Das Salzburger Festspielprogramm 2020 fällt trotz Coronakrise deutlich umfangreicher aus als von vielen erwartet: Zwei Opern, drei Theaterproduktionen und 53 Konzerte sowie etliche Rahmenveranstaltungen werden von 1. bis 30. August stattfinden. Im Musiktheater werden Richard Strauss' "Elektra" und überraschend auch eine Neuproduktion von Wolfgang Amadeus Mozarts "Cosi fan tutte" auf die Bühne gebracht.
Die neue "Cosi" wird von Christof Loy inszeniert, Joana Mallwitz dirigiert die Wiener Philharmoniker, Marianne Crebassa singt die Dorabella. Premiere ist am 2. August im Großen Festspielhaus. Im Schauspiel gibt es zwei Uraufführungen, und zwar Peter Handkes "Zdenek Adamec" und "Everywoman" von Milo Rau und Ursina Lardi. Dazu natürlich der "Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal, mit dem vor 100 Jahren die Salzburger Festspiele aus der Taufe gehoben wurden.
In Summe gibt es 110 Aufführungen an 30 Festspieltagen von 1. bis 30. August. Acht verschiedene Spielstätten finden sich im Programm, das Intendant Markus Hinterhäuser und Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler am Dienstagmittag vorstellten. Der kaufmännische Geschäftsführer Lukas Crepaz stellte ein umfangreiches Sicherheitskonzept angesichts der Coronakrise vor.
Eröffnet werden die Jubiläumsfestspiele zum 100. Geburtstag der Salzburger Festspiele am 1. August mit "Elektra" in der Felsenreitschule (Regie: Krzysztof Warlikowski, Dirigent: Franz Welser-Möst) und dem "Jedermann" auf dem Domplatz.
"Es ist Neues dabei und eine Zusammenfassung von dem, was wir für heuer geplant hatten", umriss Intendant Hinterhäuser das Programm 2.0 für die Salzburger Festspiele 2020. Sowohl im Schauspiel als auch in der Oper würden aber die Produktionen, die heuer Corona-bedingt ausfallen, im kommenden Jahr nachgeholt, ergänzte Präsidentin Rabl-Stadler.
Das Jubiläum zum 100-jährigen Bestand des Festivals beginne deshalb heuer am 25. Juli mit der Eröffnung der Landesausstellung "Großes Welttheater - 100 Jahre Salzburger Festspiele" und dauere bis einschließlich 31. August 2021. Für heuer werden nun lediglich 80.000 Karten aufgelegt - ursprünglich waren es 230.000, von denen 180.000 bereits vor dem Lockdown verkauft waren -, sagte Rabl-Stadler.
Aus dem Opernprogramm habe man die "Elektra" retten können, weil es ein Stück mit überschaubarer Dauer und überschaubarem Personaleinsatz sei, das ohne Pause aufgeführt werden könne, begründete Hinterhäuser. Und auf Mozart habe man im Jubiläumsjahr auf keinen Fall verzichten wollen. Die beiden für heuer angesetzten Produktionen - "Don Giovanni" und "Die Zauberflöte" - hätte man aber nach den Covid-19-Verzögerungen bis Sommer nicht mehr fertigstellen können. Die Idee zu "Cosi fan tutte" sei sehr spontan entstanden, und sie werde "mit sehr reduzierter Probezeit, einem sehr reduzierten Bühnenbild und mit überschaubaren Kostümen ausgestattet" auf die Bühne gebracht. Ihr Charakter stehe in Beziehung zu dem, "was wir in den letzten Wochen erlebt haben. Es wird aber keine Covid fan tutte", so der Intendant.
Die beiden Schauspiel-Uraufführungen können ebenfalls heuer gezeigt werden, Peter Handkes "Zdenek Adamec" und "Everywoman" von Milo Rau und Ursina Lardi, ein Ein-Personen-Stück. Und dann natürlich Hugo von Hofmannsthals "Jedermann", der heuer gleich 14 Mal gezeigt wird, darunter der Jubiläums-"Jedermann" am 22. August. Und Rabl-Stadler kündigte auch ein Zuckerl an: Eine der Aufführungen würden die Festspiele heuer den Salzburgerinnen und Salzburgern schenken, welche stehe aber noch nicht fest.
Im Konzertprogramm finden sich vier Konzerte der Wiener Philharmoniker, die "Berliner" werden ihre üblichen zwei Auftritte zum Ausklang des Festivals absolvieren, weitere Gastorchester sind das West Eastern Divan Orchestra und das Radio-Symphonieorchester Wien. Während das Beethoven-Jahr vielerorts der Pandemie zum Opfer fiel, wird das für Salzburg ursprünglich geplante Vorhaben auch umgesetzt: der Beethoven-Zyklus, bei dem Igor Levit an acht Abenden alle 32 Klaviersonaten des Komponisten spielen wird.
Darüber hinaus gibt es Kammer- und Solistenkonzerte, Liederabende, die Reihe "Canto Lirico" mit den klingendsten Namen der Opernwelt - von Anna Netrebko bis Juan Diego Florez - und Mozart Matineen. Mit "1.000 Kraniche" und "Hau drauf!" wird auch ein Teil des Kinderprogrammes umgesetzt. Zieht man das Kinderprogramm und andere Rahmenveranstaltungen ab, verbleiben 94 konventionelle Aufführungen, so Rabl-Stadler.
"Wir wissen, es ist ein Gang auf dünnem Eis", meine Hinterhäuser im Hinblick auf die Pandemie. "Aber die Sehnsucht nach Aufführungen ist übergroß geworden, auch die Freude darüber." Denn ein Live-Stream entbehre jeder Aura. "Es war aber sehr schmerzhaft, wenn ich Künstlern absagen musste, und deshalb habe ich versucht, so viele wie möglich doch nach Salzburg zu bringen."
Der kaufmännische Direktor Crepaz erläuterte das Präventionskonzept der Festspiele. Dieses sieht eine grundsätzliche Maskenpflicht abgesehen während der Aufführungen statt. Beim Zutritt wird es eine Publikumslenkung analog zum Boarding am Flughafen geben, es werden also beispielsweise anfangs nur die Besucher auf den mittleren Plätzen eingelassen. Jede Festspielkarte wird personalisiert, wobei man seine Identität auch nachweisen muss. Dies diene dem Contact-Tracing im Falle einer Infektion und sei datenschutzrechtlich zulässig, so Crepaz. Zudem werden die Plätze grundsätzlich nur im Schachbrett-Muster belegt, das heißt, dass auch zwischen Familienmitgliedern der Abstand gewahrt bleiben muss.
Weiters wird es keine Pausen und keine Bewirtung geben, weil gerade in den Pausen das Einhalten des Sicherheitsabstandes nicht gewährleistet werden könne. Und die Künstler werden in drei verschiedene Gruppen - rot, orange und gelb - eingeteilt. Rot betrifft jene Künstler, bei denen ein Sicherheitsabstand von einem Meter nicht eingehalten werden kann, darunter zählen auch die Orchestermusiker im Orchestergraben. Sie müssen noch am Wohnort einen Coronatest machen, der dann einmal pro Woche erneuert wird. Außerdem müssen sie ein Gesundheitstagebuch führen.
Karten für den Sommer können derzeit noch nicht erworben werden. Derzeit werden die 180.000 abgesetzten Tickets rückabgewickelt. Danach würden diesen Besuchern vergleichbare Karten angeboten. Der Rest geht schließlich in den freien Verkauf.
Crepaz bezifferte den bisherigen Schaden durch Corona mit rund 16 Millionen Euro, "den wir aber durch konsequentes Sparen auffangen konnten". Das Budget 2020 wird statt der ursprünglichen 68,8 Mio. Euro nun höchstens 41,6 Mio. Euro ausmachen.
Rabl-Stadler sagte zuvor schon, dass Corona allen einen Strich durch die Rechnung gemacht habe. "Wir werden 2020 ein sehr schönes, aber doch ein deutlich kleineres Jubiläumsprogramm als ursprünglich publiziert präsentieren. Aber wir werden möglichst alles, was für dieses Jahr vorgesehen wurde, 2021 auf die Bühne bringen." Man habe sich dazu entschlossen, das 100-Jahr-Jubiläum von der Eröffnung der Landesausstellung am 26. Juli 2020 bis zum 31. August des kommenden Jahres, also 2021, zu feiern.
(APA/red)
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