Wenn dir die eigene Gattin unbemerkt Gift ins Glas mischt und ruhig erklärt, dass du gleich sterben wirst, heißt es erst einmal Ruhe bewahren. So beginnt das Theaterstück "Das letzte Mal" mit Nina Hartmann und Martin Leutgeb in den Hauptrollen, das am 20. März 2024 im Theater Vindobona Premiere feierte. Darin liefern sich die beiden beliebten Bühnenstars ein 90 Minütiges Wortduell, in dem der eine es nicht fassen kann, warum er jetzt sterben muss, und die andere nicht versteht, was so schlimm daran sein soll, den Ehemann umzubringen. Beide werden am Ende recht behalten - mit leichten Vorteilen für die weibliche Rolle.
Emmanuel Robert-Espalieu entfaltet in schonungslos absurden Wortgefechten das Ringen des Paars nach einer Lösung für ihre Eheprobleme. Dabei kommt ihr bisheriges Zusammenleben auf den Seziertisch, wo sie es auseinandernehmen. Kein Thema bleibt unangetastet, vieles unausgesprochen. Martin Leutgeb verkörpert einen faulen Sack, der nurmehr vor dem Fernseher sitzt und seiner Frau keine Beachtung schenkt. Nina Hartmann spielt eine aufreizende Hausfrau und behält in allem was sie sagt recht.
Die Rolle Hartmanns erinnert ein wenig an Al Bundys Frau in der TV-Serie "Eine schrecklich nette Familie". Im Stück von Robert-Espalieu geht es sprachlich etwas rabiater zu. Unflätige Beschimpfungen im Zweipersonen-Stück "Das letzte Mal" kommen höchstens aus dem Mund des Mannes. Er spielt den unwissenden Täter, so liebenswürdig er auch ist. Sie, die Umbringerin, hat die besseren Argumente und legt ihre Karten nüchtern auf den Tisch. Schlau, sexy und diabolisch zugleich macht sie allen weis, sie habe sich was Besseres verdient, als ihren liebenswürdigen, passiv aggressiven Partner, den sie auf die schnelle Tour loswerden möchte.
Es gibt eine längere Pause zu Hälfte des Stücks, in der genug Zeit bleibt, das Theater & Dinner Konzept im Vindobona auszukosten. "Das letzte Mal" ist ein lustiges Stück, das manchmal an die Grenzen geht, aber nicht in die Tiefe stürzt. Das Spiel mit dem Umbringen, die Banalität des Sterbens - all das sieht man genauso bei den "Rosenheim Cops" oder man schaut ins Gloria Theater. Es ist ein Stoff, der zeitlos unterhält und seine Faszination behält.
Vor dem Sterben braucht sich niemand mehr fürchten, auch nicht vor dem umgebracht werden. Wenn's gerecht und human durchgeführt und noch dazu überzeugend dargelegt wird, wie von Nina Hartmann und Martin Leutgeb in ihren Rollen, zählt einzig und alleine die schauspielerische Leistung. Die ließ keine Wünsche offen. Nina Hartmann und Martin Leutgeb machen das Dinner-Table-Stück "Das letzte Mal" zu einem liebenswerten Erlebnis. Für morbiden Humor war Wien immer schon bekannt.
"Das letzte Mal" geht weit über eine schwarze Komödie hinaus. Es ist eine tiefgründige Untersuchung von Liebe, Tod und der menschlichen Natur. Unter der Regie von Hannes Pendl entwickelt sich die Geschichte von Emmanuel Robert-Espalieu zu einem fesselnden Theaterereignis. Nina Hartmann und Martin Leutgeb verkörperten ihre Rollen als Ehepaar mit brillanter Authentizität und beeindruckender Tiefe. Genau das machte die Premiere im Vindobona so sehenswert: Man traut weder dem einen noch dem anderen Schauspieler einen Bühnenmord zu. Obwohl sie wirklich alles gaben, ihr Rollengegenüber und das Publikum anderweitig zu überzeugen. Die Schlusspointe ist bei Dark Humor Theaterstücken der oft alles entscheidende Punkt für ein pass oder fail Urteil:
Die letzte Chance auf Versöhnung ließ man sich entgehen.
(PA/red)
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