Ballettstudios proben Aufstand gegen ungleiche Behandlung

Privat geführte Tanz- und Ballettstudios bieten seit jeher Unterricht in künstlerischem Tanz für Kinder und Erwachsene. Es sind Orte, an denen von frühestem Kindesalter an Bewegung künstlerisch umgesetzt und Kreativität gelebt werden kann. Und sie ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Österreich.Ballett, Jazzdance, Zeitgenössischer Tanz, Steppen und viele mehr sind seit den Betriebsschließungen ab Mitte März und den damit verbundenen Umsatzeinbußen besonders stark betroffen. Doch während langsam ganz Österreich wieder hochfährt, gibt es für die Tanz- und Ballettstudios noch keine verlässlichen Informationen, wann und unter welchen Auflagen sie den Betrieb wieder aufnehmen dürfen.

Initiative Tanz- und Ballettstudios Wien und Umgebung fordert Rahmenbedingungen für Unterricht

Initiative Tanz- und Ballettstudios Wien und Umgebung fordert Rahmenbedingungen für Unterricht | © Schödl/ortner4DANCE

Tanzstudios wollen wieder unterrichten

Aufgrund der herrschenden Unklarheit haben Nadja Puttner, Choreografin und Inhaberin eines Tanzstudios in Wien Neubau, und Andrea Nagl, Tanzpädagogin und Choreografin, kürzlich die „Initiative Tanz- und Ballettstudios Wien und Umgebung“ ins Leben gerufen, an der sich bereits über 30 Studios beteiligen. Die Initiative wendete sich in einem offenen Brief an die Bundesregierung. "Nach wochenlangen Behördenmarathons, einer Flut von widersprüchlichen Auskünften und einer Odyssee durch den Verordnungsdschungel" zeigen sich die InhaberInnen der Tanz- und Ballettstudios von der österreichischen Bundesregierung tief enttäuscht.

Tanzschulen sind keine Fitnessstudios

Besonders die für die Initiatoren fälschliche Zuordnung von Tanzschulen mit dem Betrieb von Fitnessstudios macht den BetreiberInnen der Tanzstudios schwer zu schaffen: "Wir unterrichten keine Gesellschaftstänze und in der Regel keinen Paartanz und brauchen daher andere Richtlinien. Auch die Auflagen für Fitnessstudios, auf die wir immer wieder verwiesen werden, lassen sich nicht pauschal auf den künstlerischen Tanzunterricht umlegen“, so die Sprecherinnen der Initiative.

Nadja Puttner ist Choreografin und Inhaberin eines Tanzstudios in Wien Neubau

Nadja Puttner ist Choreografin und Inhaberin eines Tanzstudios in Wien Neubau | © Ingrid Chladek

Forderungen an die Regierung

Die Tanz- und Ballettstudios fordern deshalb in ihrem offenen Brief Planungssicherheit in Form eines konkreten Plans zum Hochfahren des Kursbetriebs. Folgende Schritte sind ihrer Meinung nach unabdingbar:

  • Eine Öffnung der Tanz- und Ballettstudios ab 1. Juni unter Befolgung der notwendigen Auflagen. Da der Kursbetrieb voraussichtlich vorerst nur in Kleingruppen möglich sein wird, weisen wir darauf hin, dass wir auf rasche staatliche Unterstützung angewiesen sein werden, um die Fixkosten zu decken. Einzelunterricht ist ab sofort möglich.
  • Wiederherstellung des Normalbetriebes bis September 2020. Sollte das epidemiebedingt nicht möglich sein, ist weitere staatliche Unterstützung notwendig, um Insolvenzen abzuwenden.
  • Im Krisenfall verlässliche und klare Informationen durch die Behörden zur jeweils aktuellen Situation und so eine gewisse Planungssicherheit (der übliche Verweis der zuständigen Stellen auf den Tanzsportverband und die Sport- und Fitnesswirtschaft hilft uns nur begrenzt weiter, da sich unsere Arbeits- und Trainingsbedingungen in wesentlichen Punkten von beidem unterscheiden).
  • Damit verbunden daher eine klare Abgrenzung zu den Gesellschaftstanzschulen und Fitnessstudios: In allen Tanz- und Ballettstudios steht der künstlerische Tanz im Vordergrund, ergänzt durch ein Angebot an tänzerischem Körpertraining. Die Bestimmungen für Fitnessstudios ließen sich nicht direkt auf Tanzstudios umlegen.
Andrea Nagl ist Tanzpädagogin und Choreografin in Wien

Andrea Nagl arbeitet als Tanzpädagogin und Choreografin in Wien | © Markus Wintersberger

  • Praxisbezogene Richtlinien für die Abstands- und Hygieneregelungen betreffend den Unterricht in künstlerischem Tanz, die sich eigenverantwortlich auf die individuellen räumlichen Gegebenheiten der einzelnen Studios umlegen lassen.
  • Anerkennung der Tätigkeit als Kunst, und damit verbunden die Möglichkeit auf Standort- und Projektförderung unabhängig von der jeweiligen Rechtsform. Ihre Arbeit sei im seltensten Fall gewinnorientiert und in höchstem Maße Kulturarbeit in Verbindung mit Pädagogik
  • Steuererleichterungen (vgl. USt-Senkung Gastronomie) und Lohnnebenkostensenkungen für mindestens 1 Jahr.
  • Geringfügig Beschäftigte sollen zu den Fixkosten gezählt werden können.
  • Überbrückungskredite, die auch bei kleineren Einkommen bewilligt werden.
  • Förderungen von ermäßigten Tarifen für von der Corona-Krise Betroffene (Arbeitslose, Alleinerziehende, Selbständige, Kunstschaffende...).
  • Förderung von Tanzunterricht als Gesundheitsvorsorge, eventuell in Form von Gutscheinen (vgl. Gastronomie).
  • Anerkennung von live-online-Unterricht als Krisen-Ersatz für bereits gebuchte Kurse, um Rückzahlungsforderungen in größerem Ausmaß zu verhindern.

Ziel der „Initiative Tanz- und Ballettstudios in Wien und Umgebung“ ist es, dass durch ihr Engagement das Weiterbestehen der von der Corona-Krise schwer gezeichneten Tanz- und Ballettstudios gesichert werden kann.