Chronik

Opposition erkennt "Geistes Kind" der ÖVP im U-Ausschuss

© APA/Neubauer

Fraktionschefin Stephanie Krisper hat sich in ihrer Zwischenbilanz des Ibiza-Ausschusses auf die ÖVP eingeschossen. Die FPÖ habe den türkis-blauen "Tango Korrupti" nicht allein getanzt, sagte Krisper am Freitag: "Die ÖVP steckt mitten drin - und das sehr tief", so die Neos-Politikerin. Auch aus der SPÖ kommend wurde Kritik an der Volkspartei geübt. Man ortet ein "ÖVP-Leak". Die ÖVP ärgert sich über die Kritik der Oppositionsparteien im Ibiza-U-Ausschuss.

Volkspartei diskreditiert parlamentarische Kontrolle

Für Krisper spricht die "ständige Diskreditierung" des Untersuchungsausschusses durch die ÖVP für die Nervosität der Kanzlerpartei. "Das zeigt vor allem eines: dass wir bei der Aufklärungsarbeit sehr erfolgreich sind." Scharfe Kritik übte sie daran, dass aus dem ÖVP-Klub Unterlagen hinausgespielt wurden, um die Korruptionsstaatsanwaltschaft zu "beschädigen": "Es gehört eine ordentliche Portion Perfidie dazu, wenn man der WKStA ständig Leaks vorwirft, aber selbst leakt."

Der als Zeuge freiwillig erschienene "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk im Rahmen des Ibiza-U-Ausschusses kennt die Methoden der Volkspartei | © APA/Fohringer

ÖVP-Leak durch Wasserzeichen bewiesen

Gregor Adamovic von der WKStA hatte am Donnerstag im Ausschuss berichtet, dass mit dem Kopierschutz der ÖVP versehene Unterlagen an Medien verteilt worden waren, um Stimmung gegen seine Behörde zu machen. Erstellt wurden die Unterlagen bereits im Februar - also vor Beginn der Befragungen im Ausschuss. Für Stephanie Krisper ist daher offensichtlich, dass die Unterlage von der Volkspartei hinausgespielt wurde und nicht etwa - wie sich ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl zuletzt gerechtfertigt hatte - von Anderen im Ibiza-U-Ausschuss abfotografiert.

Leichtfried und Niedertracht

In die gleiche Kerbe schlägt die SPÖ. Für Vizeklubchef Jörg Leichtfried zeige sich, "welch Geistes Kind die türkise ÖVP ist". Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sah darin eine "neue Dimension türkiser Niedertracht". Deutsch erinnerte an ein Hintergrundgespräch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit Medienvertretern, indem dieser die WKStA kritisiert hatte. Kurz habe damals von Roten Netzwerken in der Justiz fabuliert und der WKStA vorgeworfen, Daten illegal weiterzugeben, so Deutsch: "Wie sich heute herausstellt, war es die ÖVP selbst, die Daten leakt, um es der WKStA in die Schuhe zu schieben".

Sebastian Kurz hatte vor den Befragungen im Ibiza-U-Asschuss gut lachen | © APA/Fohringer

Dem Versuch, die WKStA zu "desavouieren", müsse vehement begegnet werden, so Leichtfried. Er zeige jedenfalls, dass die ÖVP offenbar mit parlamentarischer Demokratie und Moral "nicht viel am Hut hat". Der Wähler werde "entsprechend" reagieren, meinte der SPÖ-Vizeklubchef.

Neos grenzt sich von Türkis ab

Krisper sieht derweil die ÖVP zunehmend im Zentrum der Untersuchungen des Ibiza-Ausschusses. So habe der im Ibiza-U-Ausschuss zwar auch mögliche Geldflüsse von FPÖ-nahen Vereinen an FPÖ-Politiker über die Immobilienfirma Imbeco aufgedeckt. Allerdings habe sich auch gezeigt, dass die Volkspartei 2018 eine Liberalisierung des Glücksspielgesetzes vorangetrieben habe, ohne ihren damaligen Regierungspartner einzubinden. Auch sonst habe man türkise Großspender bei Gesetzesvorhaben freundlich bedacht. Etwa wenn von der Aufstockung des Finanzierungsfonds für Privatkrankenhäuser (Prikraf) die PremiQaMed profitiert habe, die zuvor 50.000 Euro an die ÖVP überwiesen hatte.

Der Vorsitzende des Ibiza-U-Ausschusses Wolfgang Sobotka | © APA/Fohringer

Sobotka muss Vorsitz abgeben

Diese Causa will sich Krisper im Herbst näher ansehen. Ebenfalls "dranbleiben" werde man bei der Forderung nach Übermittlung zusätzlicher Beweismittel - vom Kalender des Bundeskanzlers über gelöschte Mails von Justiz- und Finanzministerium bis hin zum Ibiza-Video. Im Zweifelsfall will Stephanie Krisper den Verfassungsgerichtshof anrufen. Und dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) trotz diverser Kontakte zum Glücksspielkonzern Novomatic nach wie vor den Vorsitz führt, ist für sie "inakzeptabel".

Rechnung um "FPÖ-Skandal" geht nicht auf

ÖVP-Fraktionschef Gerstl rückte indessen zur Verteidigung seiner Partei aus. Der Ausschuss sei gestartet, um das Ibiza-Video, den "FPÖ-Skandal rund um Strache und Gudenus" sowie die Arbeit der Regierung während der Koalition mit der FPÖ zu kontrollieren. Dem widerspreche der derzeitige Verlauf aber massiv. "Dass die Opposition dies aktiv fördert, ist der eigentliche Skandal dieses Ausschusses", befand Gerstl. Er warf insbesondere den Neos "ÖVP-Bashing" vor.

(APA/red)

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