Klaudia Tanner klärt Widerstände im Nationalrat

"Ja, über die Kommunikation der letzten Woche kann man diskutieren". Mit diesen Worten wandte sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner bei der Sondersitzung im Nationalrat zur Reform des Heeres an die Abgeordneten. Die launige Einleitung der resoluten ÖVP-Politikerin zu ihrer Rede hat die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt, und in genau jenen Sitzreihen die größten Sympathiegebärden hervorgerufen, die es zu bezirzen galt: die SPÖ-Fraktion.

SPÖ Parteichefin Pamela Rendi-Wagner applaudiert Klaudia Tanner bei der 40. Sitzung des Nationalrates

SPÖ Parteichefin Pamela Rendi-Wagner applaudiert Klaudia Tanner für ihre einleitenden Worte bei der 40. Sitzung des Nationalrates. Bei so viel Sympathie wird Oppositionsarbeit zur Lachnummer

Obwohl die SPÖ mit Kritik an den Heeresplänen der Ministerin in ihren Reden im Nationalrat nicht sparte, ist man in Kärnten andererseits sehr glücklich darüber. Und schließlich möchten alle Oppositionsparteien mit der ÖVP mitregieren und die Grünen ablösen. Den Regierungskurs haben sie eingangs der Krise bedingungslos abgenickt und seither mitgetragen. Man gewöhnt sich daran.

Veränderungen verursachen immer auch Widerstände

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat sich am Dienstag in einer eigentlich wegen weiterer Corona-Maßnahmen einberufenen Sondersitzung im Nationalrat zur Reform des Heeres erklärt. Dabei hörten die Abgeordneten wenig Überraschendes. Etwa bekannte sich Tanner einmal mehr zur Landesverteidigung als "ureigenste Aufgabe". Gleichzeitig müsse dieses aber für Bedrohungen fit gemacht werden.

Zu Beginn räumte Tanner im Hinblick auf die nach einem Hintergrundgespräch, bei dem es um das Zusammenstreichen der militärischen Landesverteidigung auf ein Minimum ging, entstandene Kritik ein, dass man über die Kommunikation der vergangenen Woche "diskutieren" könne. Gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass "jede Veränderung zu Widerstand" führe.

Wiederholt erklärte die Verteidigungsministerin, dass die Landesverteidigung "das Grundverständnis" des österreichischen Bundesheeres bleibe, so Tanner: "Dies steht außer Frage." Es gehe ihr aber darum, die Landesverteidigung "weiter zu denken". Österreich müsse vor neuen Bedrohungen geschützt werden, die da wären: Cyberangriffe, Migrationskrise, Naturkatastrophen wie Hochwasser, aber auch Pandemien wie die Coronakrise, bei der das Heer "so gefordert war wie lange nicht". Dahin gehend müssten die Fähigkeiten ausgebaut werden. "Das werden wir tun, und das tun wir auch jetzt schon".

Bundesministerin für Landesverteidigung Klaudia Tanner bei ihrer Rede im Nationalrat

Bundesministerin für Landesverteidigung Klaudia Tanner bei ihrer Rede im Nationalrat | © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Auch zur Miliz gab es ein Bekenntnis. So wie im Regierungsprogramm "klar festgehalten", soll diese gestärkt werden. Schließlich habe man in der Coronakrise gesehen, wie wichtig sie ist. Konkret soll es drei Maßnahmen für die Miliz geben: Reglemäßige Übungen, ordentliche Ausstattung (erste Anschaffungen in diesem Bereich laufen laut Tanner "bereits") sowie die Überarbeitung der Entlohnung, die wiederholt öffentlich diskutiert wurde.

Was die Struktur des Heeres anbelangt, werde sie "sicher nicht bei der Truppe sparen, sondern investieren". Außer Frage stehe aber, dass es Optimierungen im Verwaltungsappart brauche. Entscheidungen müssten vermehrt dort getroffen werden, wo sie zum Tragen kommen. Überhaupt sollen die regionale Kommandanten zu Ansprechpartnern für die Länder und Regionen werden.

Abermals bekräftigte Tanner, dass alle Garnisonen erhalten bleiben sollen. Es werde kein Standort infrage gestellt. Aber wie am Beispiel Villach, wo ein großes Zentrum statt dreier Standorte entstehen soll, zu sehen sei, dass es Optimierungen brauche. In Villach werde es dadurch zu einer Stärkung des Standortes kommen, findet Tanner.

Ein Bekenntnis Tanners kam auch zur Luftraumüberwachung - und zwar zur "aktiven und passiven". Bei den anstehenden "große Entscheidungen" in diesem Bereich sollen auch die Fraktionen eingebunden werden, kündigte Tanner an. Auch das Heeresgeschichtlichen Museum (HGM) soll im Verteidigungsministerium bleiben und den Schritt in die Zukunft machen.

Man stehe am Beginn eines Umsetzungsprozesses. "Auch wenn der eine oder andere vielleicht meint, ich habe den undankbarsten Job der Republik, dann sage ich: Nein. Ich habe eine der schönsten und verantwortungsvollsten Aufgaben der Republik", so Tanner.

FPÖ Klubobmann Kickl sieht Heer schwinden

Die FPÖ reagierte wie erwartet mit geharnischter Kritik. Sie sei als Ministerin nicht geeignet und lasse sich dafür einspannen, das Bundesheer zu einem technischen Hilfswerk zu degradieren, so der Tenor. Besonders FPÖ-Klubchef Herbert Kickl redete sich in Rage. Er bezeichnete Tanners Umbaupläne als "irrwitzig", wertete sie als "Blindgänger" und sprach von einem "Großattentat" auf das Heer.

Klubobmann Herbert Kickl (F) am Rednerpult bei der 40. Sitzung des Nationalrates

Klubobmann Herbert Kickl (F) am Rednerpult im Nationalrat | © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Zwei Kasernen in Villach vor Schließung

Drei Tage zuvor präzisierte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner die Pläne für Kasernenschließungen in Kärnten. Demnach soll es in Villach künftig nur mehr eine anstatt wie bisher drei Kasernen geben: Die Rohr- und die Lutschounig-Kaserne sollen geschlossen, die Hensel-Kaserne dagegen ausgebaut werden. Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, sei die Entscheidung nach einem Gespräch mit dem Landeshauptmann von Kärnten, Peter Kaiser getroffen worden. Kaiser zeigte sich in einer Reaktion erfreut über die Pläne für einen Kasernenneubau in Villach, für den er sich lange ausgesprochen habe.

Milde SPÖ-Kritik im Nationalrat

SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer kritisierte das Umbauvorhaben ebenso und sah türkise Spindoktoren am Werk. Tanner habe den Bundespräsidenten als Oberbefehlshaber desavouiert, das Parlament nicht informiert, den gesamten Generalstab ausgeblendet und das gesamte Bundesheer verunsichert.

Opposition übt Plakatsprüche

Fassungslos zeigte sich auch Douglas Hoyos-Trauttmansdorff von den Neos. Natürlich brauche es Reformen, aber es fehle eine vorausschauende Risikoanalyse. Auch er kritisierte das Rütteln am Landesverteidigungsauftrag: "Ich kann Ihnen eines sagen, Frau Ministerin, die Verfassung steht über dem Regierungsprogramm." Die ÖVP sei inzwischen eine "Unsicherheitspartei mit einer Unsicherheitsministerin".

Pamela Rendi-Wagner am Wort

SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner warnt vor den Auswirkungen der von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) präsentierten Vorschläge zur Heeres-Umstrukturierung auf Österreichs Engagement bei UNO- und EU-Friedensmissionen. Es sei fraglich, ob Österreichs Beteiligung an UNO-Friedenseinsätzen aufrechterhalten werden könne, sagte Rendi-Wagner Dienstagabend.

"Außenpolitik und Sicherheitspolitik hängen eng zusammen und sollten aufeinander abgestimmt sein." Die Frage sei daher, ob Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in diese Pläne eingebunden gewesen sei, hinterfragte sagte die außenpolitische Sprecherin der SPÖ und Ausschussobfrau im außenpolitischen Ausschuss am Dienstag.

Für Österreich als Sitzstaat der Vereinten Nationen sei es besonders relevant, welche Auswirkungen dies auf Österreichs UNO-Mission hat. "Bisher war die Entsendung von mindestens 1.100 Soldaten als Dauerleistung für Auslandseinsätze vorgesehen - ist dies unter den von Tanner formulierten Bedingungen überhaupt noch möglich", fragte die SPÖ-Klubobfrau. Auch die Auswirkungen auf das Engagement im Rahmen der gemeinsamen EU-Außen- und Sicherheitspolitik, etwa der EU-Battle Groups, sei zu hinterfragen, so Rendi-Wagner.

(APA/red) Aktualisiert 20:38