Martin Kusej fordert Perspektiven für Theaterarbeit
Die Theatersaison ist in Österreich Anfang März zu Ende gegangen. Am Freitag gab die Regierung Bedingungen bekannt, unter denen die Bühnen die nächste Saison vorbereiten können. Burgtheaterdirektor Martin Kusej lässt im APA-Interview kein gutes Haar an den Vorgaben: "An Theaterarbeit, wie ich sie verstehe, ist nicht zu denken." Unter diesen Auflagen zu arbeiten sei eigentlich "völlig plemplem!"
Kusej zu neuen Kultur-Vorgaben
Die Ankündigungen aus der Pressekonferenz von Vizekanzler Werner Kogler und Staatssekretärin Ulrike Lunacek (beide Grüne) hätten für das Burgtheater nicht die erhoffte Planungssicherheit gebracht, so Kusej. "Ich verstehe, dass auch die Politik die weitere Entwicklung nicht vorhersehen kann. Und es ist klar, dass der Gesundheit anderes untergeordnet werden muss. Aber bei diesen Rahmenbedingungen für die Theaterarbeit von einem Ermöglichen zu sprechen, ist für mich unverständlich", fügte er hinzu.
"Mich als Regisseur haben diese Verlautbarungen der Pressekonferenz erst einmal in ein richtiges Loch gerissen. Denn bei genauerem Betrachten heißt das: Es geht fast gar nichts! An Theaterarbeit, wie ich sie verstehe, ist nicht zu denken. Ich war in den letzten Tagen viel im Austausch mit Theaterkolleginnen und -kollegen, die das nicht anders sehen als ich. Mich haben auch verzweifelte und empörte Stimmen erreicht", führte der Burgtheaterdirektor aus.
Für die erste Probephase ab Mai skizziert Kusej: "Wir können die Zeit nutzen, um Bauproben nachzuholen und mit Leseproben zu beginnen. Solche Proben sind in der ersten Probenphase sinnvoll - aber damit überbrücken wir im Burgtheater gerade mal ein, zwei Wochen. Ich möchte aber in erster Linie als Theatermacher und Künstler sagen, dass die Situation jenseits des 'Machbaren' und
irgendwie 'Organisierbaren' für mich an die Substanz geht."
Die Begegnung mit anderen Menschen "ist in unserer Kunst essenziell. Sowohl in der gemeinsamen Erarbeitung, als auch in der Präsentation. In einem freien, kreativen Prozess kann es keine Limits geben - man schneidet an der Seele unseres Schaffens herum, wenn man auf der Bühne 'Sicherheitsabstand' verordnet", so der Theaterdirektor.
Verständnis für Maßnahmen, aber
"Das ist für mich wirklich irritierend und frustrierend. Ich möchte keinesfalls jammern! Aber ich versuche mit meinem Hausverstand und meiner Erfahrung darauf hinzuweisen, dass man nicht alles einfach über Bord werfen kann, was verschiedene Berufe ausmacht", meinte Kusej weiter. Um Theaterschaffen wieder zu ermöglichen, müssten "nötige Auflagen mit dem Kern der Theaterarbeit kompatibel sein. Wenn das in der jetzigen Situation nicht verantwortbar ist, dann muss man das klar aussprechen. Und wenn das bedeutet, dass bis zum Jahreswechsel gar nichts geht, dann werden
wir damit umgehen."
(APA)