Regierung "Kurz" verordnet Maskenpflicht statt Lockdown

Im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie hat die Bundesregierung am Donnerstag weitere Verschärfungen ab Montag angekündigt. So sollen die Sozialkontakte österreichweit weiter eingeschränkt werden, bei privaten Feiern und Veranstaltungen indoor sind künftig nur noch zehn Personen erlaubt. In der Gastronomie kommt die Maskenpflicht auch für Gäste. Konsumationen sind nur noch im Sitzen möglich. Von der Beschränkung auf maximal zehn Personen bei Indoor-Feiern und Veranstaltungen sind ein paar Bereiche ausgenommen. Der "Bildungsbereich", Begräbnisse, religiöse Veranstaltungen sowie Demonstrationen (Fridays for Future) ausgenommen.

Laut Kultusministerin Raab (ÖVP) wurden allerdings Maßnahmen vereinbart, welche die Kirchen "freiwillig" umsetzen sollen. Dazu gehören eine Maskenpflicht während des öffentlichen Gottesdienstes und das Reduzieren von Gesang. Als weitere Maßnahme wurde die Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung für ein Jahr angekündigt, die vor allem Gastronomen begünstigt. Die Verschärfungen wurden bei einer Pressekonferenz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bekanntgegeben.

Maskenpflicht am Weg zum Lokaltisch

In der Gastronomie gilt die Maskenpflicht neben dem Servicepersonal auch für Gäste, wenn sie nicht sitzen, also am Weg zum Tisch oder WC sind, überall "dort, wo Bewegung ist", sagte Kurz. Auch auf Märkten und Messen kommt eine allgemeine Tragepflicht von Mund-Nasen-Schutz auch outdoor. Alles, was Freude mache, sei "ein Ort der Ansteckung", bekräftigte der Bundeskanzler. Die Infektionen seien in der Vergangenheit vor allem indoor und bei privaten Kontakten erfolgt, so Kurz.

Wink mit dem Zaunpfahl

Es handle sich "um Einschränkungen, die wehtun, aber notwendig sind, um einen zweiten Lockdown hoffentlich zu verhindern", meinte Kurz. Die Regierung sei sich "bewusst, dass es wieder einmal Verzicht bedeutet". Es gelte aber, die "katastrophalen Folgen" zu verhindern, die ein weiterer Lockdown bedeuten würde. Dafür scheint die Maskenpflicht das probateste Mittel.

Rund 300 Erkrankte Grund für Maskenpflicht

Anschober zeigte sich aufgrund des Anstiegs der Hospitalisierung von Corona-Patienten in Österreich in "deutlicher Sorge". 264 Erkrankte befinden sich derzeit auf Normalstationen im Spital, 55 zusätzlich liegen auf Intensivstationen. Im Vergleich zum Frühling gab es bereits eine hohe Zahl an Erkrankten, im Zuge des Lockdowns erfuhren diese Zahlen eine "Talfahrt".

Man könne diese Zahlen nicht gleichsetzen, sagte Anschober, da im Moment mehr getestet werde. "Wir testen mehr denn je, innerhalb von 24 Stunden werden 15.000 Tests durchgeführt." Aber diese Kurve "muss uns Sorge bereiten". Es gab bisher eine "starke Entkoppelung von Infektionszahlen und Hospitalisierung". Der Grund: Das Durchschnittsalter von positiv Getesteten sei deutlich geringer. "Wir waren im Frühling bei 58, 59 Jahren Durchschnittsalter und sind jetzt bei 34, 35 Jahren. Über 20 Jahren Unterschied."

Infektionszahlen können krank machen

"Wir haben bei den Prognosen eine sehr große Spreizung", sagte Anschober weiter. Bleiben sie linear in den nächsten zwei Wochen wird es 650 bis 660 Infektionen pro Tag geben. Die andere Variante geht von einer deutlichen Steigerung aus - von bis zu 1.500 Infektionsfällen pro Tag. "Unser Handlungsspielraum ist noch ein sehr großer", so Anschober. "Das ist eine Phase der Weichenstellung", ist der Gesundheitsminister überzeugt. Die Maskenpflicht verhindere Schlimmeres.

Kein Licht am Ende des Tunnels

Die SPÖ kritisiert hingegen "massive Versäumnisse der Regierung beim Corona-Krisenmanagement". "Anstatt Österreich auf den schwierigen Herbst und Winter vorzubereiten, hat Kanzler Kurz die Zeit monatelang mit Pressekonferenzen vertan und die Ampel als sinnvolles Instrument zerstört", kritisierte Vizeklubchef Jörg Leichtfried. "Die Regierung hat den Vorsprung aus dem Frühling verspielt, die Situation nicht mehr im Griff und Chaos und Verunsicherung produziert, weshalb die schärferen Maßnahmen jetzt notwendig sind", so Leichtfried.

Die FPÖ sieht in den von der Regierung verkündeten neuen Einschränkungen "für die Gastronomie den Todesstoß". "Mit den heute präsentierten weiteren Verschärfungen der Corona-Maßnahmen stürzt die schwarz-grüne Bundesregierung Österreich ins Unglück", kritisierte Hofer. Das von Kurz angekündigte Licht am Ende des Tunnels habe sich als entgegenkommender Zug entpuppt.

Auch die Neos lassen an den Maßnahmen kein gutes Haar. Gesundheitssprecher Gerald Loacker hält insbesondere für zweifelhaft, ob die Einschränkungen bei privaten Veranstaltungen überhaupt kontrolliert werden können: "Wie wir beim Ostererlass gesehen haben, sind Beschränkungen und Kontrollen in Privaträumen nicht möglich." Für Loacker stolpert die Regierung von Woche zu Woche, ohne einen langfristigen Plan zu verfolgen.

(APA/red)