Forum Alpbach ohne Blasmusik und Ehrensalven eröffnet

Keine Blasmusik, kein Schützenaufmarsch, keine Ehrensalven: Die 75. Auflage des Europäischen Forum Alpbach ist Sonntagabend Corona-bedingt gänzlich anders eröffnet worden - unter Sicherheitsauflagen und mit einer eineinhalbstündigen Auftaktveranstaltung im Kongresszentrum. Bundespräsident Alexander Van der Bellen nutzte seine Rede, um für eine gemeinsame, grünere europäische Zukunft zu werben. Nur 75 zugelassene Gäste waren anwesend. Forum Alpbach Präsident Franz Fischler hatte im Vorfeld von gewissermaßen einer "Neuerfindung" des Forums gesprochen.

Van der Bellen erinnert an Klimakrise

"Die Pandemie hat uns drastisch vor Augen geführt, wie von einem Tag auf den anderen internationale Entwicklungen und Krisen uns beeinflussen können", erklärte Van der Bellen, der ebenso wie alle anderen geladenen Gäste den "Corona-Sicherheitscheck" im Eingangsbereich absolvieren musste. Es sei das erste Mal, dass das Forum in diesem Ausmaß auf "digital" setze. Dies sei auch eine der wichtigen Lehren aus der Pandemie: "Viel mehr ist möglich, als wir zuvor angenommen haben." In diesem Zusammenhang spielte Van der Bellen auch auf die Klimakrise an: "Früher oder später wird die Wissenschaft hoffentlich einen Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt haben: Aber es wird keinen Impfstoff gegen die Klimakrise geben. Deshalb müssen wir handeln - jeder und jede von uns," so der Bundespräsident, der mit seiner Gattin Doris Schmidauer zum Forum Alpbach angereist kam.

Pandemie lehr Lektion

Die Krise habe auch gezeigt, wie verbunden alle Länder dieser Welt seien. Alleingänge seien keine Lösung. Als positiv strich Van der Bellen in diesem Zusammenhang den Kompromiss auf ein EU-Haushaltspaket hervor sowie den - bei dem "historischen Gipfel" - vereinbarten "substanziellen gemeinsamen Plan", die Wirtschaften wieder aufzubauen - zusätzlich zu den nationalen Programmen: "Sie haben die grundlegende Lektion gelernt, die uns die Pandemie lehrt: Gemeinsam sind wir stärker".

Forumspräsident und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler wies in seiner Rede vor - Corona- bedingt - nur 75 zugelassenen Gästen daraufhin, dass viele Probleme schon vor Corona virulent gewesen und ebenso mit-kausal gewesen wären. Fischler unterstrich auch die Wichtigkeit des heurigen Forum-Mottos "Fundamentals", unter das man etwa auch Menschenrechte, Umweltschutz, Gerechtigkeit sowie Vertrauen ins demokratische System subsumieren müsse.

Digitale Teilnahme am Forum Alpbach

Das Forum Alpbach sei durch Corona jedenfalls "demokratischer geworden", befand Fischler und wies auf die durch digitale Plattformen ermöglichte "Teilnahme" rund um die Welt hin. Bei einer, mit digitalen Zuschaltungen aus fernen Ländern bestückten, Podiumsdiskussion im Anschluss an die Reden sprach sich der Ex-ÖVP-Politiker zudem für ein Voranschreiten der Europäischen Integration aus - die "Vereinigten Staaten von Europa" seien aber für ihn kein passendes Konzept.

Internationale Gäste erwartet

Das seit 1945 bestehende Europäische Forum Alpbach geht heuer Corona-bedingt neue Wege und findet vorwiegend online statt. Viele hochrangige Gäste wie etwa UNO-Generalsekretär Antonio Guterres wollen per Zuschaltung an dem auf zwölf Tage verkürzten Forum teilnehmen. Unter den internationalen Gästen, die vorhaben, nach Alpbach zu reisen, finden sich unter anderen die spanische Außenministerin Arancha Gonzalez Laya, ihr luxemburgischer Amtskollege Jean Asselborn, die ungarische Justizministerin Judit Varga sowie Valdis Dombrovskis, der Vizepräsident der EU-Kommission. Aus der Ferne teilnehmen werden neben Guterres der argentinische Wirtschaftsminister Martin Guzman, Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und der US-Politikwissenschafter Joseph Nye, aber auch die estnische Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid, der frühere UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, die ehemalige EU-Kommissarin Margot Wallström und der Sozialunternehmer und Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus.

Bundesregierung beim Forum Alpbach

Die österreichische Bundesregierung wird auch heuer wieder breit vertreten sein - mit Bundeskanzler Sebastian Kurz, den Ministerinnen Karoline Edtstadler, Elisabeth Köstinger, Margarete Schramböck (alle ÖVP), Leonore Gewessler und Alma Zadic (beide Grüne) sowie den Ministern Alexander Schallenberg und Heinz Fassmann (beide ÖVP), wobei manche von ihnen online zugeschaltet sein werden.

Präsident Fischler hatte im Vorfeld von gewissermaßen einer "Neuerfindung" des Forums gesprochen. Es werde "eine große Zahl an hybriden Veranstaltungen" mit teilweiser Präsenz in Alpbach und Zuschaltung von Referenten geben, die von Alpbach aus gesendet würden, aber etwa auch rein digitale Veranstaltungen, die nicht alle von Alpbach ausgingen, sondern in Zusammenarbeit mit Alumni-Vereinen an anderen Orten wie Brüssel, London oder "die am weitesten entfernte" in Indien stattfänden.

Ab Montag ist der Fokus an den ersten Tagen der Konferenz vor allem auf Gesundheitsthemen gerichtet, die naturgemäß auch ganz im Zeichen der Coronakrise stehen. Am Dienstagnachmittag wird Guterres per Live-Zuschaltung über die Zukunft des Multilateralismus und der Vereinten Nationen sprechen.

(APA/red)