Nach dem tätlichen Angriff auf den Präsidenten der jüdischen Gemeinde Graz, Elie Rosen, sowie Sachbeschädigungen an der Grazer Synagoge konnte noch am Sonntagabend der mutmaßliche Täter festgenommen werden. Am Montag erklärte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der 31-jährige syrische Flüchtling sei vollinhaltlich geständig, er habe aus "islamistischen Motiven" gehandelt.
Dem Verdächtigen werden von den Ermittlern zumindest sieben Delikte in der vergangenen Woche in Graz vorgeworfen. Die Palette reicht von Sachbeschädigungen mit Steinen und Holzlatten bis hin zu einem tätlichen Angriff auf Rosen. Der Tatverdächtige hatte Rosen am Samstagabend vor dem jüdischen Gemeindehaus mit einem Holzprügel attackiert, der Gemeinde-Präsident rettete sich vor dem Angreifer in sein Auto und blieb unverletzt. Der Täter dürfte den Ermittlern zufolge nicht nur antisemitisch, sondern auch homophob sein, denn er soll auch für die zerstörten Schaufenster des schwul-lesbischen Vereins Rosalila PantherInnen verantwortlich sein. Zudem warf er offenbar auch Steine auf ein Etablissement aus dem Rotlichtmilieu.
Gefasst wurde der Mann am Sonntagabend gegen 20.25 Uhr von einer Fahrradstreife des Stadtpolizeikommandos Graz, die ihn aufgrund der Täter-Beschreibung erkannte. Der in Graz wohnhafter Syrer habe sich bei der Vernehmung durch Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung "umfassend geständig" gezeigt - und gab noch weitere Sachbeschädigungen in Graz zu. Er zeigte laut Polizei jedoch "keine Ansätze von Reue" und begründete seine Taten mit einem Hass auf Israel, die Juden, Schwule und Lesben sowie Prostituierte.
Bei der Festnahme des Verdächtigen und bei einer Nachschau in dessen Wohnung wurden auch Beweismittel gesichert, die auf ein islamistisches Motiv schließen lassen, wie am Montag Innenminister Nehammer bestätigte. Dabei wurden auch die Tatwaffen - ein zu einem Schlagstock zweckentfremdetes Sesselbein sowie Steine im Rucksack des Mannes - gefunden, so der Ressortchef. Nach Abschluss der Einvernahmen wurde der 31-Jährige in die Justizanstalt Graz-Jakomini eingeliefert. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete bereits am Montag ein Aberkennungsverfahren des Asylstatus des Mannes ein, hieß es aus dem Innenministerium gegenüber der APA.
Die Politik zeigte sich am Montag bei einem gemeinsamen Pressetermin im Innenministerium, an dem auch Rosen und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinschaft Wien, Oskar Deutsch, teilnahmen, entsetzt. Nehammer sprach von "erschütternden" und "absolut inakzeptablen" Vorfällen. Es seien die Grund- und Freiheitsrechte der Republik Österreich sowie auch die Religionsfreiheit angegriffen worden.
Es sei ein gemeinsames gesellschaftliches Anliegen, "dass jüdisches Leben sicher und vor allem auch freudvoll gelebt werden kann. Wir werden als Bundesregierung alles tun, um das zu gewährleisten", betonte Nehammer. Als Konsequenz ordnete der Minister laut seinem Büro an, dass alle Synagogen ab sofort rund um die Uhr bewacht werden - von uniformierten Beamten wie auch von Personal in Zivil.
Sowohl IKG-Präsident Deutsch wie auch Rosen selbst bedankten sich bei den Sicherheitsbehörden für deren Einsatz. Rosen wollte auf Nachfrage den Behörden "keinerlei Vorwürfe" machen, dass er nach den Sachbeschädigungen an der Grazer Synagoge nicht sofort Polizeischutz erhalten hatte. "Nein, das hätte ich mir nicht gewünscht", es sei nicht absehbar gewesen, dass es zu einem derartigen Angriff auf ihn persönlich kommen könnte, sagte er.
"Die Angriffe in Graz sind nicht nur ein Angriff auf die jüdische Gemeinde selbst, sondern auf die Grundwerte unserer Gesellschaft", sah auch Rosen einen größeren Zusammenhang. Der Angriff zeige auch auf, "wie wichtig der Kampf gegen antisemitische Verschwörungstheorien ist, wir müssen noch mehr aufklären", ergänzte Deutsch. Und: "Wir lassen uns nicht einschüchtern, nie wieder." Die Tatsache, dass der gefasste Verdächtige ein syrischer Staatsbürger ist, zeige, dass muslimischer Antisemitismus "eine ernst zu nehmende Bedrohung ist", sagte Deutsch. Das bedeute aber nicht, dass man sich auf die Bekämpfung dieser einen Form des Antisemitismus beschränken dürfe.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sagte, in den letzten Jahren sei eine steigende Zahl an antisemitischen und antizionistischen Vorfällen verzeichnet worden. "Der Kampf gegen Antisemitismus ist aktueller denn je." Auch Kultus- und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) zeigte sich "zutiefst erschüttert", die Angriffe würden einen "Angriff gegen die gesamte Wertegesellschaft" darstellen.
(APA/red)
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