Chronik

Finanzminister Blümel legt Schulden-Budget auf den Tisch

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© APA/Schlager

Das von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Mittwoch im Nationalrat vorgelegte Budget 2021 sieht ein Defizit von 6,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. Die Staatsschulden sollen schon heuer auf 84 Prozent hoch schnellen und bis zum Ende der Legislaturperiode nur unwesentlich auf 82,9 Prozent sinken. Eine weitere Steuerreform ist im Finanzrahmen bis 2024 nicht eingepreist. Dennoch betonte Blümel vor Journalisten, am Termin 2022 festzuhalten.

Ein Blick in Richtung SitzungsteilnehmerInnen zeigt, dass nur wenige Abgeordnete den Mundschutz tragen | © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Staatshaftungen im Budget 2021

Für die Bewältigung der Coronakrise stehen im Budget 2021 laut Blümel heuer und im kommenden Jahr 50 Mrd. Euro zur Verfügung. Ein guter Teil davon sind allerdings Haftungen und Steuerstundungen, bei denen die Regierung mit Rückflüssen im Milliardenhöhe rechnet: Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerstundungen (6,6 Mrd. Euro) nur zu maximal einem Fünftel, die Haftungen (6,7 Mrd. Euro) zu 30 Prozent schlagend werden.

Staatsschulden wieder en vogue

Die seit 2015 deutlich gesunkenen Staatsschulden sollen schon heuer von 70,5 auf 84 Prozent der Wirtschaftsleistung hochschnellen, 2021 auf 84,8 steigen, 2022 mit 85 Prozent einen neuen Rekordwert erreichen und dann wieder leicht sinken. Das Defizit soll heuer 9,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, im kommenden Jahr 6,3 und 2022 3,5 Prozent. Die auf EU-Ebene vorgegebene Drei-Prozent-Grenze würde laut jetziger Planung erst 2023 (-1,9 Prozent) wieder unterschritten.

Budgetrede von Finanzminister Gernot Blümel anlässlich der 55. Sitzung des Nationalrates | © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Neben dem Bund werden kommendes Jahr auch die Länder und Gemeinden neuerlich Verluste schreiben. Das Finanzministerium schätzt das Defizit der Länder auf 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung, jenes der Gemeinden auf 0,2. Gemeinsam mit 5,7 Prozent Bundesdefizit ergibt sich daraus das gesamtstaatliche Minus von 6,3 Prozent des BIP.

Länder und Gemeinden hatten in den vergangenen Jahren ausgeglichen bilanziert, sind mit der Coronakrise aber ins Minus gerutscht. Ebenso übrigens die Sozialversicherungen, für die das Finanzministerium heuer ein Defizit von 0,1 Prozent erwartet. Kommendes Jahr sollen sie aber schon wieder ein Nulldefizit schreiben.

Wirtschaftswachstum für 2021 errechnet

Grundlage des Budgets ist die jüngste WIFO-Prognose, die nach einer historischen Rezession (-6,8 Prozent) für kommendes Jahr wieder ein Wirtschaftswachstum von 4,4 Prozent vorsieht. Größte Unsicherheit ist laut Blümel daher, die weitere Entwicklung der Pandemie und des Wintertourismus. Die Abhängigkeit vom Tourismus sei in Österreich so stark wie in wenigen anderen EU-Ländern. Daher müsse die Regierung möglichst alles tun, um die Infektionszahlen runter und die Reisewarnungen wegzubekommen, so Blümel. Gerüchte über einen weiteren Lockdown wies er aber zurück: "Es ist kein Lockdown geplant, das ist ein Faktum".

Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf der Besuchergalerie | © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Steuerreform in Etappen

An der von ÖVP und Grünen für 2022 angekündigten zweiten Etappe der Steuerreform will Blümel festhalten, ebenso an der Abschaffung der "kalten Progression". "Beides ist ein Thema. Ich hoffe, dass wir es so hinbekommen, wir wie es geplant haben", betonte Blümel vor Journalisten. Im Budget 2021 ist beides aber ebenso wenig abgebildet, wie der für 2021 angekündigte Einstieg in die Ökologisierung des Steuersystems. "Die Verhandlungen laufen noch", so Blümel.

Durch die Coronakrise hätten sich einige im Regierungsprogramm vorgesehen Maßnahmen etwas verzögert, dafür habe man die erste Etappe der Steuerreform - die Senkung des Eingangssteuersatzes - vorgezogen. "Die weitere Senkung der Einkommensteuer-Stufen ist im Regierungsprogramm drinnen, wird kommen, ist aber noch nicht beschlossen und daher nicht budgetiert." Und die erste Etappe der Ökosteuerreform könnte aus Blümels Sicht auch aufkommensneutral ausfallen.

Schulden machen jetzt billiger

Bedenken wegen der steigenden Staatsschulden im Budget 2021 konterte Blümel mit Verweis auf die aktuell niedrigen Zinsen. Außerdem werde der Schuldenabbau schneller gehen als nach der Finanzkrise: "Wir gehen davon aus, dass wir nach dieser Krise nicht wieder zehn Jahre brauchen, um von den Schulden herunterzukommen." Neue Steuern brauche es dafür nicht, meint Blümel: "Man kann es mit einer soliden Haushaltspolitik machen, mit einem guten standortpolitischen Mix, der zu Wachstum führt."

Wirtschaftszweig Arbeitslosenschulungen

Gegenüber dem Budgetplan vor "Corona" um 2,7 Mrd. Euro aufgestockt wird das Arbeitsmarktbudget, wo von heuer bis 2022 700 Mio. Euro für Qualifikationsmaßnahmen ("Arbeitsstiftung") vorgesehen sind. Allein für die Kurzarbeit werden, nach heuer 6,8 Mrd. Euro, weitere 1,5 Mrd. Euro eingeplant. Damit befinde man sich zwar am "oberen Ende der Expertenschätzungen", räumte Blümel ein, aber: "Alles andere wäre aus budgetärer Sicht nicht sehr sachlich."

Kulturbudget für NPO aufgestockt

Mehr Geld gibt es - wie bereits im Vorfeld durchgesickert - für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und für Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Hier sind u.a. zusätzlich knapp 1,2 Mrd. Euro für die Universitäten von 2022 bis 2024 vorgesehen. Das Budget für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) steigt ebenfalls stark - vor allem dank des 365 Mio. Euro NPO-Fonds.

Pleitewelle durch Steuerschulden

Die für 2021 erwartete Pleitewelle hofft Blümel durch den bereits beschlossenen "Verlustrücktrag" abwenden zu können. Der könnte aus seiner Sicht dazu führen, dass vielen Unternehmen die wegen der Coronakrise gestundeten Steuern gänzlich erlassen werden, wenn sie die entsprechenden Verluste gegenrechnen. "Wir hoffen, dadurch einen Großteil der Insolvenzen und der Pleiten verhindern zu können." Beim Fixkostenzuschuss will Blümel weiter mit der EU-Kommission verhandeln, um eine höhere Fördersumme (aktuell maximal drei Mio. Euro) oder eine höhere Deckelung auch für größere Unternehmen (aktuell 70 Prozent) zu erreichen.

Weichen für Krisenbewältigung

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekräftige nach der Budgetrede seines Finanzministers Gernot Blümel, dass nun die "Weichen für eine erfolgreiche Krisenbewältigung" gestellt seien. "2021 wird ein Dreikampf: Kampf um jeden Covid-Patienten, Kampf um jeden Betrieb und der Kampf um jeden Arbeitsplatz", meinte Kurz in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.

Gerade jetzt müsse man "massiv in Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort investieren", betonte Kurz. Deshalb werde 2021 mehr Geld für Arbeit und Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft und Forschung, Digitalisierung, Familien und Ökologisierung sowie Klima- und Umweltschutz bereitgestellt, um gut aus der Krise zu kommen und Österreich auf Wachstumskurs zu bringen.

(APA/red)

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Redaktion

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