Mike Pompeo fährt Ellbogen gegen Kanzler Kurz aus
Trotz vieler Meinungsverschiedenheiten haben US-Außenminister Mike Pompeo und Außenminister Alexander Schallenberg am Freitag bei einem Treffen in Wien die “große Freundschaft” zwischen den beiden Ländern gelobt. Dem Bundeskanzler, Sebastian Kurz, war es wichtig, den Beitrag seiner Regierung beim Vorgehen gegen das Coronavirus in den Mittelpunkt seines Referats zu rücken. Bereits zuvor war Pompeo mit Alexander Van der Bellen und Gernot Blümel und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig zusammengetroffen. US-Botschafter Trevor Traina unterhält ausgezeichnete Beziehungen zur Stadtregierung, was mit einer “Freundschafts-Bim” zum Ausdruck gebracht wurde.
Essen und gut zuhören
Pompeo und Kurz trafen zu einem gemeinsamen Arbeitsessen im Bundeskanzleramt zusammen. Was dabei genau besprochen wurde, unterliegt dem Amtsgeheimnis. Stellungnahmen aus dem Kanzleramt über das Treffen legen zumindest die Wünsche des Kanzlers und seiner Regierung offen: “Ziel ist es, dass die Handelsbeziehungen zwischen Österreich und den USA wieder zügig hochgefahren werden, da die USA Österreichs drittgrößter Handelspartner sind”, hieß es in einer Mitteilung des Kanzleramts gegenüber der APA.
Gute Beziehungen zur Supermacht USA
Die Vereinigten Staaten seien nach Deutschland und Italien Österreichs drittgrößter Handelspartner und in außen- und geopolitischen Fragen einer der entscheidendsten globalen Akteure. Bundeskanzler Sebastian Kurz betonte in einer Stellungnahme: “Für ein kleines Land wie Österreich lohnt es sich stets, gute bilaterale Beziehungen zur Supermacht USA zu pflegen. Die strategische Partnerschaft der beiden Länder soll daher noch weiter vertieft und ausgebaut werden.”
Aussenpolitik kurz angesprochen
Kurz sprach außerdem über außenpolitische Themen “wie die Unterstützung Israels oder das gemeinsame Engagement für Stabilität am Westbalkan”. Auch wurden internationale Entwicklungen wie zum Beispiel im Nahen Osten, speziell Libanon, diskutiert. Darüber hinaus konnte der Bundeskanzler die Geschehnisse und gewaltsamen Vorgänge gegen Demonstranten in den vergangenen Tagen in Weißrussland ansprechen.
Corona-Politik in eigenen Worten
Beim Kampf gegen das Coronavirus erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz nach Angaben des Bundeskanzleramts, wie es in Österreich gelungen sei, durch schnelle und effiziente Maßnahmen die Kurve abzuflachen und die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Ebenso sei die Impfstoffforschung Thema des Arbeitsessens gewesen, an dem auch Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) sowie US-Botschafter Trevor Traina teilnehmen. Kurz dankte im Anschluss “für den guten Austausch und das wertschätzende Gespräch”.
Donald Trump gegen Technologie aus China
Pompeo betonte im ZiB1-Interview des ORF, dass das Coronavirus aus Wuhan, China, gekommen sei. “Die Chinesen hatten es in der Hand, zu verhindern, dass Hunderttausende Menschen sterben.” An die Adresse Österreichs richtete Pompeo wie bereits in den vergangenen Tagen in Tschechien und Slowenien die Warnung vor zur großem Einfluss Chinas und Russland in den Bereichen Energie und Digitalisierung. Einmal mehr warnte er vor einer Beteiligung der chinesischen Firma Huawei am 5G-Ausbau als Einfallstor für chinesische Spionage oder Sabotage.
Verfahren gegen Österreichs Digitalsteuer
Tatsächlich gibt es auch einige schwierige Fragen in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Österreich. So haben die USA ein Verfahren gegen Österreichs Digitalsteuer eingeleitet. Sie halten die Maßnahme für diskriminierend gegen große US-Konzerne und drohen Österreich Strafzölle an, die ein Vielfaches der neuen Abgabe umfassen könnten. Auch beim 5G-Ausbau und dem Pipeline-Projekt Nord Stream, an dem die österreichische OMV beteiligt ist, gibt es divergierende Meinungen.
Nord Stream 2 belastet Beziehungen zu USA
Keine Übereinstimmung gebe es auch bei den Sicherheitsbedenken des Pipeline-Projekts Nord Stream 2, sagte der US-Außenminister. Washington will den Stopp des Pipelineprojekts, an dem auch die österreichische OMV beteiligt ist. Die Pipeline Nord Stream 2 soll von Russland nach Deutschland führen und noch mehr russisches Gas nach Europa befördern. Es handelt sich um ein Infrastrukturprojekt bestehend aus einem Gaspipeline System, an dem Gazprom 50 Prozent der Gesamtkosten trägt, und OMV, Shell, Engie, Wintershall und Uniper gemeinsam die Finanzierung die restlichen 50 Prozent übernehmen.
Freunde stimmen nicht immer überein
“Es gibt Themen, wo wir einfach nicht übereinstimmen”, so Pompeo, und darüber spreche man auch, aber “Freunde können das”. Seit dem Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vergangenes Jahr im Weißen Haus hätten sich die Beziehungen zwischen Österreich und den USA weiter verbessert, erklärte er.
“In jeder Freundschaft gibt es Themen, bei denen man nicht zu 100 Prozent übereinstimmt”, meinte auch Schallenberg und verwies ebenfalls auf das Pipeline-Projekt. “Wir lehnen Pläne, extraterritoriale Sanktionen gegen das Projekt zu verhängen, klar ab.” Die teilstaatliche österreichische OMV ist an der Finanzierung von Nord Stream 2, durch das russisches Gas durch die Ostsee direkt nach Westeuropa transportiert werden soll, beteiligt. Die USA wollen die Fertigstellung der Pipeline verhindern, weil die Abhängigkeit Europas von Russland als Energielieferant somit noch stärker würde.
Österreichs “Way of Life” rückt näher gen Osten
Schallenberg lobte die USA als “unverzichtbaren Partner”, mit dem Österreich den “way of life” und Werte wie Menschenrechte, Rechtstaatlichkeit und Demokratie teile. “Diese Werte werden global immer mehr herausgefordert, daher müssen wir zusammenstehen, um diese gemeinsamen Werte zu verteidigen”, so der Außenminister.
In Bezug auf das Thema Cybersicherheit betonte er, dass die hoch auf der Agenda seines Ministeriums, das Anfang des Jahres selbst Ziel eines Hackerangriffs wurde, stehe. Zugleich erklärte er, dass Österreich nicht einen Provider ausschließen wolle, sondern Sicherheitsregeln vorgebe.
Stimmung gegen den Iran, China und Russland
Der Außenminister empfing Pompeo zuvor mit Corona-konformen Ellbogen-Gruß und lud in zu einem feierlichen Mittagessen im barocken Schloss Belvedere, wo vor 65 Jahren der österreichische Staatsvertrag unterzeichnet wurde. Pompeo nützte das Treffen um einmal mehr Stimmung gegen den Iran, China und Russland zu machen. Die USA würden alles für die Verlängerung des Waffenembargos gegen den Iran tun, betonte er. Es mache “keinen Sinn, dem weltweit größten Sponsor von Terrorismus” zu erlauben, Waffensysteme zu kaufen, erklärte Pompeo im Schloss Belvedere. “Wir rufen die ganze Welt dazu auf, sich uns anzuschließen. Nach dem Wiener Atomabkommen läuft das Waffenembargo gegen den Iran im Oktober aus, die USA sind einseitig aus dem Abkommen ausgestiegen.
Höflichkeitsbesuch mit Van der Bellen
Van der Bellen äußerte bei dem Höflichkeitsbesuch in der Hofburg sein Bedauern, dass die USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen sind. Mit Blümel wurde über einen Neustart des gemeinsamen Handels nach dem Coronakrise gesprochen. An dem Treffen im ebenfalls barocken Winterpalais des Prinzen Eugen in der Himmelpfortgasse nahmen auch Vertreter österreichischer Unternehmen teil.
Am Samstag in der Früh reist der US-Außenminister nach Polen weiter, Warschau bildet den Abschluss seiner kurzen Europa-Tour.
(APA/red)