Die gefühlten "fünf Minuten vor zwölf" als Metapher für das Ende der Welt oder für den Beginn der Geisterstunde. Man kann es sich aussuchen. Um Punkt 12 ist jedenfalls Schluss mit lustig. Die SPÖ beantragt eine Sondersitzung des Nationalrats, die innerhalb von zwei Wochen stattfinden wird, weil es das Reglement so vorsieht. Anlass sind die hohen Arbeitslosenzahlen in Folge der Corona-Pandemie. "Es ist fünf vor zwölf", so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie wirft der Regierung Untätigkeit vor und präsentiert ein eigenes Forderungspaket. Darüber muss geredet werden bei einer Sondersitzung.
Rendi-Wagner will eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes sowie ein Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose. Nach Einschätzung der SPÖ-Vorsitzenden wird sich die Lage in den kommenden Wochen zuspitzen. Der Saisoneffekt verpuffe im Winter. Zudem hätten viele Industriebetriebe im Herbst ihre letzten Aufträge abgearbeitet, neue Aufträge kämen deutlich weniger nach. Eine zweite Welle an Firmenpleiten und Kündigungen gelte es nun zu verhindern, schreibt Rendi-Wagner, um die Dringlichkeit der Sondersitzung hervorzuheben.
Bevor die Regierung im Nationalrat bei der Sondersitzung zu Wort kommt, um ihre Leuchtturm-Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen, spricht Parteichefin Rendi-Wagner. Als Dank für die eingerufene Pressekonferenz im Parlament hat sich die Schirmherrin aller Arbeitslosen und Kunstschaffenden des Landes auch den Applaus von Kollegen verdient. Für ihre empathische Art, die Dinge beim Namen zu nennen, genauso wie für die Bereitstellung der Parlamentsbühne.
Besonders dramatisch sei neben der hohen Jugendarbeitslosigkeit, dass die Arbeitslosigkeit länger andauere. Seien es bisher zwei bis drei Monate gewesen, liege der Wert aktuell schon bei fünf Monaten. Für Junge schlägt Rendi-Wagner einen "Corona-Not-Ausbildungsfonds" vor, der Betriebe, die auch in der Coronakrise Lehrlinge ausbilden, unterstützt. Zusätzlich will die SPÖ 5.000 Plätze in überbetrieblichen Lehrwerkstätten. Schließlich soll die Wiedereinführung der Ausbildungsgarantie bis 25 fixiert werden. Ob die Regierung über solche Details bei der Sondersitzung Rede und Antwort gibt, kann bezweifelt werden.
Rendi-Wagner fordert nun etwa eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes um durchschnittlich 300 Euro pro Monat sowie ein Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose ähnlich der "Aktion 20.000". Dazu wiederholt die SPÖ-Chefin ihren Wunsch nach einer freiwillig geförderten Vier-Tage-Woche. Diese könnte zu 100.000 zusätzlichen Beschäftigten führen. Wirtschaftshilfen sollen nach Vorstellung der SPÖ an den Erhalt von Arbeitsplätzen gekoppelt werden. Missbrauch des Insolvenzrechts soll verhindert werden.
Kommentar: Mit ihren Forderungen liegt Rendi-Wagner ganz nah am Ohr der Regierung. Sie wünscht sich genau das gleiche wie die Oppositionschefin: keinen Missbrauch von Hilfsgeldern, keine hohe Arbeitslosigkeit, alles zu tun, um Pleiten zu verhindern. Selten ist man sich so einig gewesen. Nur über die Vier-Tage-Woche muss man noch reden. Team Österreich schreitet wieder zur Arbeit.
(APA/red)
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