Die türkis-grüne Regierung hat am Mittwoch im Ministerrat die Regierungsvorlage zum Gesetzespaket gegen "Hass im Netz" beschlossen. In dieser wurden die Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren berücksichtigt und mehrere Nachjustierungen vorgenommen. So gelten die Bestimmungen zum Schutz der Nutzer auf Kommunikationsplattformen nur für große, auf Profit ausgerichtete Plattformen. Die für das Gesetzespaket zuständigen Ministerinnen Alma Zadic (Grüne) und Karoline Edtstadler (ÖVP) präsentierten in Pressefoyer nach dem Ministerrat den gemeinsam erarbeiteten Entwurf.
"Wir wollen hier nicht weiter zusehen. Das Problem ist ein akutes und deswegen besteht jetzt Handlungsbedarf", so Edtstadler. Es brauche aber auch eine europäische Lösung, sie sei daher im intensiven Austausch mit der EU-Kommission, wo gerade ein "Digital Services Act" vorbereitet wird. Für den aktuellen Gesetzesentwurf läuft bis 2. Dezember auch noch das Notifizierungsverfahren bei der Kommission.
"Hass und Gewalt im Netz begleiten uns schon lange. Und den Worten können rasch Taten folgen", ergänzte Zadic. "Für dieses gesamtgesellschaftliche Phänomen, braucht es umfassende Lösungen." Mit dem heute beschlossenen "umfassenden Paket" habe man zum einen die Plattformregulierung geschaffen und zum anderen das Zivil- und Strafrecht angepasst, so die Justizministerin. "Das große Ziel war es, dass Betroffene schneller und kostengünstiger zu ihrem Recht kommen, ihnen Werkzeuge in die Hand zu geben, um sich gegen Hasspostings zur Wehr setzen zu können."
Das werde mit dem neuen Eilverfahren mittels Antrag auf Unterlassung beim Bezirksgericht bewerkstelligt, erklärte Zadic. Damit könne man binnen weniger Tage eine Löschung beim Täter oder bei der Plattform beantragen. Man sei aber auch auf die Bedenken im Begutachtungsverfahren eingegangen und habe mehre Präzisierungen vorgenommen, etwa bezüglich der Datensicherheit oder der Neufassung der Persönlichkeitsrechte, die die NS-Opfer- und Täterforschung erschweren hätte könnte. Hier habe man Wissenschaft und Kunst ausgenommen.
Und die als zu hoch kritisierten Strafandrohungen für Upskirting wurden teils herabgesetzt. Beim Upskirting wird das reine Fotografieren nur mit bis zu sechs statt zwölf Monaten Freiheitsstrafe sanktioniert. Werden die Bilder auch verbreitet, bleibt es bei einem Jahr.
Wie viel Zusatzpersonal die Gerichte durch die neuen Gesetze, die mit 1. Jänner in Kraft treten sollen, brauchen werden, wisse man heute noch nicht, sagte Zadic. Es werde sich um ein automatisiertes Eilverfahren handeln, insofern sei dies schwer abschätzbar. Man werde den Mehraufwand beobachten und dann entsprechend reagieren.
Eine weitere Ausnahme gibt es für Videos auf "Video-Sharing-Plattformen" wie Youtube und auf sozialen Netzwerken wie Facebook. Diese sind - wie Enzyklopädien, Handels- und Bildungsplattformen sowie nicht gewinnorientierte Plattformen - von den neuen Regeln des Kommunikationsplattformen-Gesetzes ausgenommen. Dies deshalb, weil für Videodienste eine eigene EU-Richtlinie greift, der zufolge gegen illegale Inhalte am Sitz des jeweiligen Unternehmens vorgegangen werden muss.
Im Bundeskanzleramt hieß es dazu auf APA-Anfrage, dass Kommentare auf Youtube sehr wohl unter das Melde- und Sanktionsregime des neuen Gesetzes fallen. Bezüglich der Videos gelte aufgrund der "Audiovisuelle Mediendienste-Richtlinie" aber ein "strenges Herkunftslandprinzip". Dieses gilt nicht nur für dezidierte "Video-Sharing-Plattformen", sondern auch für Videos in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram, wenn Videos dort einen "wesentlichen Teil" des Angebots darstellen. Gegen potenziell illegale Videos muss demnach am jeweiligen Firmensitz vorgegangen werden - also z.B. in Irland.
Apropos: Neu ist im Mittwoch von der Regierung beschlossenen Gesetzesentwurf auch, dass die Medienbehörde KommAustria ein Verzeichnis der vom Kommunikationsplattformen-Gesetz erfassten Unternehmen vorlegen muss. Aus dieser jährlich zu aktualisierenden Liste sollte also hervorgehen, wer sich jedenfalls an die neuen Regeln halten muss.
(APA/red)
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