Die Corona-Hilfen der türkis-grünen Bundesregierung und der Ibiza-U-Ausschuss sind am Donnerstag die dominierenden Themen in der "Fragestunde" des Nationalrats gewesen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verteidigte erneut das bisherige Handeln der Regierung und lobte die Hilfsmaßnahmen. Insgesamt seien 50 Mrd. bewegt worden, hob Kurz hervor.
Auch die AUA-Hilfe inklusive zehnjähriger Standortgarantie für das Drehkreuz Wien betonte der ÖVP-Chef. Auf die Feststellung von SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried, die Bundesregierung habe sich in den Verhandlungen mit der Lufthansa "quasi über den Tisch ziehen lassen", weil es am Ende keine Beteiligung Österreichs gegeben habe, meinte Kurz, dass man mehr erreicht habe, als man zu Beginn für möglich erachtete. Nämlich, dass das Drehkreuz Wien die kommenden zehn Jahre nicht nur abgesichert, sondern dass sichergestellt sei, dass sich dieses "in den nächsten Jahren proportional entwickelt".
Dass von den Mitteln der Corona-Hilfen bei Einpersonenunternehmen und Klein- und Mittelbetrieben "relativ wenig bis gar nichts ankommt", wie die NEOS meinen, kann Kurz nur bedingt nachvollziehen. In etlichen Bereichen wie etwa bei den Steuerstundungen und beim Fixkostenzuschuss sei vieles "sehr schnell" gegangen. Bei anderen Hilfen sei es notwendig gewesen, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, auch habe es eine gewisse Form der Kontrolle gebraucht. Zudem seien die Strukturen wie etwa jene des AMS bei der Kurzarbeit nicht auf das große Aufkommen ausgerichtet gewesen. Es habe "einige Zeit gebraucht, um die Strukturen zu adaptieren", so Kurz.
Den Vorwurf von SPÖ-Abgeordnetem Christoph Matznetter, dass die Regierung ein "Bürokratiemonster geschaffen" habe, wies Kurz zurück. In Sachen Privatvermieter von Ferienwohnungen, die laut FPÖ-Abgeordnetem Gerald Hauser derzeit nicht anspruchsberechtigt seien, will sich der Bundeskanzler um eine Lösung bemühen. Weil aber der Begriff der Vermietung ein sehr weiter sei, sei dies eine "gar nicht so einfache Abgrenzungsfrage".
Ob er sich die Erlassung von Corona-Strafen vorstellen kann, die ohne gesetzliche Grundlage verhängt wurden, beantwortete Kurz nicht direkt, meinte aber: "Ich halte es für richtig, dass in einem Rechtsstaat auch das Handeln der Behörden überprüft wird." Die Bundesregierung selbst wiederum habe stets versucht, in "einfachen Worten" zu erklären, was in Gesetzestexten steht, so Kurz.
Die beiden Fraktionsführer von SPÖ und FPÖ im Ibiza-U-Ausschuss, Jan Krainer und Christian Hafenecker, thematisierten selbigen in der Fragestunde. Kurz meinte aber zum einen, dass er die Arbeit des U-Ausschusses nicht bewerten wolle, zum anderen verwies er wiederholt darauf, dass er diesem kommende Woche Rede und Antwort stehen werde. In Sachen Transparenz verwies er darauf, dass die Koalition "zahlreiche Maßnahmen" wie das Amtsgeheimnis oder Recht auf Informationsfreiheit vereinbart habe. "Wir stimmen überein dies rechtzeitig, rasch und zügig auf den Weg zu bringen."
Warum seine Chatverläufe mit dem ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nicht in den Akten des U-Ausschusses auftauchen, wollte Kurz nicht bewerten. Für die Beschlagnahmungen sei die Justiz zuständig, so Kurz: "Das ist nicht meine Entscheidung als Bundeskanzler." Das Bundeskanzleramt habe jedenfalls dem U-Ausschuss alle relevanten Akten geliefert.
Ob ÖBAG-Chef Thomas Schmid ob der Ermittlungen gegen ihn wegen mutmaßlichen Drogenkonsums noch als Chef der Staatsholding tragbar sei, beantwortete Kurz so: "Das ist eine Beurteilung, die dem Aufsichtsrat obliegt." Zudem bewerte er keine laufenden Verfahren.
Die NEOS thematisierten die Wirtschaftshilfen als "dringlich". Mit einem entsprechenden Antrag wird von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) eine zentrale Koordinationsstelle für wirtschaftliche Hilfen und konjunkturbelebende Maßnahmen gefordert. Behandelt wird der "Dringliche Antrag" ab 15.00 Uhr.
Alle drei Oppositionsparteien forderten unterdessen eine Aufhebung aller Corona-Strafen. SPÖ und Neos bringen im Nationalrat am Donnerstag entsprechende Anträge ein. Sie verlangen eine Generalamnestie für Strafen, die aufgrund der Corona-Beschränkungen verhängt wurden und oft rechtlich nicht gedeckt waren. Die Regierung lehnt dieses Ansinnen derzeit noch ab.
Das Gesundheitsministerium, das die entsprechenden Corona-Verordnungen erlassen hat, plant keine pauschale Aufhebung aller verhängten Strafen, hieß es auf APA-Anfrage. Darüber hinaus gebe es gerichtliche Verfahren, denen man nicht vorgreifen wolle. Zurückhaltend äußerte sich am Rande einer Pressekonferenz auch die - inhaltlich nicht zuständige - Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Sie meinte lediglich, man werde das Thema einer möglichen Amnestie "koalitionsintern diskutieren" und verwies auf die Zuständigkeit von Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) für Verwaltungsverfahren.
Wie viele Menschen in Österreich wegen Verstößen gegen die Corona-Maßnahmen gestraft wurden und wie hoch die Summe der verhängten Strafen war, ist nicht bekannt. Eine - allerdings lückenhafte - parlamentarische Anfragebeantwortung ergab, dass seit Mitte Mai 21.000 Anzeigen erstattet und 10.000 Verwaltungsstrafen verhängt wurden.
(APA/red)
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