Utopische Pläne für Veranstaltungen ab September
Ab September sollen Veranstalter Kontaktdaten erheben, damit bis zu 5.000 Personen eine Veranstaltung im Sitzen in einer Halle, Zelt oder Theater besuchen können. Wem es gelingt 10.000 Stühle ins Freie zu stellen, kann ab sofort damit beginnen, ein Event in dieser Größe zu planen. Ein dafür nötiges Einlasssystem mit Corona-App des Gesundheitsministers müsste unter diesen Voraussetzungen berücksichtigt werden. Die Pläne für Veranstaltungen ab September haben Vizekanzler-Kulturminister-Sportminister Werner Kogler und Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Beisein von Kanzler Kurz in einem Pressestatement am Mittwoch erläutert.
Maßnahmen gegen des Coronavirus
Die Bundesregierung hat nach dem Ministerrat weitere Lockerungen der Maßnahmen gegen des Coronavirus angekündigt. So werden mit 1. September Kultur- und Sportveranstaltungen indoor mit bis zu 5.000 Besuchern, outdoor mit bis zu 10.000 Besuchern möglich sein. Voraussetzung dafür ist, neben einer weiterhin guten Entwicklung der Infektionszahlen, ein Präventionskonzept sowie Tracking.
Letzteres sieht die freiwillige Erstellung von Teilnehmerlisten durch die Veranstalter vor und gilt bereits ab einer Größe von 100 Besuchern. "Es geht um das Festhalten von Kontaktdaten auf freiwilliger Ebene", unterstrich Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Einhaltung geltender Datenschutzbestimmungen. Dieses Kontaktpersonenmanagement soll es ermöglich, "dass überall dort, wo ein Fall ausbricht, das Umfeld und die Kontaktpersonen schnell eruiert werden können". Hier sei jede Stunde wichtig, so Anschober.
Risikofreies Sitzen mit Mindestabstand
Weiterhin sind für die Veranstaltungen zugewiesene Sitzplätze Voraussetzung. "Dort habe ich die Struktur und ist das Risiko ein deutlich reduzierteres", erklärte Anschober. Auch der Mindestabstand ist weiterhin einzuhalten. Zusätzlich sei bei 5.000 beziehungsweise 10.000 Besuchern ein Präventionskonzept zu erarbeiten. "Darin müssen gewisse Grundfragen des Infektionsschutzes geklärt werden, es geht aber bis hin zu Fragen der Zufahrt und des Zugangs", so der Gesundheitsminister.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der auch für die Sport- und Kulturagenden zuständig ist, hob die nun mögliche Planungssicherheit hervor. "Die Veranstalter haben jetzt eine Orientierung, das wird für die meisten eine gute Nachricht sein." Gleichzeitig gab er zu bedenken, dass es "sehr große Lockerungsschritte" seien, die man in Aussicht stellt. "Es sind Freiheiten, die wir uns alle miteinander erarbeitet haben. Wir sollten sorgsam damit umgehen."
Öffnungsschritte für Veranstaltungen ab September
Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte, dass die skizzierten Schritte für Veranstaltungen ab September nur dann umgesetzt werden können, "wenn die Entwicklung weiter eine gute ist". Mit aktuell 474 aktiven Erkrankten stehe man im europäischen Vergleich sehr gut da. "Wir evaluieren die Öffnungsschritte, bisher haben wir neun große hinter uns gebracht", so Anschober. Bis zum heutigen Tag sei es bei keinem der Öffnungsschritte zu einem spürbaren Anstieg der Infektionen im betroffenen Bereich gekommen, "deswegen trauen wir uns den nächsten Schritt zu und wollen zweitens mit dem heutigen Tag eine Planungsperspektive bieten".
Keine Änderungen für Events im Sommer
An den bis Herbst geplanten Lockerungen für Veranstaltungen ändert sich unterdessen nichts: Ab 1. Juli sind indoor 250 und outdoor 500 Personen erlaubt, mit 1. August erhöhen sich diese Zahlen auf 500 beziehungsweise 750. Legt der Veranstalter ein entsprechendes Sicherheitskonzept vor, steigen die mögliche Kapazitäten nochmals auf 1.000 respektive 1.250 Personen.
Halb volle Fußballstadien
Sport-Austria-Präsident Hans Niessl lobte die weiteren Lockerungen als richtig und wichtig. Die von der Bundesregierung verlautbarte Aufhebung der Zuschauerbeschränkungen ab 1. September ermögliche sämtlichen Ligen und Veranstaltungen vom Spitzen- bis zum Breitensport sowie Sponsoren die nötige Planungssicherheit. "So können nun Ligen und Wettbewerbe, indoor wie outdoor, vorbereitet und auch der Nachwuchs- und Breitensport wieder richtig aufgenommen werden. Auch für die Sponsoren des österreichischen Sports ist nun eine Planbarkeit gegeben, was für den Fortbestand der heimischen Sportkultur und damit für den Erhalt vieler Arbeitsplätze von großer Bedeutung ist", erläuterte Niessl.
Konzertveranstalter schauen durch die Finger
Wenig Freude haben Veranstalter von Popkonzerten mit den für Herbst in Aussicht gestellten Veranstaltungslockerungen. "Für uns ist das eine völlige Fehlentscheidung", meinte Ewald Tatar von Barracuda Music, verantwortlich für Konzerte und Festivals wie das Nova Rock. Zentrales Problem sei, dass sich die neuen Möglichkeiten weiterhin nur auf Sitzplatzveranstaltungen beziehen.
"Das gibt für uns keinerlei Planungssicherheit her", bekräftigte Tatar im Gespräch mit der APA. "Es ist ein absoluter Schwachsinn, was man da in unsere Richtung entschieden hat", verwies er auf die Besuchergrenzen von 5.000 indoor respektive 10.000 outdoor, die jeweils zugewiesene Sitzplätze vorfinden müssen. "Außerdem weiß man schon wieder nicht, wie lange das gilt, wir haben ja kein Enddatum gehört."
(APA/red)
Kommentar: Weil die Touristen heuer ausbleiben, keine Großveranstaltungen geplant sind, Fußballschauen im Stadion erlaubt sein wird, und vor der Winterstart eh nichts geht, können die Lockerungen für den Herbst als gut oder schlecht befunden werden – es tangiert niemanden. Das Shaming der Regierung zu ertragen, im Austausch fürs Gestatten von Kulturveranstaltungen, seine Daten hergeben zu "dürfen", Maskensherriffs und Magistratshäuptlingen folgen zu müssen, verbunden mit einem nicht vorhandenem Veranstaltungsprogramm: Das braucht sowieso keiner. 2020 ist längst abgehakt und für Kulturveranstalter abseits der Top-Häuser zur Gänze. Zum Glück dürfen ein paar Tausend Fußballfans ins Stadion gehen: Sie können sich unter Abstandsregeln abreagieren und werden sicher brav sitzen bleiben und sich nicht umarmen, wenn Tore fallen.
Kogler und Anschober halten am Zeitplan ihrer Regierung eisern fest. Erst nach der Wien-Wahl wird es neue Regeln geben und zum Weihnachtsgeschäft hin wieder Normalität. Dafür wird es noch viele ZIB-Beiträge mit Lock-Downs in China und Russland geben müssen, aufs Komma genaue Zahlen aus Brasilien, böser Donald Trump, Lagerhallen voll mit Schutzausrüstung, die man gerne verteilen möchte, und Storys über Infektionen hochrangiger Vize-Chefs. Superstar Christian Drosten oder Corona-Talkqueen Mai Thi Nguyen-Kim werden per Live-Stream zugeschaltet und on demand die zweite Infektionswelle Revue passieren lassen. Infiziert zu sein, ohne krank zu werden. Mehr krank geht nicht.
Utopie und Satire: Die Grünen Politiker hätten nach dem heutigen Ministerrat genau so gut das Gegenteil verkünden können. Dass ab September wieder 20.000 Leute stehend feiern dürfen, wenn sie draussen einen Meter Abstand halten, dass 10.000 in die Stadthalle rein dürfen, wenn ein Sitzplatz dazwischen frei bleibt, dass alle Veranstaltungen, die diese Bedingungen erfüllen, 5.000 Euro zugeschossen bekommen. All das hätte genau so gut geklungen, und wäre genauso reine Utopie geblieben. Wie ein Konzept, dass keine Abnehmer braucht, weil es keine Abnehmer gibt. Ein Kommentar zur Datenkralle erübrigt sich.
Also warum nicht ein bisschen flunkern, ein bissal Theatern, ned ganz die Wahrheit sagen, weil's eh wurscht warad? Es will sowieso keiner die Stones buchen oder den Gabalier. Ist schiach sein wirklich so leiwand? Oder soll die angeschlagene Corona-Fregatte mit aller Macht in den nebeligen Herbst manövriert werden, wo sie pünktlich zur Wien-Wahl wieder aus allen Rohren schießen darf? Für so einen Plan bräuchte es einen Kapitän, aber der lenkt ein größeres Schiff, und sitzt nicht im Schlauchboot mit gelber Warnweste. Das Schinakel der Grünen beginnt sich mit Wasser zu füllen. Nicht weil es Löcher hat, überall antouchiert, oder andere Boote rammt, die einst zusammen mit ihnen zur See fuhren. Die Grüne Yacht wird von oben herab mit einer Gießkanne vollgefüllt. Was macht Grün? Zieht den Stöpsel aus der Badewanne und ihre Wähler mit hinein in den Strudel.
P.S.: Legendäre Bilder wie aus dem Alten Parlament gibt's zum Abschied diesmal umgekehrt. P.P.S.: Unschuldig.