Fotografen reissen sich um Ibiza-U-Ausschuss

Ein gutes Jahr nach dem öffentlichen Bekanntwerden des berühmt-berüchtigten Ibiza-Videos, das die ÖVP-FPÖ-Regierung sprengte, ist der einhergehende parlamentarische Untersuchungsausschuss am Donnerstag losgegangen. Der Andrang war sehr groß, mit Kameraleuten und technischem Personal waren 75 zum Teil internationale Medienvertreter an Ort und Stelle. Sie wollten den ersten Zeugen lauschen.

EX-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus im Jahr 2015

EX-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus im Jahr 2015 | © APA/ Fohringer

Am Vormittag ist der Journalist Florian Klenk, der das ganze Ibizia-Video gesehen hat, das dem U-Ausschuss noch nicht zur Verfügung steht, geladen. Seine Befragung verzögerte sich jedoch etwas. Am Nachmittag werden die beiden Ibiza-Hauptprotagonisten Ex-FPÖ-Chef und -Vizekanzler HC Strache sowie Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus erwartet. Der U-Ausschuss läuft "medienöffentlich" ab, das heißt, nur Medienvertreter dürfen dem Ibiza-U-Ausschuss beiwohnen.

Neos und SPÖ kündigten vor Beginn des Ausschusses an, am Freitag Innenminister Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) laden zu wollen. Dabei werde es etwa um die Aktenlieferung und die Lieferung des sichergestellten Videos gehen und darum, dass ihrer Ansicht nach offensichtlich Beweismittel zurückgehalten werden.

Zeugen bleiben Ibiza-U-Ausschuss fern

Für diesen Tag waren ursprünglich Milliardärin Heidi Goess-Horten, Waffenproduzent Gaston Glock und Novomatic-Eigentümer Johann Graf geladen. Alle drei haben aus gesundheitlichen Gründen - und weil sie zur Covid-19-Risikogruppe gehören - abgesagt.

Ibiza Tape unter Verschluss gehalten

Es sei "unfassbar", dass die "Soko Tape" sechs Wochen auf dem Video sitze und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft daraus aus den Medien erfahren müsse, so NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Dazu müssten am Freitag Nehammer und Zadic dem Ibiza-U-Ausschuss Rede und Antwort stehen.

KorruptionibizaAuch ihr Pendant auf SPÖ-Seite, Jan Krainer, ortete eine Behinderung der Aufklärungsarbeit. Es dürfe nicht sein, dass das Innenministerium auf Akten sitze und diese geheim halte. Neben dem Video gehe es dabei um eine "Reihe von anderen Akten und Unterlagen". Daher werde man die Befragung von Nehammer und Zadic gleich zu Beginn der Sitzung beantragen.

Raumverengung mit System

Sowohl von Krainer als auch von Krisper gab es eine Schelte für die beengten Verhältnisse rund um das Ausschusslokal in der Hofburg. Krisper sprach sogar von einem "Kleinwalsertal II", obwohl die Neos in der Präsidialkonferenz des Nationalrats keinen Einwand gegen das Lokal 7 anmeldeten. Die Kritik dürfte auch dem massiven medialen Andrang am ersten Ausschusstag geschuldet sein.

Unterstützung erhielten Krainer und Krisper von den Freiheitlichen. Deren Fraktionsführer Christian Hafenecker will ebenfalls Nehammer und Zadic am Freitag hören. Denn die FPÖ will, wie Hafenecker in seinem Eröffnungsstatement erklärte, den Fokus auf die Ermittlungsarbeit der Behörden legen. Und darauf, ob es eine Zwei-Klassen-Justiz gebe. Hafenecker warf der Volkspartei vor, mit staatlichen Strukturen Politik zu machen und ortete eine "schwarze Krake", die Einfluss auf die Behörden ausübe. Etwa sei irritierend, dass in den gesamten Akten keine SMS oder Kurznachricht von Kurz auftauche ("Offenbar existiert ein ÖVP-Filter"). Dabei habe er, Hafenecker, mehrmals beobachtet, dass der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit Kurz über einen Messenger-Dienst konferierte.

Opposition beklagt Korruption

Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen, aktuellerRegierungspartner der ÖVP, will in die durch das Video bekannt gewordenen "dunklen Flecken" wie Korruption, Postenschacher und Gesetzeskauf Licht bringen. Bemerkenswert ist, dass Tomaselli einen "roten Faden" in der bisherigen Recherche ausmacht, wonach Postenschacher und Gesetzeskauf unter Türkis-Blau "eher normal war". Die Grünen hätten Aufklärung und Kontrolle in ihrer DNA, "egal ob wir in Opposition oder auf der Regierungsbank sitzen".

Der ÖVP-Fraktionschef im Ibiza-U-Ausschuss, Wolfgang Gerstl, war bestrebt, das Interesse auf den damaligen Koalitionspartner FPÖ zu lenken. Diese habe "zwei Gesichter". In dem Video habe man zwei Personen erlebt, die man sich so nicht vorstellen konnte. All die Dinge, über die gesprochen wurde, müssten "lückenlos" aufgeklärt werden. Und zwar, "inwiefern diesen Worten Taten folgten". Dies sei der "größte Vertrauensbruch der Zweiten Republik" gewesen, so Gerstl.

(APA/red)