SPÖ-Viertagewoche kein Rezept gegen Arbeitslosigkeit

Mit eine Salve an Pressemitteilungen hat die SPÖ am Samstag auf Geheiss von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner ihrer Idee von einer Viertagewoche erneut Nachdruck verliehen und zur Diskussion gestellt. Tags zuvor hatten der niederösterreichische Landesparteichef Franz Schnabl und SPÖ-Legende Hannes Androsch die Forderung nach einer 32-Stunden-Woche kritisiert. Die Bundesregierung nahm bisher keine Notiz von der Viertagewoche und hat nicht einmal freche Polemik zum Diskurs beigesteuert. Deshalb mussten treue SPÖ-Funktionäre ihre Ansichten offen legen und Position für die Chefin beziehen.

Unrealistisches Budget durch falsche Zahlen im Gesetzesantrag bestätigt

Karlheinz Kopf (V), Sigi Maurer (G), Pamela Rendi-Wagner (S) und Sepp Schellhorn (N) debattieren im Parlament am Donnerstag, 28. Mai 2020 | © APA/Schlager

Arbeit gerecht verteilen, damit jeder eine Beschäftigung hat. So weit so gut. Das könnte allemal unter einer SPÖ-Alleinregierung passieren, aber von der ist man meilenweit weg. Warum gerade dieses Thema in der Coronakrise so wichtig erscheint, ist auch innerhalb der SPÖ vielen Parteifreunden rätselhaft. Landeshauptmann Peter Doskozil findet auch in dieser Hinsicht kein Einvernehmen mit der Parteichefin. Rendi-Wagner verteidigt ihren Platz am Chefsessel wie eine Löwin. Längst kennt sie alle Tricks der Parteistatuten. Mit ihrem Bundesgeschäftsführer hat sie einen Kompagnon gefunden, der ihr die beissende Meute zurückgedrängter SPÖ-Männerpolitiker erfolgreich vom Leib hält und sich dabei selbst den Rücken stärkt.

UnterstützerInnen der Viertagewoche

"Gerade jetzt müssen wir täglich klar machen: Wir müssen alles tun, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und Menschen wieder in den Arbeitsprozess zu bringen. Darum braucht es auch das Arbeitszeitverkürzungsmodell von Pamela Rendi-Wagner. Das ist ein Zukunftsmodell“, sagte SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek in ihrer Pressemitteilung.

„Die Forderung nach einer Reduktion der Arbeitszeit zieht sich durch die gesamte Geschichte der sozialdemokratischen Bewegung und ist auch heute wieder aktuell. Dabei ist wichtig, dass das Modell mit den Sozialpartnern abgestimmt ist“, betont die Landesparteisekretärin der SPÖ Wien, gab Barbara Novak im Zuge der Debatte um die Viertagewoche bekannt.

Arbeitszeitverkürzung entlastet unsere Umwelt

Julia Herr (SPÖ) fand eine besonders kreativen Ansatz für ihre Aussendung zur Viertagewoche: "Wenn weniger oft in die Arbeit gependelt werden muss, sinkt die Zahl der Autofahrten und damit der CO2-Ausstoß", so Herr. In diesem Zusammenhang verweist Herr auf die aktuelle Debatte rund um die 4-Tage-Woche: "Eine Arbeitszeitverkürzung entlastet nicht nur ArbeitnehmerInnen, sondern bedeutet auch mehr Klimaschutz." Herr vermied es in ihrer Aussendung mit Absender SPÖ-Parlamentsklub auch nur ein einziges Mal ihren Vornamen zu nennen oder ihre Parteifunktion anzugeben. (Anm.: Julia Herr ist Abgeordnete zum Nationalrat und SPÖ-Bereichssprecherin für Umwelt und Klima.)

Julia Herr

Nationalratsabgeordnete Julia Herr mit Schutzmaske bei der Nationalratssitzung am 22.04.2020 | © Parlamentsdirektion/Thomas Jantzen

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch bekräftigt heute ebenso die Forderung nach einer freiwilligen, geförderten Vier-Tage-Woche: "Alle Nein-Sager sollen sich erstmal das Papier richtig anschauen. Unser Modell ist freiwillig und gefördert, die ArbeitgeberInnen werden mit den Kosten nicht allein gelassen, kein Betrieb wird gezwungen dies umzusetzen", meint Muchitsch.

"Wenn zwei Drittel unserer Parteimitglieder ein Recht auf eine Vier-Tage-Woche für wichtig halten, dann ist das für uns ein klarer Handlungsauftrag", erinnert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Das SPÖ-Modell der Vier-Tage-Woche wäre ja gemeinsam auf breiter Basis im Juni ausgearbeitet worden.

Rendi-Wagner zu Besuch in Tirol

Farbe bekennen musste auch der gezähmte Parteirebell SPÖ-Tirol-Chef Georg Dornauer. Er sieht die Vier-Tage-Woche besonders vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung und der derzeitigen wirtschaftliche Krise als gute Idee. Diesen Standpunkt machte ihm Pamela Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz im Rahmen ihres Besuchs in Tirol Anfang August klar.

Gemeinsam mit SPÖ-Tirol-Vorsitzenden Georg Dornauer bekräftigte Rendi-Wagner ihre Forderung nach einer Vier-Tage-Woche

Gemeinsam mit SPÖ-Tirol-Vorsitzenden Georg Dornauer bekräftigte Rendi-Wagner ihre Forderung nach einer Vier-Tage-Woche zur Sicherung von Arbeitsplätzen | © SPÖ / Kurt Prinz

Bei der Gelegenheit äußerte sie sich zur Kündigungswelle bei Swarovski. Sie zeige, wie wichtig neue innovative Lösungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen wären. "Durch das geförderte Vier-Tage-Modell der SPÖ hätten die Kündigungen bei Swarovski verhindert werden können“, sagte Rendi-Wagner und verwies auf die 1.800 Betroffenen: "Besser um 20 Prozent weniger arbeiten, als 20 Prozent der Belegschaft entlassen." Georg Dornauer attackierte das Vorzeige-Unternehmen zwar nicht direkt, aber eine negative Schlagzeile kassierte er dennoch als Gastgeber solcher Töne gegen heimische Betriebe.

Hintergrund des SPÖ-Modells Viertagewoche

Die Arbeitslosigkeit stieg im Juni 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent. 463.505 Menschen waren damals ohne Job. Gleichzeitig werde die österreichische Wirtschaft 2020 laut vorliegenden Prognosen um mehr als sieben Prozent schrumpfen. Viele Betriebe in Österreich würden noch "länger" mit einem erheblichen Nachfrageausfall zu kämpfen haben. Rendi-Wagner schlägt vor, dass der Corona-bedingte "Nachfrageeinbruch von Betrieben" zur freiwilligen Einführung einer 4-Tage-Woche bzw. flexiblen Arbeitszeitverkürzung genutzt werden soll, die finanziell vom Staat gefördert wird.

Pamela Rendi-Wagner umarmt einen Hund auf der Alm in Tirol

Pamela Rendi-Wagner auf Besuch in Sellrain, der Heimatgemeinde von Georg Dornauer | © SPÖ / Kurt Prinz

Kommentar: Der Vorschlag klingt gut. Mit der Viertagewoche kann man die Coronakrise langfristig finanzieren und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft stellen. Eine Zukunft in der es für die Menschen keine Arbeitsplätze mehr gibt, weil sie schlichtweg nicht mehr gebraucht werden – mit oder ohne Virusgefahr. Die Coronakrise deckt schonungslos auf, wie überbelegt viele Arbeitsstätten in Österreich sind, und wie mit einer kleinen Belegschaft effizient weiter gewirtschaftet werden kann. Noch dazu wenn Arbeitnehmer ihre Dienste im Homeoffice für das Unternehmen verrichten. Bald werden sie Werkverträge angeboten bekommen, die fast keinen Lohnnachteil bringen. Fast.

Mit dem Auslaufen der Kurzarbeit im September könnte ein Ruck durch die Gesellschaft fahren. Angestellte, die ihre Arbeit im Homeoffice erledigt haben, und kaum noch was zu tun hatten, werden gekündigt oder wurden schon beim AMS angemeldet. Andere werden ihre Arbeit nurmehr auf Vertragsbasis abliefern können und müssen sich selbstständig machen. In den Werkshallen, in der Tourismus- und Reisewirtschaft, im Fremdenverkehr, der so eng mit dem Kulturleben Österreichs verzahnt ist, gehen Tausende Arbeitsplätze flöten.

Meinung: Die Viertagewoche ist kein Rezept gegen Arbeitslosigkeit zu diesem Zeitpunkt. Menschen wollen zurück in die Arbeit, wollen wieder Beschäftigung. Sie träumen nicht davon, ihren Job mit anderen zu teilen, um ein bisschen mehr Freizeit für ihre Heimquarantäne zu haben. Arbeitslosen wiederum hilft es rein gar nichts. Ob vier oder fünf Tage - her damit, bitte. Rendi-Wagner macht Parteiarbeit mit Folklore und für das gebotene Gehalt goldrichtig: 32 Stunden pro Woche reichen dafür allemal aus.

(PA/red)