Am 18. Januar versammelten sich im Wiener Stephansdom mehr als 4.000 Gläubige, darunter prominente Persönlichkeiten aus Kirche, Politik und Gesellschaft, um den Abschied von Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn zu feiern. Der Dankgottesdienst markierte den Abschluss von nahezu 30 Jahren seines Wirkens als Erzbischof von Wien – ein Ereignis, das nicht nur eine Ära beendet, sondern auch eine Zeit des Nachdenkens und der Würdigung einläutet.
Die Zeremonie begann mit einem ökumenischen Taufgedächtnis am gläsernen Taufbecken in der Mitte des Doms. Vertreter von 16 christlichen Kirchen erneuerten gemeinsam ihr Taufversprechen und unterstrichen damit Schönborns Bemühen um ökumenische Einheit. Besonders eindrucksvoll war die Übergabe des „lebenden Evangeliars“, eines Buches, das im Laufe der Jahre mit den Unterschriften und Botschaften Tausender Gläubiger gefüllt wurde. Es symbolisiert Schönborns Leitgedanken: Jüngerschaft und Mission.
Musikalisch wurde die Messe von über 100 Sängerinnen und Sängern sowie ehemaligen und aktuellen Domorganisten begleitet – eine musikalische Hommage an Schönborns Amtszeit. Die Gemeinschaft und Vielfalt spiegelten sich auch in der Gabenprozession wider, bei der Vertreter anderssprachiger Gemeinden und der Gemeinschaft vom Lamm, in deren Kloster Schönborn seinen Ruhestand verbringen wird, Brot und Wein darbrachten.
In seiner Predigt sprach Kardinal Schönborn offen über seine eigene Geschichte als Flüchtling und appellierte an die Menschlichkeit im Umgang mit Geflüchteten. „Ein Herz für Flüchtlinge zu haben, gehört zur Menschlichkeit. Es kann auch unser Schicksal werden,“ sagte er und erinnerte daran, dass er 1945 selbst als Flüchtling nach Österreich kam. Sein Wunsch nach gegenseitigem Wohlwollen und Zuversicht trotz eines „religiösen Analphabetismus“ in der Gesellschaft fand großen Anklang.
Am Ende des Gottesdienstes erhielt Schönborn den Segen der versammelten Gemeinde, bevor er seiner Diözese ein letztes Mal als Erzbischof den feierlichen Segen erteilte. Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte Schönborn in seiner Ansprache als „Pontifex Austriacus“, einen Brückenbauer, der stets für die Schwachen und Benachteiligten eingetreten sei. Seine Worte, verbunden mit einem „Happy Birthday“ anlässlich seines eigenen Geburtstags, wurden von der Gemeinde mit Applaus aufgenommen.
Mit der Einrichtung der Ombudsstelle für Missbrauchsopfer und der Einführung zahlreicher pastoraler Initiativen hat Schönborn innerkirchlich Pionierarbeit geleistet. Seine Botschaft von Hoffnung und menschlicher Verbundenheit bleibt ein Vermächtnis, das weit über seine Amtszeit hinausstrahlt.
Schönborns Abschied ist nicht das Ende: Der Kardinal wird zwischen dem Kloster der Schwestern vom Lamm in Wien und seiner Wohnung in Retz pendeln, wo er weiterhin in Gebet und Gedanken mit der Diözese verbunden bleiben will.
(PA/red)
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