Chronik

Stolpersteine erinnern an Künstler-Vertreibung aus Salzburg

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100 Jahre Salzburger Festspiele geben Anlass, sich an jene ermordeten Künstlerinnen und Künstler zu erinnern, die in den Jahren bis zum Anschluss an Deutschland 1938 die Festspiele entscheidend mitgeprägt haben. Die Salzburger Festspiele nahmen die Anregung des Personenkomitees Stolpersteine und der Israelitischen Kultusgemeinde dankbar auf, 28 Stolpersteine auf dem Max-Reinhardt-Platz prominent vor dem Haus für Mozart zu verlegen. Der Verein der Freunde der Salzburger Festspiele übernahm die finanzielle Patenschaft. "Es hilft unendlich viel zum Frieden, nicht auf den anderen zu warten, bis er kommt, sondern auf ihn zuzugehen. Wir dürfen rassistische Strömungen, wie auch den Antisemitismus, nicht wortlos ertragen, sondern müssen sie klar bekämpfen. Auch dazu können diese kleinen Steine beitragen", sagte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler.

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und Dirigent Daniel Barenboim | © SF / Lukas Pilz

Erinnerungen an das Leid der Juden

Der Historiker Gert Kerschbaumer hat die Biografien der Künstlerinnen und Künstler recherchiert, deren Namen nun in den würfelförmigen Messingplatten am Boden zu lesen sind. Die berühmtesten Namen sind Festspielbegründer Max Reinhardt, oder auch Dirigenten wie Arturo Toscanini, Bruno Walter oder Erich Kleiber. Auf den Stolpersteinen stehen neben den Namen der Künstler auch deren Geburtsjahr, ihr Beruf, das Jahr ihrer Flucht und das Ziel derselben. Dazwischen liegen auch immer wieder Steine ohne Messingplatte. "Sie sollen an die vielen Künstler, z.B. Philharmoniker erinnern, die nicht in dieser Auswahl enthalten sind", so Kerschbaumer.

Worte über die jüdische Geschichte in Österreich

Dass die Steine tatsächlich einmal hier - "im Mittelpunkt der Gesellschaft" - liegen würden, das hätte Kerschbaumer nicht geglaubt, wie er in seiner Rede beteuerte. Für Festspielkünstler gab es bis dato auch noch keine "Stolpersteine". Das Stolperstein-Projekt gibt es seit den 1990er-Jahren und entstammt einer Idee des Künstlers Gunter Demnig, mit dem auch Kerschbaumer im Austausch stand. In Salzburg wurden bisher knapp 500 Steine verlegt.

Hanna Feingold, Martin Engelberg, Hella Pick, Gert Kerschbaumer, Mordechai Rodgold, Danielle Spera, Daniel Froschauer, Bernhard Hedenborg | © SF / Lukas Pilz

Friedensbotschaft von Helga Rabl-Stadler

Neben dem "Mittelpunkt der Gesellschaft" haben es die Steine definitiv auch in den Mittelpunkt des Festspieltreibens geschafft. "Es war uns sehr wichtig, die Steine hier prominent und sichtbar auf dem Max-Reinhardt-Platz zu verlegen. Die Festspiele haben sich immer als Friedensbotschafter verstanden und wollen ein großes Zeichen setzen", so Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, die Kerschbaumer in seiner Rede wegen ihres Einsatzes als "Präsidentin Courage" bezeichnete. Im vergangenen Jahr waren das Personenkomitee Stolpersteine und die Israelische Kultusgemeinde an die Festspiele herangetreten.

Einige der neuen Stolpersteine für Opfer der nationalsozialistischen Diktatur vor dem Festspielhaus in Salzburg. | © APA/Gindl

Besonders auffällig ist ein doppelter "Stolperstein", der den Titel Rose-Quartett trägt. Dahinter verbirgt sich laut Kerschbaumer ein Philharmoniker Quartett. Alma Rose, die ebenfalls einen Gedenkstein bekommen hat, dürfte vor allem Besuchern der "Reden über das Jahrhundert" ein Begriff sein, denn sie leitete die so genannte Mädchenkapelle von Auschwitz, der auch Festspielrednerin Anita Lasker-Wallfisch angehörte, die in ihrer zuvor auf Video aufgezeichneten Rede am Samstag in der Felsenreitschule mehrmals betonte, dass allein die Musik ihr Leben im Konzentrationslager rettete.

So kriminell wie die Nationalsozialisten

"Die Musik ist ein Teil der Welt und eine Welt für sich. Sie bedeutet für jeden etwas anderes. Nur eines kann die Musik nicht ausdrücken: Lügen. So kriminell wie die Nationalsozialisten waren, muss man sich immer wieder damit auseinandersetzen, und deswegen ist es wunderbar, dass dieses Projekt existiert. Denn wer sich nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzt, der ist kein Mensch", so Dirigent Daniel Barenboim, der ebenfalls einige Grußworte an die Menge vor dem Haus für Mozart richtete, die so zahlreich erschienen war, dass man die für drinnen geplanten Reden spontan vor das Festspielhaus verlegte.

Erinnerung an vertriebene und ermordete Künstlerinnen und Künstler der Salzburger Festspiele | © SF/Neumayr/Leo

Im Anschluss enthüllten Rabl-Stadler, Kerschbaumer und Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums, die zwei Reihen Stolpersteine und umrahmten sie mit Blumen. Salzburg besitzt nun insgesamt 469 "Stolpersteine", deren menschliche Geschichten auf www.stolpersteine-salzburg.at nachzulesen sind.

  • Anday, Rosette
  • Bokor, Margit
  • Buxbaum, Friedrich
  • Fischer, Paul
  • Graf, Herbertz
  • Horner, Harry
  • Kipnis, Alexander
  • Kleiber, Erich
  • Lehmann, Lotte
  • Leinsdorf, Erich
  • Moissi, Alexander
  • Paalen, Bella
  • Pauly, Rose
  • Reinhardt, Max
  • Rosé, Alma
  • Rosé, Arnold
  • Schaffgotsch, Hedwig
  • Schöne, Lotte
  • Schumann, Elisabeth
  • Stössel, Ludwig
  • Stwertka, Julius
  • Thimig, Helene
  • oscanini, Arturo
  • Walla, Marianne
  • Wallerstein, Lothar
  • Wallmann, Margarete
  • Walter, Bruno
  • Wittgenstein, Paul

(APA/red)

Veröffentlicht von
Redaktion

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