Die Corona-Infektionszahlen führen in der Politik zu Diskussionen über das weitere Vorgehen. Nachgedacht wird über Freitesten für kürzere Quarantäne, die Vorbereitung auf einen zweiten Lockdown im "Fall der Fälle". Rundum Ablehnung erntete am Dienstag der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) mit seinem Vorstoß für Kontrollen und Eingriffsmöglichkeiten auch im Privatbereich.
Schützenhöfer forderte im "Kurier" einen "verfassungsrechtlich gangbaren Weg", um bei Verstößen gegen Corona-Regeln auch im Privatbereich eingreifen zu können. Er "will ja nicht in Schlafzimmer hineinschauen, aber wenn bei Privatpartys in einem Keller oder in einer Gartenhütte Exzesse gefeiert werden, muss man das auflösen können", hält der ÖVP-Politiker "Einschränkungen der Freiheit" angesichts der Corona-Herausforderungen für durchaus vertretbar.
Diese Haltung, gemeint ist die von Schützenhöfer, teilt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nicht: Das Covid-Maßnahmengesetz schließe Kontrollen im privaten Wohnbereich aus, und das sei auch "grundsätzlich richtig", meinte er im Ö1-"Morgenjournal". Er glaube, dass "die allermeisten Menschen imstande sind, klaren Empfehlungen Folge zu leisten".
Die Opposition lehnte den Vorstoß von Hermann Schützenhöfer (ÖVP) geschlossen ab: Für die SPÖ sei "Schnüffeln in privaten Wohnräumen ausgeschlossen", sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. "Die ÖVP will offenbar unter dem Corona-Deckmantel in die Privatwohnungen eindringen", hielt FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl Schützenhöfer "austrofaschistische Überwachungsfantasien" vor. Der steirische Neos-Klubchef Niko Swatek lehnte - unter Kritik an "Allmachtsfantasien der ÖVP" - verfassungskonforme Möglichkeiten für den Eingriff in den privaten Raum strikt ab.
Mehr Aussicht als die Idee von Schützenhöfer auf Umsetzung hat die Verkürzung der Quarantäne von zehn auf fünf Tage nach "Freitesten". Dies wird, wie Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Wochenende erklärt hatte, von der Regierung soeben geprüft - aber nur umgesetzt, wenn es wissenschaftlich vertretbar ist. Der ÖVP-Wirtschaftsbund wäre jedenfalls sehr dafür. Eine immer höhere Zahl von Menschen sei in Corona-Absonderung - "im November könnten es schon 200.000 sein" - damit drohe der Zusammenbruch ganzer Wirtschaftszweige.
Bereits diskutiert wird über einen zweiten Lockdown. Anschober sieht Österreich jedoch noch "weit davon entfernt" - sei laut Gesetz ein Lockdown doch erst möglich, wenn das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch steht. Eine Überlastung würde er erst bei einer Auslastung der Intensivbetten von 60 bis 70 Prozent ausmachen, "da ist noch Luft da". Sollten die Covid 19-Infektionen weiter steigen, werde man mit restriktiveren Maßnahmen gegensteuern, hatte Kanzler Kurz am Wochenende erklärt - und der Lockdown ist für ihn die letzte Maßnahme.
Ein solcher würde Österreichs Wirtschaft auch "extrem belasten", erläuterte Wifo-Chef Christoph Badelt am Dienstag. Die Wirtschaftsleistung würde heuer wesentlich stärker - um mehr als 9 statt um 6,8 Prozent - absacken, nächstes Jahr würde damit Stagnation statt einem Plus von 4,4 Prozent drohen. Angesichts der hohen Infektions-Zuwachsraten müsse die Regierung massiv gegensteuern. Bleiben die Zahlen so hoch, werde der Wintertourismus zusammenbrechen - und das bedeute eine "noch viel massivere Wirtschaftskrise".
(APA/red)
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