Vage Erklärungen für Lockout der Oberstufe an Schulen
Ganz Österreich darf während des Lockdown im November zur Arbeit oder Schule, aber bei der Oberstufen werden Ausnahmen gemacht. Weil es auch den jungen Erwachsenen zumutbar erscheint, werden auch den Hochschulen die Vorlesungen weiterhin bevorzugt in Videokonferenzen stattfinden, Die Bildungskrise in Österreich findet mit den neuen Lockdown-Verordnungen eine Fortsetzung wenn nicht gar Verschärfung. Verantwortlich dafür sei aber nicht die Regierung, sondern die rätselhafte Pandemie, und die große Sorge der Politik, nicht genügend Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geleistet zu haben. Sonst wäre eine rasche Erholung im Dezember auch gar nicht plausibel. Wenn es den Schülern der Oberstufe, Freizeitsportlern, Lokalgästen und Theaterbesuchern im Schulterschluss gelingt, durch ihren Ausschluss am öffentlichen Privatleben die Wende zu erwirken, hätte man auch gleich die Schuldigen identifiziert.
Wiedersehen in der Oberstufe
Für die Schüler der Sekundarstufe II, die im Zuge des neuerlichen Lockdowns ab Dienstag auf Distance Learning umstellen müssen, wird es weiter Schularbeiten geben - allerdings nur in den ersten zwei Novemberwochen. Das gab Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Montag bekannt. Voraussetzung seien entsprechend große Räume, und der Schularbeitsstoff muss schon vermittelt worden sein. Für die zweite Novemberhälfte geplante Schularbeiten werden auf Dezember verschoben.
Medizinische Versorgungskrise in weiter Ferne
"Es geht um einen Monat, hoffentlich nicht länger", sagte Faßmann zu den Maßnahmen. Es müsse gelingen, die hohen Zahlen zurückzudrängen und es habe keinen Sinn, die Augen zu verschließen und eine drohende medizinische Versorgungskrise zu verdrängen. Mit den im Bildungssystem getroffenen Maßnahmen habe man "einen Weg gefunden, die Schule weiter zu ermöglichen und gleichzeitig den Gesundheitsschutz zu ermöglichen".
Die Infektionszahlen bei den Unter-14-Jährigen seien vergleichsweise niedrig und die negativen Effekte geschlossener Bildungsanstalten vergleichsweise groß, begründete der Minister, dass nur die Oberstufen auf Distance Learning umgestellt werden. Faßmann räumte ein, dass es in den vergangenen Tagen durchaus Diskussionen darüber gegeben habe. Nun sei ein "sehr guter tragfähiger Kompromiss" herausgekommen.
Normalbetrieb mit Maskenpflicht
Nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstag betont hatte, dass der Pflichtschulbereich "vorerst" im Normalbetrieb bleiben, sagte auch Faßmann, dass man die Situation zwei Wochen beobachten müsse. "Wenn die Zahlen nicht sinken, muss man überlegen, welche Maßnahmen nicht geholfen haben und welche neuen Maßnahmen kommen können."
Faßmann gab zudem weitere Details zu den Maßnahmen im Schulbereich bekannt, über die er die Schulen bereits am Sonntag in einem Schreiben informierte. Zum elementarpädagogischen Bereich sagte er, dass es dabei vor allem darum gehe, einen externen Eintrag des Virus zu verhindern. Deshalb sollten Kinder am Eingang mit Mund-Nasen-Schutz übergeben werden, und es wenig Mischung der Gruppen geben.
Leseomas bleiben im Pflegeheim
Im Pflichtschulbereich, also Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufe und Polytechnischen Schulen, gebe es weiterhin Präsenzunterricht bei erhöhten Sicherheitsmaßnahmen. So dürfen keine externe Personen mehr an der Schule, "die Kinder müssen etwa auf die Leseoma verzichten". Schulleiter können bei Bedarf das Tragen von Masken anordnen, hier vertraue er auf die "klug handelnden Schulleitungen", so Faßmann.
Expertise: In Linz beginnt's
Allen Lehrern, gleich ob Bundes- oder Landeslehrern, würden FFP-2-Masken zur Verfügung gestellt, "weil die Lehrer für das Bildungssystem zentral sind und wir alles tun müssen, damit sie ihre Aufgabe sicher erfüllen können". Wie bisher gelte, dass Lehrer, die der Risikogruppe angehören, keinen Präsenzunterricht halten müssen. Für Petra Apfalter, Leiterin des Instituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin am Ordensklinikum Linz, ist "die Botschaft an die Lehrer, dass Schule ein sicherer Ort ist, wesentlich sicherer als die anderen Lebensfelder, wo man sich bewegt".
Distance Learning länger als Babyelefant
Faßmann forderte beim Distance Learning "eine gewissen Flexibilität" ein, "damit es nicht zulasten der Schüler ausgeht". So könnten Lehrer, wenn sie erkennen, dass sie Schüler durch die Situation verlieren, Unterricht in Kleingruppen geben. Das gelte auch für die Schüler der Abschlussklassen, insbesondere der Maturaklassen, oder den fachdidaktischen Unterricht.
Apfalter verwies auf verschiedene Studien und Analysen, wonach "Bildungseinrichtungen eine völlig untergeordnete Rolle bei der Verbreitung des Virus spielen". Die nun getroffenen Maßnahmen seien eine "exzellente Handlungsempfehlungen", die einen sehr kontrollierten und geregelten Umgang mit dem Virus an den Schulen ermöglichten. Wesentlich seien aber auch die Befolgung der ganz einfachen Regeln, wie Abstand halten, Handhygiene, Masken sowie Lüften.
Verlorene Studienzeit
Im zweiten Lockdown werden aber nicht nur die Oberstufenschüler in den Fernunterricht geschickt. Auch die Hochschulen sollen nur noch Lehrveranstaltungen vor Ort abhalten, bei denen das unbedingt notwendig ist, etwa bei praktischen Laborübungen. Auch Prüfungen sollen wo möglich digital stattfinden, in den Bibliotheken soll nur noch die Ausleihe, aber kein Lernbetrieb mehr möglich sein, heißt es in einer Empfehlung des Bildungsministeriums.
"Ich will nicht, dass junge Menschen ihre wertvolle Studienzeit verlieren", betonte Faßmann. "Wir können den Gastronomen einen Teil ihres verlorenen Verdiensts zurückgeben, den Studierenden die verlorene Studienzeit nicht."
Politischer Anspruch wird gesetzt
Die Unis, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen und Privatunis sind "aufgrund des professionellen Umgangs der Hochschulen im Frühjahr und in den letzten Monaten" von der jüngsten Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung des Gesundheitsministeriums zwar ausgenommen, wie Faßmann in einem am Montag versendeten Brief an diese betont. "Gleichzeitig hat die Regierungsspitze zurecht den politischen Anspruch erhoben, dass die Universitäten und Hochschulen in Distance Learning umschalten sollen. Grund dafür sind die stark gestiegenen Infektionszahlen in den Altersgruppen der 20- bis 30-Jährigen - also dem Großteil der Studierendenschaft."
Kritik von SPÖ und Neos fällt angesichts ihrer Zustimmung zu den Maßnahmen der Regierung aus.
(APA/red)