Chronik

Virus-Mutation: Minister Anschober braucht Bedenkzeit

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© APA/Schlager

Die Bundesregierung wird noch diese Woche über eine allfällige Verlängerung des bis 24. Jänners aufrechten Lockdowns und über die für 18. Jänner geplante Schulöffnung entscheiden. Das sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Dienstagabend im ORF-"Report". Abhängig sei das weitere Vorgehen von einer "sehr präzisen Analyse" der aktuellen Situation in Hinblick auf die nun auch in Österreich aufgetretenen "britischen" Virus-Mutation B.1.1.7 des "chinesischen" Sars-CoV-2 . Das Virus wurde angeblich von Fledermäusen an Gürteltiere weitergegeben und hat sich danach in einer Stadt in China erstmals auf Menschen übertragen.

Problem-Gesundheitsminister

"Wir haben wirklich ein Problem", so der Gesundheitsminister Rudolf Anschober mit Blick auf die neue Variante. Denn man habe jetzt die Situation - "seit einigen Tagen" - "dass in ganz Europa, auf eine alarmierende Art und Weise" die britische Virus-Mutation "drastisch sich in ganz Europa ausbreitet". Der Minister verwies auf Irland: Dieses Land sei knapp vor Weihnachten das beste Land Europas gewesen - "und drei Wochen später hat es die Rekordwerte von ganz Europa". Auch aus der Slowakei habe man "alarmierende Nachrichten". "Ich glaube, das ist die schwierigste Phase in dieser Pandemie in den nächsten Wochen bis Ostern", sagte Anschober.

Bundesregierung sucht Rat

"Deswegen haben wir uns dazu entschieden, als Bundesregierung, jetzt diese Situation sehr, sehr präzise in den nächsten Tagen auch gemeinsam mit Wissenschaftlern (...) zu analysieren." Die vorliegenden Verdachtsergebnisse müssten verifiziert werden - und dann erst werde der Weg nach dem 24. Jänner entschieden. "Also im Lauf der Woche."

Hinsichtlich der Unklarheit, ob die Schulen (wie geplant) ab kommenden Montag wieder in den Präsenzunterricht starten, bat er um Verständnis. Denn es wäre "völlig verantwortungslos, angesichts der Tatsache, dass es möglicherweise auch bei uns zu einer Ausbreitung (der neuen Virus-Variante, Anm.) kommt, sehenden Auges bei alten Plänen zu verharren", so Anschober. "Unsere Verantwortung ist es, die Bürgerinnen und Bürger in Österreich zu schützen. Das hat die höchste Priorität."

Alle negativ, alles gut

Hinsichtlich der Impfung verwies der Minister auf ein neues Dashbord, das auf der Ministeriums-Website abrufbar ist und auf dem der aktuelle Stand der Impfungen aufgelistet ist. Einmal mehr zeigte er sich - trotz aller Kritik am Impfstart - überzeugt davon, "dass wir die Impfungen gut bewältigen werden".

Bei den Corona-Testungen in der Tiroler Gemeinde Jochberg (Bezirk Kitzbühel), in der 17 Verdachtsfällen der britischen Virus-Mutation aufgetreten sind, liegen mittlerweile 100 Testergebnisse vor, alle waren negativ, so Anschober. Die Tests erfolgen freiwillig, die Beteiligung sei seiner Information nach "sehr, sehr gut", sagte der Minister.

Hacker äußert seine Meinung

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sprach sich unterdessen klar für eine Rückkehr in den Präsenzunterricht (wie geplant) am 18. Jänner aus. "Ich bin der Meinung, dass man jedenfalls die Schulen aufsperren kann", sagte er am Dienstagabend in der "ZiB2" des ORF. "Auch wenn wir jetzt sehr genau aufpassen müssen und hinschauen müssen, wie die Weiterentwicklung mit dem B.1.1.7. stattfindet." Trotzdem sei man den Schülern verpflichtet, ihnen wieder "die Schule zu ermöglichen". "Es kann nicht sein, dass wir uns permanent versuchen, in die Erdhöhle zurückziehen", meinte er.

Covid-19-Impfstrategie der Stadt Wien im Rathaus präsentiert | © Jobst/PID

Wien möchte wieder aufsperren

Man müsse die Prozesse der Hygienemaßnahmen wieder "verinnerlichen" - "dass es möglich ist, den Schülern das Lernen zu ermöglichen und bestimmte Bereiche der Wirtschaft zu öffnen". Ab 25. Jänner könnten seiner Meinung nach in Wien bereits wieder kleine Geschäfte oder Dienstleister wie Friseure oder Schuster aufsperren. Auch Sportstätten, Museen oder "ähnliche Einrichtungen" nannte der Stadtrat. Die Covid-19-Impfstrategie der Stadt Wien wurde gestern im Rathaus präsentiert und verspricht eine zügige Durchimpfung in den kommenden Monaten.

Plötzlich differenziert

Gleichzeitig betonte er, ein Öffnen im größeren Stil könne nur über eine Region hinweg erfolgen - etwa was den gesamten Handel oder die Gastronomie betrifft. In Wien alleine alles aufzumachen sei aufgrund der Nähe zu Niederösterreich und angesichts der vielen Pendler nicht sinnvoll, das müsste für die "ganze Ostregion" stattfinden. Grundsätzlich plädierte er für eine "Differenzierung" bei der Betrachtung der Virus-Situation, denn man sehe im Osten Österreichs eine andere Entwicklung als im Westen oder in der Mitte des Landes.

Kommentar: Wer Content auf Social Media produziert und süchtig nach Likes wird, kann sich vorstellen, warum die Regierungsmitglieder eine Pressekonferenz nach der anderen abhalten: sie brauchen die Aufmerksamkeit wie eine Droge. Wer als Bürger im großen Corona-Finale informiert bleiben will, ist neuerdings nicht mehr auf die nächste Pressekonferenz des Gesundheitsministers oder seiner Regierungspartner angewiesen. Österreich wagt seit Dezember keine Einzelgänge mehr und orientiert sich an jene Maßnahmen, die auch in Deutschland zu tragen kommen. Kanzler Kurz macht ziemlich genau das, was die deutsche Kanzlerin Merkel bei ihren Landeschefs durchsetzen kann. Freitesten und Skifahren ausgenommen,

Der Final Countdown für die Corona-Regierung ist eingeläutet. Sie muss nur noch den Impfstoff rasch zur Verfügung stellen und kann sich danach exklusiv mit dem Desaster beschäftigen, das sie in 12 Monaten angerichtet hat: eine lethargisch gewordene, mutlose Gesellschaft wieder wach zu rütteln und neue Arbeit für Corona-Verlierer zu finden, wird zumindest einen Minister erneut zum Glänzen bringen. Wenn dann auch noch die Bühnen des Landes wieder aufsperren dürfen, wird auch die zugehörige Kunstelite zurückkehren und ordentlich austeilen. Im breiten Dialekt natürlich, weil's so authentisch ist.

(APA/red)

Veröffentlicht von
Redaktion

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