Kurz will Foreign Terrorist Fighters für immer wegsperren

Die türkis-grüne Bundesregierung will mit ihrem geplanten Maßnahmenpaket den islamistischen Terrorismus und die dahinter stehende Ideologie mit allen Mitteln bekämpfen. Das hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat betont. Geplant ist daher auch ein strafrechtliches Verbot des politischen Islams. Die Unterbringung gefährlicher terroristischer Rückfallstäter im Maßnahmenvollzug halten ÖVP und auch Grüne menschenrechtskonform für möglich. Die Neos beharren nach dem Terroranschlag in Wien auf eine Aufklärung im Parlament.

Innenminister Nehammer plant umfassendes Anti-Terror-Paket

Polizeimarkierungen am Tatort in der Seitenstettengasse in der Wiener Innenstadt am Mittwoch, 4. November 2020 | © APA/Fohringer

Wegsperren und Bevölkerung schützen

Kurz erinnerte daran, dass es derzeit mehr als 300 sogenannte "Foreign Terrorist Fighters" aus Österreich gebe. Die Hälfte davon sei zurückgekehrt und stelle - wie sich beim Anschlag in der Vorwoche gezeigt hatte - eine massive Gefahr für die Sicherheit im Lande dar. Deshalb wolle man sie auch bei verbüßter Haftstrafe im Maßnahmenvollzug festhalten können. Man werde "wie bei geistig abnormen Rechtsbrechern die Möglichkeit schaffen, sie wegzusperren und so die Bevölkerung vor ihnen zu schützen" - und zwar "lebenslang", wie der Bundeskanzler betonte.

Umsetzen will man das auf jeden Fall menschenrechtskonform, und in Deutschland und Frankreich gebe es dafür auch schon Beispiele, erläuterte Justizministerin Alma Zadic nach dem Pressefoyer der APA. Ansetzen könnte man bei jener Bestimmung, die die Einweisung gefährlicher Rückfallstäter in den Maßnahmenvollzug vorsieht. Terroristische Straftäter seien davon bisher nicht erfasst; das könnte man ändern, so die Justizministerin, die an der Sitzung via Videoschaltung teilgenommen hatte.

Fußfessel für haftentlassene Terroristen

Kurz verteidigte im Pressefoyer auch den Plan, Haftentlassene etwa durch Fußfessel oder ein Armband elektronisch zu überwachen. Dies sei ein starker, aber notwendiger Eingriff zum Schutz der Menschen vor diesen "tickenden Zeitbomben".

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) unterstrich, dass man nicht nur auf Islamismus abziele. "Dieses Antiterrorpaket der Regierung wirkt gegen alle Arten von Terror", sagte er. "Es ist beabsichtigt, dass dieses Paket auch gegen Neonazis wirkt, und das ist gut so. Die haben nämlich mehr gemein, als man glaubt." Es gehe um die Verteidigung von Grund-, Freiheits- und Menschenrechten. Er hoffe auf einen möglichst breiten politischen Konsens.

Fehleranalyse findet statt

Es gehe aber auch um mehr Effektivität der Ermittlungsmethoden und eine schonungslose Fehleranalyse, so der Vizekanzler. Die entsprechende Untersuchungskommission werde am Donnerstag vorgestellt. "Klar ist, es wird eine Reform des BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Anm.) an Haupt und Gliedern geben." Wichtig sei auch die präzise Einhaltung von Informationspflichten an Staatsanwaltschaften und Gerichte, sagte er ebenso wie Zadic. "Es geht im besten Sinne um eine Entpolitisierung der Sicherheitsverwaltung", betonte Kogler.

Eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes durch Trennung des nachrichtendienstlichen vom staatspolizeilichen Teil versprach auch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Dafür brauche es Ressourcen und mehr Personal. "Der Kampf gegen Terrorismus kennt keine Farbe", bekräftigte er, man wolle Terroristen egal welcher Ideologie das Handwerk legen.

Es geht auch um den "politischen Islam"

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) stellte dennoch in den Vordergrund, dass es um die "hasserfüllte Ideologie" hinter dem jüngsten Anschlag gehe. Man müsse dem politischen Islam den Nährboden entziehen und aufs schärfste bekämpfen, sagte sie. Dies sei aber kein Angriff gegen die Religion oder die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft. Es werde " ein explizites strafrechtliches Verbot des politischen Islam in Österreich" geben. Wie genau dieses ausgestaltet werden soll, ließ sie offen.

Die Neos pochen nach dem Terroranschlag in Wien auf eine Aufklärung im Parlament. Es brauche "absolute und lückenlose Transparenz", forderte Neos-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos am Mittwoch. "Wir wollen ein Ende dieser Vertuschung." Bevor die Regierung neue Maßnahmen präsentiere, müsse man einmal den Anlassfall genau untersuchen, was hier schief gelaufen sei, meinte Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper. Alles andere sei eine "Ablenkung".

(APA/red)