Regierung erhöht Tempo bei Covid-Impfstoff Bestellung
Österreich hat mehrere Millionen zusätzliche Dosen der Covid-Schutzimpfung von Biontech/Pfizer bestellt. Die Regierung werde den vollen Anteil aus dem zweiten Vorkaufvertrag der Europäischen Kommission über 200 Millionen Dosen in Anspruch nehmen. Der entsprechende Beschluss fiel am Mittwoch im Ministerrat, teilte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in einer Aussendung mit. "Damit bekommen wir in Österreich eine Menge von zusätzlichen 3,8 Millionen Dosen." Auf EU-Ebene wurden bisher Vorkaufverträge mit sechs Herstellerfirmen für Covid-Impfstoff abgeschlossen.
Covid-Schutzimpfung von der EU
"Diese Gesamtmenge dient dabei als Beschleunigungsfaktor, da ein großer Teil dieser Menge nur dann bereits im zweiten und dritten Quartal 2021 geliefert wird, wenn die maximal mögliche Gesamtmenge in Anspruch genommen wird", erläuterte Anschober. "Zudem besteht für die EU die Möglichkeit zusätzlich zu den 200 Millionen Dosen, aus einer weiteren Option zusätzliche 100 Millionen Biontech-Pfizer-Dosen abzurufen, das heißt in der Folge weitere 1,9 Millionen Dosen für Österreich, spätestens im vierten Quartal 2021", berichtete der Gesundheitsressortchef.
Das Ministerium ging davon aus, dass bis Mittwochnachmittag bisher insgesamt mehr als 150.000 Impfungen mit Covid-Impfstoff in Österreich durchgeführt wurden. Am Dashboard auf info.gesundheitsministerium.gv.at lag die Zahl am frühen Nachmittag noch darunter. Von den österreichischen Gesundheitseinrichtungen wurden im e-Shop der Bundesbeschaffung GmbH bisher rund 185.000 Impfdosen abgerufen.
Vorübergehender Impfstoffmangel
Österreich habe sich mit in etwa 19 Millionen Impfstoffdosen zwar eine insgesamt ausreichende Mengen über die Vorkaufverträge auf EU-Ebene gesichert, jedoch herrsche aufgrund der tatsächlichen Verfügbarkeit derzeit noch akuter Impfstoffmangel, hieß es in der Aussendung. Um dem Risiko verspäteter oder ausbleibender Marktzulassungen vorzubeugen und gleichzeitig aber so viele Menschen so früh wie möglich impfen zu können, werde Österreich seinen vollen Anteil aus dem zweiten Vorkaufvertrag ausschöpfen.
Für diese mögliche Erweiterung des heimischen Covid-19-Impfstoffportfolios und die Entscheidung, diese Mengen auch tatsächlich abrufen zu können, werden insgesamt bis zu 115,3 Millionen Euro benötigt, wurde seitens des Ministeriums weiter betont. Damit könnten bis Ende des zweiten Quartals 2021 - je nach weiteren Marktzulassungen und tatsächlicher Verfügbarkeit - bis zu 12,7 Millionen Dosen verabreicht werden, hieß es.
Auf EU-Ebene wurden bisher Vorkaufverträge mit sechs Herstellerfirmen abgeschlossen. Davon haben vorerst Biontech/Pfizer und Moderna eine bedingte Marktzulassung erhalten und mit der Auslieferung in die Mitgliedsländer begonnen. Parallel dazu laufen Vertragsverhandlungen mit zwei weiteren Herstellern, um das EU-Portfolio weiter zu diversifizieren, betonte das Ministerium.
Kein Vordrängen beim Impfen
In Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Oberösterreich, Niederösterreich und Wien sind in letzter Zeit Fälle aufgetreten, dass übrig gebliebene Impfstoffe nicht an Heimbewohner, Gesundheitspersonal oder über 80-Jährige verabreicht wurden, sondern an Politiker, Gemeindebedienstete, Angehörige und andere. "Wenn Impfstoffe übrig bleiben, ist es wichtig, sie schnell zu verimpfen. Aber sie müssen für ältere Menschen verwendet werden und nicht für Politiker, deren Ehefrauen oder regionale Promis", meinte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Pressefoyer nach dem Ministerrat dazu unmissverständlich.
Blick auf das Gemeinwohl
Er vertraue darauf, dass jeder Arzt, der die Impfung durchführt, "aber vor allem jeder Verantwortliche für die Organisation vor Ort das Gemeinwohl im Blick hat und nicht den eigenen Vorteil", sagte Kurz. Das Gesundheitsministerium werde aber künftig bei der Verimpfung verstärkt eine Dokumentation einfordern, und "im Fall des Missbrauchs jene zur Rechenschaft ziehen, die sich nicht an den Impfplan halten", kündigte der Kanzler an.
Vizekanzler Kogler äußerte sich im Rahmen des Pressefoyers ähnlich. Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), der die Pressekonferenz gemeinsam mit Kogler bestritt, zeigte sich ebenfalls "wütend" über die Bürgermeister. "Ehrlicherweise fehlt mir dafür jedes Verständnis", und jeder sollte selbst wissen, was er in so einer Situation zu tun habe, glaubt Blümel.
Vorgaben für Impfplan
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) fordert eine strikte Einhaltung der Prioritätenreihung. Daran hätten sich alle, auch und insbesondere Politikerinnen und Politiker aller Ebenen und aller Parteien, zu halten, ließ Kaiser auf APA-Anfrage über seinen Pressesprecher ausrichten. "Sollten Einzelpersonen, diese klare Vorgabe missachtet haben, so war das ein Fehler, der von niemandem wiederholt werden sollte." Es sei aber schon berücksichtigen, dass etwa im Falle von Bürgermeistern, diese in ihrer Funktion als Mitglied eines Sozialhilfeverbandes ständig in Pflegeheimen zu tun hätten, sagte der Landeshauptmann.
Sollte es in Zusammenhang mit den Heimimpfungen tatsächlich zu missbräuchlichen und strafrechtlich relevanten Abweichungen gekommen sein, so sei es Aufgabe der Behörden wie der Staatsanwaltschaft, dem nachzugehen und über Konsequenzen zu befinden. Eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung wurde vom Land Kärnten bereits der Staatsanwaltschaft übermittelt.
Weinselige Après-PK-Party
Mit harscher Kritik an der Polit-Elite reagierte auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Ein Vordrängen beim Impfen sei "absolut inakzeptabel". "Priorität müssen die Risikogruppen haben, die sich impfen lassen wollen." Er ortete aber auch bei der Bundesregierung Scheinheiligkeit. Während man den Österreichern den Besuch von Lokalen verbietet, habe die "schwarz-rot-grüne Polit-Elite aus Bund und Ländern" eine Après-PK-Party im Bundeskanzleramt nach der letzten Pressekonferenz gefeiert. "Wennman eine Definition von Heuchelei und Scheinheiligkeit sucht, dann hat man sie gefunden", so Kickl.
(APA/red)