Mit der neuen Ausstellungskooperation Creative Climate Care reagieren das MAK und die Universität für angewandte Kunst Wien auf die bedingt durch die Corona-Krise massiv beschränkten Produktionsbedingungen im Kunst- und Kulturbereich. Vor allem junge KünstlerInnen und Kreative, die in den letzten Jahren ihr Studium abgeschlossen haben, stehen aktuell unter Druck. Die Wiedereröffnung des MAK im Juni 2020 ist zugleich der Startschuss für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Klimawandel und der Umweltkrise. Fünf Pop-Up-Ausstellungen junger Kunst-, Design- und Architekturschaffender sind geplant.
"Können wir die Corona-Pandemie – die erste globale Epidemie seit der Spanischen Grippe – als Zäsur begreifen und für die Wende zu einer besseren Zukunft nützen?" Diesen und vielen anderen Fragen, die sich hauptsächlich mit dem Klimawandel befassen und in dem "Greta" mit keinem Wort erwähnt wird, geht Christoph Thun-Hohenstein, Generaldirektor des MAK, in seinem Grundsatzessay nach. Er zeigt darin die gravierenden Fehlentwicklungen des industriellen und digitalen Kapitalismus auf, und spart nicht mit Fingerzeigen und Vergleichen, die im Einzelnen diskutiert gehören. Anlässlich des Themenschwerpunkts wurde es veröffentlicht und steht nun zur Diskussion.
Christoph Thun-Hohenstein stellt mit Begriffen wie „Klimaharmonie“ und „Klimaschönheit“ positiv besetzte Bilder zur Diskussion, die Kunst und Umwelt unzertrennbar im Mindset verankern sollen. Der MAK-Direktor ermutigt KünstlerInnen und Kreative, mit all ihren Möglichkeiten zur Bewältigung der Klima- und ökologischen Gesamtkrise beizutragen und sich nachdrücklich in die Gestaltung der öko-sozialen Digitalen Moderne einzubringen.
Die Digitale Moderne, in der wir nach Einschätzung des Generaldirektors seit der Einführung des Smartphone 2007 leben, brauche eine neue Avantgarde von bildenden KünstlerInnen, DesignerInnen, ArchitektInnen und anderen Kreativen. Die Jüngsten sind gleichzeitig Absolventen der Angewandten. Im Zeitraum von Juni bis Dezember 2020 steht ihnen die MAK GALERIE als Schauplatz zur Verfügung. Die neue Reihe Creative Climate Care startet mit einem Projekt des Designers Florian Semlitsch. Unter dem Titel Subscribe Climate Care stellt er das Smartphone als Dreh- und Angelpunkt der zunehmend digitalisierten Gesellschaft in den Fokus.
Christoph Thun-Hohenstein hat ein umfangreiches Essay geschrieben, das die Klimakrise mit all seinen Implikationen zum wichtigsten Thema hat. Der Begriff "Klimaschönheit" taucht in vielen verstreuten Absätzen auf und lässt eine recht eindeutige Botschaft erkennen: "Lassen wir uns doch von der Idee, dass das Klima etwas Wunderschönes sein kann, inspirieren und in unserem Handeln beflügeln...[..] Viele KünstlerInnen und Kreative distanzieren sich überhaupt von Schönheit oder vermeiden zumindest den Begriff. Dennoch hat Schönheit nicht nur quer durch die Kunstgeschichte eine bedeutende Rolle gespielt, sondern ist gerade heute wieder brandaktuell. Denn jede Gestalterin und jeder Gestalter weiß: Schönheit vermag uns zu besseren Menschen zu machen – und wir können uns gerade inmitten einer ökologischen Gesamtkrise nicht leisten, auf Idealvorstellungen wie Harmonie und Schönheit zu verzichten", steht in einem Abschnitt.
Eine Leitlinie für den Umgang von Künstlern auf die Klimakrise kann in dieser Phase eine willkommene Orientierung bieten. Mit Schönheit dem Schrecken der Erdzerstörung zu begegnen, ist ein gültiges Konzept und schafft Kontrast zur Wirklichkeit. Schöne Kunst erfordert aber auch herausragendes künstlerisches Handwerk. Als Digital Artists sind technische Skills gefragt, die in der Ausbildung hoch im Kurs stehen, aber schwierig zu beherrschen sind: Programmieren, am Computer designen, Ausstellungstechnik erlernen. Die technische Seite des Handwerks zu meistern, kann eine der größten Hürden in der künstlerischen Entwicklung junger StudentInnen bedeuten. Die Bühnen für Digitale Kunst gibt es längst, werden aber kaum genutzt: Instagram und TikTok könnten jederzeit in Beschlag genommen werden. Das weitläufige Museum als Schauplatz und Taktgeber der "Digitalen Moderne" zu verinnerlichen, ist ein schwieriges Unterfangen.
"Wenn nun effektiver Klima-, Arten- und Ökosystemschutz zur wichtigsten Aufgabe der Menschheit geworden ist, müssen die Innovationspotenziale der Digitalisierung vorrangig dem Schutz von Klima, biologischer Vielfalt sowie gefährdeten Ökosystemen und Ressourcen der Erde zugutekommen", führt Christoph Thun-Hohenstein im Essay an. Auch hier kommt sein Gestaltungswille zum Ausdruck, der nach langem Lock down förmlich übersprudelt. Eine Einheit von Klimapolitik und Kunstschaffen könnte durchaus befruchtende Ergebnisse bringen. Ob das Museum am Stubenring eine erhellende Projektionsfläche sein kann, um Digitale Moderne authentisch zu vermitteln , bleibt vorerst im Dunklen.
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