Der Schutz von Bewohnerinnen und Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen vor einer Ansteckung mit Covid-19 hat trotz rigoroser Schutzmaßnahmen zu einer hohen Zahl an Sterbefällen in solchen Einrichtungen geführt. Das ist eine Erkenntnis aus einer Studie des Sozialministeriums, die am 5. August von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Studienautorin Elisabeth Rappold präsentiert wurde. In allen Bundesländern wurden rund 80.000 Testungen bei Bewohnern und fast 70.000 bei Mitarbeitern von Altersheimen durchgeführt. Aktuell seien nur mehr sieben Bewohner und 19 Mitarbeiter von Altenheimen und Pflegeeinrichtungen infiziert.
Bis zum 22. Juni 2020 verstarben in Summe 260 Bewohnerinnen und Bewohner an Corona, dies entspricht einem Anteil von rund 36,8 Prozent an allen bis zu diesem Zeitpunkt verstorbenen Covid-19-Fällen in Österreich. Am 9. Juni wurde die Sterblichkeit in dieser Gruppe noch mit 26,7 Prozent beziffert. Dennoch meinte Gesundheitsminister Anschober bei der Vorstellung der neuen Studie, an der rund die Hälfte aller Alters- und Pflegeheime Österreichs teilgenommen haben sollen, dass der "Schutz der älteren Menschen" gut funktioniert habe. Dafür zog er Vergleiche mit anderen Ländern, wo es prozentuell mehr Corona-Tote in ähnlichen Eirichtungen gab.
Bis zum heutigen Tag sind 719 Menschen in Österreich mit oder an Covid-19 verstorben. Noch immer zeichnet sich keine prognostizierbare Übersterblichkeit für das Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie ab, was dem österreichischen Gesundheitssystem ein gutes Zeugnis ausstellt. Bei Pflegern und Betreuern wurden im Studienzeitraum über 500 Ansteckungen festgestellt, aber kein einziger Todesfall. Dieser Umstand legt wiederum nahe, dass medizinisches Personal trotz des hohen Ansteckungsrisikos eine Covid-19 Infektion relativ unbeschadet überstehen kann.
Verbesserungspotenzial gebe es laut Studienautorin Rappold bei der Schutzausrüstung für Mitarbeiter in Pflege- und Altersheimen. Pfleger und Betreuer müssen seit März den ganzen Tag über Schutzkleidung tragen. Der Mangel an geeigneter Schutzausrüstung habe am Anfang der Krise große Ängste ausgelöst, aber als die schließlich ausreichend verfügbar war, wurde jedoch das Tragen von zusätzlicher Kleidung und Visiere als eine enorme Belastung empfunden. Ein weiteres Problem stelle das Tragen von Mund-Nasen-Schutz und Masken mit Hinblick dar. Vor allem auf die Kommunikation und Interaktion mit den Bewohnerinnen und Bewohnern. Zudem gestaltete sich die Interaktion mit Menschen, die an Demenz leiden, dadurch schwieriger. Darüber hinaus gab es Berichte, dass das Personal unter Atemnot und Schwindel litt und das Tragen der gesamten Schutzausrüstung während des Dienstes als sehr belastend erlebte.
Die von der Bundesregierung und den Ländern erlassenen Besuchsbeschränkungen in Alters- und Pflegeheimen waren anfangs rigoros. Aber auch nach einigen Lockerungen sind sie in einigen Häusern de facto noch immer intakt. Erst Anfang Juni wurde die schrittweise Rückkehr zum Alltag in Alten- und Pflegeheimen und teilstationären Einrichtungen vom Sozialministerium erarbeitet, welche dann ab 9. Juni 2020 galten. Diese sogenannten "Lockerungen" boten jedoch in manchen Fällen keine Abkehr der geübten Praxis, manche Bewohner und Bewohnerinnen komplett abzuschotten. Auf die sich mehrenden Klagen wegen Freiheitsentzugs in Alters- und Pflegeheimen angesprochen, versprach Anschober Verbesserungen, nannte aber keine konkreten Schritte.
(red)
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