem Meter gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, unterschritten werden, sofern der Träger ein "Covid-19-Präventionskonzept" erstellt und umsetzt. Dieses müsse unter anderem eine Schulung der Betreuer, spezifische Hygienemaßnahmen und gewisse organisatorische Maßnahmen enthalten. Etwa brauche es eine Gliederung in Kleingruppen von maximal 20 Personen, wobei die Interaktion zwischen den Kleingruppen auf ein Mindestmaß reduziert werden soll. Zwischen den Gruppen darf der Abstand von einem Meter nicht unterschritten werden. Auch müssen Regelungen, wie man sich bei einer "SARS-CoV-2-Infektion" verhält, enthalten sein.
Man kann sich ausmalen, was die Regierung noch alles mit der Bevölkerung vorgehabt hätte, wenn zu der schwachen Corona-Welle in Österreich eine zweite proklamiert werden könnte. Da keine Details zu den Corona-Verstorbenen preisgegeben werden, etwa Alter, Vorerkrankungen, Todesursache und wieviele Patienten nach Anwendung von Beatmungsgeräten das Zeitliche gesegnet haben, ist eine seriöse Einschätzung der Corona-Gefahr ausschließlich der Regierung vorbehalten.
Mit 6. April startete die Schutzmaskenpflicht in Österreichs Supermärkten. Gratis-Masken für bessere Sicherheitsgefühl beim Einkauf in klimatisierten Hallen haben Sinn gemacht. Großes Pech für die Maskenstrategen war, dass diese 14 Tage zu spät und viel zu wenige geliefert wurden, um jenen Wow-Effekt zu erzielen, den es gebraucht hätte, um sie als Heilmittel zu verkaufen. Noch immer wartet die Regierung auf rund 70 Millionen Einwegmasken, die sie bestellt und bezahlt hat. Mittlerweile hinkt die Gesundheitspolitik über sechs Wochen der Realität hinterher. Die Maskenpflicht als Allheilmittel und legitimes "Medikament" für kommende Covid-Xy-Maßnahmen zu etablieren, ist hoffentlich gescheitert und Die Welle ein für allemal zerschellt.
(red/APA)
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