St. Leopold Friedenspreis 2020 erging per Videobotschaft
Der mit 12.000 Euro dotierte internationale St. Leopold Friedenspreis 2020 des Stiftes Klosterneuburg zeichnet Kunstwerke aus, die sich kritisch mit humanen und gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzen. Alle zwei Jahre wird der zu einem vorgegebenen Thema, das zumeist der Bibel entnommen wurde, vergeben. 2020 war das: "Rette mich Gott, denn das Wasser geht mir bis zur Kehle! Ich bin versunken im Schlamm des Abgrunds und habe keinen Halt mehr (Psalm 69,2)". Der internationale Kunstpreis des Stiftes Klosterneuburg wurde heuer an fern lebende Künstler verliehen. Alle drei Preisträgerinnen hätten eine weite Anreise gehabt, die aufgrund der Covid-19 Situation, nicht durchführbar war. Deshalb wurde eine virtuelle Vergabe des "St. Leopold Friedenspreis 2020" durch den Kustos des Stiftes Wolfgang Christian Huberen gestaltet.
Die Preisträgerinnen
- Den Hauptpreis erhält die in Lütjenburg in Schleswig-Holstein wirkende Künstlerin Petra Weifenbach für ihre Arbeit »Holland in Not«. Die Künstlerin spielt in ihrem Werk mit der heilen Welt der gewohnt idyllischen Landschaftsdarstellung.
- Beide Anerkennungspreise gehen in die Niederlande und beide betreffen emotional anrührende und technisch ausgefeilte Textilkunstwerke: Gea van Eck aus Utrecht und ihre Figuren einer toten Frau mit ihrem Baby mit dem Titel »Angespült«.
- Jenny Ymker aus Tilburg webt Gobelins in der klassischen Technik. Das ausgezeichnete Werk hat den Titel »Meine Füße können nicht mehr«.
St. Leopold Friedenspreis 2020
"Es war bereits alles vorbereitet, doch dann kamen die Covid-19 Reisewarnungen und machten der Preisverleihung, die normalerweise im Rahmen eines würdigen Festaktes erfolgt, einen Strich durch die Rechnung“, so Wolfgang Christian Huber, Kustos des Stiftes. Die Fachjury hatte aus allen 255 eingereichten Arbeiten 27 Werke ausgewählt und in einem zweiten Schritt daraus die Gewinnerinnen nominiert. Bereits seit April präsentiert sich das Stift Klosterneuburg immer öfters per Video auf Youtube, um mit Gläubigen und Besuchern in Kontakt zu bleiben.
Hintergrund Informationen zu den Künstlerinnen
Hauptpreis: Petra Weifenbach – "Holland in Not"
Den Hauptpreis erhält die in Lütjenburg in Schleswig-Holstein wirkende Künstlerin Petra Weifenbach für ihre Arbeit „Holland in Not“. Petra Weifenbach arbeitet in den unterschiedlichsten Techniken: Stickerei, Keramik, Fotografie, Malerei und Zeichnung. In ihren Werken kombiniert sie gerne Motive und Elemente, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben und obwohl sie oft ernste Themen behandelt, ist ihre Kunst durchaus mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Die Künstlerin, die in Braunschweig studiert und lange in Köln gelebt hat, reagiert rasch auf aktuelle Entwicklungen unserer Gesellschaft und verarbeitet sie in ihren Werken: So gab es im Sommer als Antwort auf die Corona-Krise bereits eine Ausstellung von Fotoarbeiten mit dem Titel „Mangel“.
Bei „Holland in Not“ bestach in den Augen der Jury vor allem die Tatsache, dass in dieser Arbeit in virtuoser Weise mit mehreren Ebenen der Verfremdung gearbeitet wird, ohne dass die Aussage dadurch verunklärt oder verwässert wird. „Holland in Not“ erschließt sich auch dem nicht vorgebildeten Betrachter, wenn auch erst bei genauerem Hinsehen. Auf den ersten Blick ist noch alles in Ordnung. Zwei Zierkacheln im klassischen Blau-weiß der Delfter Fayence hängen an der Wand. Doch dann sind diese viel größer als man es gewohnt ist, sie sind nur aus Papier und deswegen federleicht und sie spielen mit der heilen Welt der gewohnt idyllischen Landschaftsdarstellung in perfekter Umsetzung des vorgegebenes Themas aus Psalm 69, denn der holländischen Windmühle steht das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Was sich als heimelig- dekoratives Accessoire für die Landhausküche tarnt, entpuppt sich als bitterer Kommentar auf den Klimawandel. Das Drama des steigenden Meeresspiegels bedroht nicht nur indigene Völker in fernen Erdteilen sondern findet in unserer nächsten Nachbarschaft statt
Die Anerkennungspreise
Gea van Eck – "Angespült"
Gea van Eck aus Utrecht arbeitet bevorzugt mit dem Material Filz. Sie formt daraus Skulpturen, manche davon witzig, manche ziemlich respektlos mit unverhohlenen erotischen Anspielungen, und manche, die mit ihrem schonungslosen Realismus ein gewisses Grausen auslösen. Das preisgekrönte Werk ist vor allem von dem weltbekannten Pressefoto eines ertrunkenen syrischen Flüchtlingskinds inspiriert. Die Figur einer toten Frau mit ihrem Baby mit dem Titel „Angespült“ hat bereits viele Besucher*innen unserer Ausstellung „was leid tut“ berührt, bewegt, vielleicht auch verstört. Gleichgültig kann man an dem Werk, das nach dem Willen der Künstlerin auf dem nackten Steinboden liegt, wohl kaum vorübergehen.
Jenny Ymker – "Meine Füße können nicht mehr"
Jenny Ymker aus Tilburg webt Gobelins in der klassischen Technik, die aber sowohl optisch als auch inhaltlich mit ihren historischen Vorbildern gar nichts zu tun haben. Grundlage aller ihrer Arbeiten sind Fotos, in denen sie selbst in einer Rolle auftritt, die aus einem persönlichen Erlebnis entspringt. Das Werk mit dem Titel "Meine Füße können nicht mehr“ ist von ihrer Arbeit als Altenpflegerin inspiriert. Eine Frau bleibt beim Spazierengehen stehen, sie möchte weiter, doch sie kann es nicht mehr, ihre Füße verweigern den Dienst, Gehirn und Körper kommunizieren nicht mehr miteinander. Der nächste Schritt wird zum unüberwindlichen Hindernis. Herr, komm mir zur Hilfe, meine Füße können nicht mehr! „Ich wollte, dass meine Arbeit nicht nur die Trauer und Verzweiflung ausstrahlt, sondern sehr wohl auch die Kraft, dennoch, vielleicht mit Hilfe, weiter zu gehen, auch wenn sich vor einem vielleicht ein hoher Berg auftut."
(PA/red)