Kultur

Verbotene Bravorufe für "Madama Butterfly" in der Oper

© Michael Pöhn

Der Startschuss ist geglückt: Mit Giacomo Puccinis "Madama Butterfly" in der 2005 entstandenen Inszenierung von Anthony Minghella hat die Wiener Staatsoper am Montagabend nicht nur die neue Saison eingeläutet, sondern auch die Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach der Coronasperre im Frühjahr. Der 7. September markierte gleichzeitig den sichtbaren Beginn der neuen Direktion von Bogdan Roscic. Die Wiederaufnahme der New Yorker Met-Inszenierung von Anthony Minghella brachte zum Vorschein, dass kein Live-Stream der Welt das Erlebnis "Gesamtkunstwerk" jemals veranschaulichen kann. Egal wie gut es gelingt und was die "Kritik" am Ende sagt – nur auf einer Bühne von Weltformat kann dies überhaupt gelingen.

Asmik Grigorian gibt in Puccini-Oper Debüt an der Staatsoper in Wien | © Michael Pöhn

Niemand hört auf Direktor Roscic

Räuspern und Husten, schmachtendes Seufzen nach einer gelungen Arie, Zwischenapplaus wenn es nicht passend ist – auch davon lebt die Oper. Des neuen Direktors Empfehlung vor einigen Tagen, doch aus Coronaprävention auf Bravorufe zu verzichten, wurde am Abend großflächig ignoriert. Schuld daran hatte allen voran wurde Asmik Grigorian bei ihrem Einstand im Haus am Ring für ihre reife Interpretation der Titelpartie gefeiert. Auch das neue Ensemblemitglied Freddie De Tommaso lieferte als ebenso sorg- wie ruchloser Pinkerton einen formidablen Aufschlag für seine Zeit an der Staatsoper.

Meinung: Keine schlechte Madama Butterfly Kritik trotz der Vorbehalte des Kulturestablishments, dem der neue Direktor etwas zu frech auftritt, und das verhaltenen Applaus bestimmt als Niederlage ausgelegt hätte. Das Publikum in der Staatsoper hat mit tosendem Applaus alle Berufskritiker ausgebremst und Direktor Roscic den Rücken gestärkt, dieses Haus "Offen" zu halten.

Klassische Inszenierung neu aufgefrischt

Der neue Musikdirektor Philippe Jordan führte das Staatsopernorchester indes bei seinem ersten Auftritt in neuer Funktion durchaus pathosaffin durch den Abend, was sich hervorragend mit der Inszenierung des 2008 verstorbenen Hollywoodregisseurs Minghella ("Der englische Patient") deckte, die ursprünglich in London Premiere gefeiert hatte und für Wien nun von Minghellas Witwe Carolyn Choa aufgefrischt wurde. Poetische Bilder und minimalistische Farbräume stehen hier neben kitschbejahendem Blumenregen.

"Madama Butterfly" in einer Inszenierung von Anthony Minghella | © Michael Pöhn

Gute Kritiken für "Madama Butterfly"

Alles in allem also ein Neustart am Ring mit hohem Schauwert und großartiger Besetzung. Dabei markierte die "Madama Butterfly" den Auftakt zu einem Reigen aus szenischen Premieren, erfolgreichen Inszenierungen und Wiederaufnahmen von Klassikern aus dem Staatsopernrepertoire. Insgesamt zehn Opern- sowie zwei Ballettpremieren sind so für die Spielzeit 2020/21 vorgesehen. Bereits am 8. September folgt die Wiederaufnahme der "Elektra"-Inszenierung Harry Kupfer, der leider mittlerweile verstorbenen ist.

Asmik Grigorian als "Madama Butterfly" an der Wiener Staatsoper | © Michael Pöhn

Wiener Staatsoper sichtbar "offen"

Seit der Eröffnung mit der Vorführung von "Madama Butterfly" prangt auf der Fassade der Wiener Staatsoper eine temporäre Lichtinstallation, die hell erleuchtet den Standpunkt des Hauses wiedergibt: "Wir haben offen!". Sie war ursprünglich als visuelles Zeichen zum Beginn der neuen Saison gedacht, hat aber aufgrund der durch Corona bedingten monatelangen Schließzeit eine höhere Bedeutung erhalten. Man hat nicht nur "offen", sondern man ist "offen". Auch für den Jubel des Publikums, das die tollen Madama Butterfly Kritiken im Feuilleton faktisch erzwang.

Temporäre Lichtinstallation mit Schriftzug "Offen" auf der Fassade der Wiener Staatsoper | © Michael Pöhn

(APA/red)

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Redaktion

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