Das Gesetzespaket gegen "Hass im Netz" sei zwar so gut wie fertig, aber an Details wird weiterhin gefeilt. In Begutachtung geht der Entwurf von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) deshalb erst nächste oder übernächste Woche. Die abermalige Verschiebung wurde bei einem Treffen mit der "Allianz gewaltfrei leben" bekannt gegeben. Es fehlten nur noch Kleinigkeiten, sagte Zadic. "Wir sind wirklich in der absoluten Finalisierung", beteuerte die Justizministerin Donnerstagnachmittag vor den Vertreterinnen mehrerer Gewaltschutzorganisationen, die ihre dringendsten Anliegen vorbrachten,
Das Gesetz dafür sorgen, dass Cybermobbing nicht erst bei "fortgesetzter Belästigung" strafrechtlich verfolgt werden kann. Auch Verhetzung wird im Strafgesetzbuch neu definiert.
Die FPÖ nutzt die Wartezeit auf die von der Regierung verhandelten Pläne gegen Hass im Netz, um vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit zu warnen. Plattformen wie Facebook wären dadurch gezwungen, Zensur auszuüben, befürchteten die Abgeordneten Susanne Fürst und Harald Stefan am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Stattdessen verlangten sie die Ausweitung des Verhetzungsparagrafen.
Dass es sich derzeit bei vielen Hasspostings im Internet um sogenannte Privatanklagedelikte handelt (etwa üble Nachrede, Beleidigung oder Verhetzung), bei denen die Geschädigten selbst aktiv werden müssen und ein großes Kostenrisiko tragen, soll ebenfalls angegangen werden. Auf zivilrechtlichem Weg soll - ähnlich dem strafrechtlichen Mandatsverfahren - rasch und günstig dafür gesorgt werden, dass beleidigende Nachrichten gelöscht werden müssen. Fix ist auch, dass das sogenannte "Upskirting" verboten wird. Für unbefugtes Fotografieren des Intimbereich soll künftig bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe drohen.
Angesichts der Präsenz des Themas "Hass im Netz" könne man meinen, es handle sich dabei um das größte Problem für die Gesellschaft, befand Susanne Fürst (FPÖ). Dabei gebe es schon jetzt viele strafrechtliche Regelungen etwa gegen Beleidigung, aber auch zivil- und medienrechtliche Bestimmungen. "Unserer Ansicht nach steckt etwas anderes dahinter", so die FPÖ-Verfassungssprecherin: Ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit sowie staatliche Zensur sollten ermöglicht werden.
Ein zwischen Grünen und ÖVP lange diskutierter Punkt betrifft die sogenannte Plattformverantwortlichkeit. Online-Foren von heimischen Zeitungen werden hier nicht hineingenommen, nur große Player wie Facebook oder Twitter sollen zur Entfernung rechtswidriger Inhalte gedrängt werden. Bei österreichischen Medien werde ohnehin schon zuverlässig gelöscht, argumentierten die Grünen. Hätte man sie miterfasst, hätte das einen "existenzbedrohenden Mehraufwand" bedeutet.
Die betroffenen Plattformen würden zudem ermächtigt, eine gerichtliche Funktion auszuüben, kritisieren die Freiheitlichen das geplante "Hass im Netz"-Gesetz. Löschungen könnten sich weniger gegen Hassbotschaften im Netz, sondern vielmehr gegen ein "gewisses Meinungsspektrum" richten, befürchtet Fürst. Zudem sei der Begriff "Hass" unbestimmt - ebenso wie "Falschnachrichten". Fürst: "Man will sich hier etwas von der Deutungshoheit zurückholen, die man in den sozialen Medien verloren hat."
Abseits dieses Gesetzesvorhabens präsentierten die Vertreterinnen der "Plattform gewaltfrei leben" Ministerin Zadic eine Vielzahl an Wünschen. Die Bandbreite reichte vom Wunsch, bei getrennten Gewaltbeziehungen keine gemeinsame Obsorge für die Kinder vorzuschreiben, über die Idee, einstweilige Verfügungen gegen gewalttätige Partner auch nach Ende der Covid-Regeln weiterhin per E-Mail beantragen zu können, bis zum Anliegen, für weniger Verfahrenseinstellungen durch die Staatsanwaltschaft zu sorgen, wenn etwa bei Vergewaltigungsvorwürfen Aussage gegen Aussage steht.
Gefordert wurde zudem eine verpflichtende Ausbildung zum Thema Gewalt gegen Frauen für Justizmitarbeiter, die Rücknahme der unter Türkis-Blau beschlossenen Anzeigenpflicht sowie mehr sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen, die seit kurzem nur noch auf Initiative der Polizei stattfinden dürfen - und damit fast gar nicht mehr einberufen würden, wie die Gewaltschutz-Lobbyistinnen kritisierten.
Justizministerin Alma Zadic notierte sich all diese Anliegen in der einstündigen Veranstaltung und versprach eine Auseinandersetzung mit den Anliegen sowie weitere Treffen, und zwar auch in kleineren Runden. Angehen will sie auch eine Prozessbegleitung für Kinder, die Zeugen von Gewalt wurden und - als langfristiges Thema - den ganzen Komplex Obsorge/Unterhalt/Familien- und Eherecht, erklärte die Ministerin.
(APA/red)
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