Chronik

Rendi-Wagner stellt Kunstschaffende unter Parteischutz

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© APA/Hans Punz

Wenn Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner in der SPÖ was zu sagen hätte, könnte sie auf der Stelle bei ihren Landeshauptleuten anklopfen und einen substantiellen Beitrag für einige notleidende Künstler und Berufsgruppen einfordern. Gerade in Wien sitzt das Geld locker, wie Michael Ludwig bei der Vorstellung der Gastro-Gutscheine gut gelaunt verkündete: "Und falls Sie fragen, ob wird das Geld haben: Ja, die Reserven haben wir", ließ Ludwig eine nichtfragende Gruppe aus Fotografen und Reportern wissen. Der Medientermin des Bürgermeisters vor dem Filmmuseum Cafe könnte bis zu 40 Millionen Euro an Steuergeldern verschlingen, wenn alle brav ins Gasthaus gehen, was essen und ihre Daten beim Finanzamt hinterlassen.

Stadt Wien und Wirtschaftskammer servieren 40-Millionen-Gericht aus dem Steuertopf | © PID/Jobst

Nahrung für die Kunst

Weniger bis gar nichts im Vergleich zum 40 Millionen Euro schweren Wahlkampfzuckerl kostete der Auftritt von Pamela Rendi-Wagner nämlich die von ihr und Thomas Drozda einberufene Diskussion. In dem virulenten Gespräch um die Lage der Kunst- und Kulturszene in Zeiten der Corona-Beschränkungen hat am Donnerstag die SPÖ eine Runde prominenter Kulturschaffender versammelt. Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner forderte ein langfristiges Rettungsprogramm für die Branche, das auch entsprechend dotiert sein müsse: "Eine Milliarde Euro für die nächsten drei bis vier Jahre ist das Minimum."

Hochbürokratische Gesundheitsexpertin

Ausgestaltet werden soll dieses Programm von einer Expertenkommission, die sich aus Kunstschaffenden, der Politik und dem Gesundheitswesen zusammensetzt. Bisherige Hilfen seien "zu wenig, zu klein und in vielen Fällen hochbürokratisch", monierte Rendi-Wagner. Damit verfestigt sich der Eindruck, dass die Parteichefin der SPÖ noch lange nicht an ein Ende der Krise und der Corona-Regeln glaubt. Damit ist sie auf einer Linie mit Gesundheitsminister Anschober. "Das Virus wird uns noch lange begleiten, bis wir einen wirksamen Schutz gefunden haben", lautet der Sermon des Experten für Seuchen und Epidemien. War es anfangs noch glaubhafte Fürsorge zum Schutz der Bevölkerung, klingen seine Worte mittlerweile nach einer unverhohlenen Drohung in den Ohren vieler Kulturschaffender. Nicht einmal Bundeskanzler Kurz nahm die Corona-Regeln bei einer Veranstaltung ernst.

Mundschutz und Abstandsregeln für Schauspieler auf Kulturbühnen fordern, aber Politikern ihr Bad in der Menge gestatten, kann niemandem zumutbar sein.

Sebastian Kurz und seine Fans verzichteten auf Corona-Abstandsregeln und Maskenschutz | © APA (Bundeskanzleramt)/Dragan Tatic

Müder Spin Doctor

"Ich habe hier keine parteipolitische Agenda - ich habe eine sachliche Agenda", resümierte SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda: "Ich erwarte mir, dass es eine Gleichbehandlung für alle Bereiche gibt." Er sehe hier nicht zuletzt Kulturminister Werner Kogler (Grüne) in der Pflicht und wolle ebenfalls nicht Lunacek in die Schusslinie bringen: "Ich bin so erzogen worden, dass ich nicht auf Menschen hinhaue, die am Boden liegen." Dass Herr Drozda ein Mann höchster Integrität ist, weiß man nicht erst seit die Skandale rund um das Burgtheater Schlagzeilen machten. Seine Bestellungen und Abberufungen im Kulturmanagement sind mitverantwortlich für die zahnlose Kulturszene des vergangenen Jahrzehnts.

Rote Künstler gibt's nimma

Prominente Fürsprecher der Sozialdemokratie aus Schauspiel, Theater und Musik sind entweder längst in Pension oder haben sich bewusst verabschiedet. Rendi-Wagner konnte sich ein bisschen Schützenhilfe für ihre Hilfsaktion holen. "Ein einziger Bereich in Österreich verharrt weiter im verordneten Stillstand - ohne Perspektive und offensichtlich ohne Plan vonseiten der Bundesregierung", attackierte Rendi-Wagner die türkis-grüne Regierung: "Es ist die Kulturlandschaft Österreich als solches in Gefahr", analysierte die Parteivorsitzende. Das Kern des Problems können Millionen Euro an Förderungen nicht wieder gut machen, sondern lediglich eine aufführungsfreie Kulturnation subventionieren.

Das Gesundheitswesen hat im Kunst- und Kulturbetrieb nichts verloren. E sollte sich wieder dort hinbegeben, wo es gebraucht wird.

Unter Parteischutz

Schriftstellerin Julya Rabinowich beklagte für die Literaten, dass man seit Beginn der Krise im Regen stehen gelassen werde und sich mit dem Gefühl auseinandersetzen müsse, als unwichtig abgestempelt zu werden. Das habe auch System und sei der Versuch einer Zähmung der Widerspenstigen. Filmemacher Markus Schleinzer beklagte, dass die Politik zu seinem Unverständnis die vergangenen Wochen nicht genutzt habe, entsprechende Modelle zu entwickeln: "Was ich orte, ist ein enormer Zeitverlust, der hier stattgefunden hat." Man versäume vollends, in Länder wie Luxemburg, Deutschland oder die Schweiz zu blicken, die sinnvolle Modelle entwickelt hätten.

Wiens Künstleragenturen fordern unterdessen ein eigenes Kulturhilfspaket sowie einen konkreten Plan zur Wiedereröffnung. "Die derzeitigen Hilfspakete sind nicht auf die Kulturszene zugeschnitten, und damit fehlt es an Treffsicherheit", kritisierte Peter Hosek, Berufsgruppensprecher in der Wiener Wirtschaftskammer.

Anschober meldet sich zu Wort

Gesundheitsminister Anschober sieht sein Ministerium in der Pflicht, wenn es um die Sicherheit der Bevölkerung im Kulturraum geht. Nicht nur Parteikollegin Lunacek sei zuständig für den Bereich Kultur und dessen Öffnungsstrategie, sondern "wir sind genauso zuständig, es ist auch unsere Verantwortung", sagte der Gesundheitsminister am Donnerstag. Er betonte außerdem, dass an weiteren Schritten gemeinsam gearbeitet werde. Dass es "aus bestimmten Bereichen Ungeduld gibt", verstehe er, "die wird auch noch dauern". Allerdings verwies er auf die ersten Öffnungsschritte im Kulturbereich, die ab Freitag gelten. Weitere "müssen und werden folgen". "Wie zeitnah und in welcher Größenordnung" werde derzeit ausgearbeitet.

Auf Gutscheine zur Unterstützung der strauchelnden Kulturszene setzt indes die neue Onlineplattform "Bühnenliebe.at": Die Initiative bietet Kunst- und Kultureinrichtungen an, sich kostenlos zu registrieren, womit Nutzer für dort künftig stattfindende Programme und Events Gutscheine kaufen können. Bereits 40 heimische Kulturbetriebe haben sich dafür registriert.

(red/APA/schluss)

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Redaktion

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