Ulrike Lunacek (Grüne) habe im Laufe der Woche gemerkt, dass die Unzufriedenheit und Enttäuschung im Kulturbereich trotz ihrer Bemühungen "nicht geringer wurde" und sie "keine positive Wirkung mehr erzielen konnte", sagte sie bei ihrer Rücktrittserklärung am 15. Mai. "Ich mache Platz für jemanden anderen." Wann und mit wem das Kulturstaatssekretariat nachbesetzt wird, ist noch unklar. Laut Lunacek wird es eine "Nachfolgerin" geben, "die in dieser Krisensituation hoffentlich mehr erreichen kann, als mir gelungen ist". Die Grün-Abgeordnete Eva Blimlinger, die den parlamentarischen Kulturausschuss leitet, wird es nach eigenem Bekunden nicht. Sie wolle im Nationalrat bleiben, sagte Blimlinger im Gespräch mit der APA.
Dass die Wahl von Grünen-Chef Werner Kogler beim Kunst- und Kulturstaatssekretariat auf Lunacek gefallen war, kam seinerzeit überraschend. Zwar wurden ihr allerlei Kompetenzen zugeordnet, Kultur und Kunst waren jedoch nicht darunter. Entsprechend fraglos reagierte von Anfang an die Kulturszene, die sich erst einmal ihre Performance anschauen wollte. Dazu kam noch Gegenwind aus den eigenen Reihen. Die vormalige Rektorin der Akademie der Bildenden Künste und heutige Nationalratsabgeordnete Eva Blimlinger war enttäuscht, nicht auserkoren worden zu sein.
Das für sie neue Metier sei eine Herausforderung gewesen: "Es war ein Risiko, dieses Amt zu übernehmen", so Lunacek. "Ich wollte mich mit meiner Erfahrung einsetzen für Künstler und kunstvermittelnde Institutionen in Österreich. Für alle, die mit und für uns das Schöne, Progressive, Aufrüttelnde auslösen. Das, was uns zu wachen Menschen macht. Ich habe dieses Ziel nicht erreicht", sagte Lunacek. "Also mache ich den Platz frei, dass meine Nachfolgerin dieses Ziel weiterverfolgen kann und wir dort hinkommen. Österreich spielt nämlich in der Weltliga des Kunst- und Kulturlebens eine führende Rolle."
Freilich, allzu geschickt stellte sich die bald 63-jährige Niederösterreicherin in ihrer kurzen Amtszeit nicht an. Nie hatte man den Eindruck, dass sich die eigentlich auf Europa- und generell internationale Politik spezialisierte Dolmetscherin in ihrer neuen Aufgabe allzu wohl fühlte. Sechs Wochen nach ihrer Amtsübernahme sei mit der Coronakrise klar geworden, dass es vorerst keine Chance gab, "das ambitionierte Kunst- und Kultur-Regierungsprogramm zu realisieren", so Lunacek., "Die Bewältigung der Covid-19-Krise stand ab sofort im Mittelpunkt, Krisenmodus war angesagt. In dieser Krisensituation, das gestehe ich freimütig, ist mir das, wofür ich mich mit aller Kraft einsetzen wollte, nicht im nötigen Ausmaß gelungen."
Das wäre vermutlich nicht so tragisch gewesen, hätte nicht die Coronakrise eingeschlagen und hätte der von ihr zu betreuende Bereich nicht zu den am stärksten betroffenen Branchen gehört. Ein äußerst unglücklicher Auftritt an der Seite von Vizekanzler Werner Kogler zu möglichen Lockerungen bei Veranstaltungen brachte die Kulturschaffenden endgültig gegen sie auf. "Obwohl wir Konkretes angekündigt und viele Gespräche und Videokonferenzen mit Vertretern unterschiedlicher Bereiche geführt haben, musste ich feststellen, dass ich mit meinen Stärken keine positive Wirkung mehr erzielen konnte, mir keine Chance mehr gegeben wurde", sagte Lunacek zum Abschied.
Sie habe ursprünglich am Freitag gemeinsam mit Werner Kogler und Rudolf Anschober die Öffnungsmöglichkeiten für Veranstaltungen sowie weitere finanzielle Unterstützungen für Kunst- und Kulturschaffende bekanntgeben wollen. Nun habe sie nur noch drei Wünsche:
Lunacek sprach auch davon, dass sie als Zuschauerin möglicherweise künftig auch Kabarettprogramme von Stermann und Grissemann sowie von Lukas Resetarits besuchen werde. Sie werde dann schauen, ob sie "an deren Programmen genauso viel Kritik finde wie sie an meinem".
(APA/red)
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