Einige Mitarbeiter der WKStA haben eine "Presse"-Journalistin nach einem kritischen Artikel wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beleidigung einer Behörde anzeigt. Die StA Wien sah keinen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt und ließ die Kollegen abblitzen. In ihrer Entscheidung verweist die Staatsanwaltschaft auf das Recht der freien Meinungsäußerung. Die WKStA-Medienstelle zeigte gewisses Verständnis für "Unverständnis", verwies aber auf fehlende Möglichkeit zur Stellungnahme. Die Anzeige gegen die "Presse"-Journalistin wird daher nicht verhandelt.
Laut der mit 15. Jänner datierten Veröffentlichung der Staatsanwaltschaft Wien glaubten sich mehrere Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der Korruptionsstaatsanwaltschaft durch einen Artikel in der "Presse" beleidigt. Darin wird vor dem Hintergrund des Tauziehens um die Vorlage des Ibiza-Videos an den Untersuchungsausschuss eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) erläutert, laut der die Staatsanwaltschaften nur tatsächlich ermittlungsrelevante Fakten zum Akt nehmen dürfen. Titel: "Weniger intimes darf zu den Akten". Unter Verweis auf eine Stellungnahme des früheren OGH-Präsidenten Eckart Ratz heißt es im Artikel, dass die Praxis mancher Staatsanwälte, bei Hausdurchsuchungen einfach alles mitzunehmen, um darin nachträglich Verfängliches zu suchen, abgestellt werden müsse.
Weil sich im Artikel vom November 2020 auch der Vorwurf findet, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hätte bei den Casinos-Ermittlungen Informationen zu den Akten genommen, die mit den strafrechtlichen Vorwürfen wenig zu tun gehabt hätten - etwa Informationen zur sexuellen Orientierung eines Beschuldigten - glaubten sich die Ermittler verleumdet und beleidigt. Sie verwiesen darauf, dass sich im Akt kein Auswertungsergebnis zur sexuellen Orientierung eines Beschuldigten finde und zeigten die Verfasserin, Wochenende berichteten.
Die Staatsanwaltschaft Wien sah in dem Artikel aber weder Verleumdung, noch üble Nachrede oder Beleidigung der Behörde und legte die Anzeige zurück. Begründet wird das u.a. damit, dass der von den Kollegen geortete Vorwurf der Verletzung von Amts- oder Standespflichten im Artikel gar nicht erhoben wird. "Bei einer am Recht der freien Meinungsäußerung nach Art 10 MRK orientierten Betrachtung erfüllt der in Rede stehende Artikel sohin keinen strafrechtlichen Tatbestand", schreibt die Staatsanwaltschaft Wien.
Die Medienstelle der WKStA nannte es in einer schriftlichen Stellungnahme "nachvollziehbar", dass "die Wahl des Mittels, mit dem sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegen unrichtige und ihrer Ansicht nach ehrenrührige Vorwürfe betreffend ihre Dienstpflichterfüllung wehrten, als nicht adäquat angesehen wird und nun zu entsprechendem Unverständnis geführt hat". Und stellte klar, dass "das Vorgehen keinesfalls als Mittel gegen jegliche Art von Kritik gemeint, sondern in den besonderen Umständen dieses Falles lag".
Diese Umständen waren laut der Stellungnahme, dass die WKStA-Mitarbeiter den Eindruck hatten, ihnen würde mit dem "Presse"-Artikel unterstellt, die Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte missachtet zu haben. Und weder ihnen noch der WKStA als Dienstgeber sei "leider" die Möglichkeit zur Stellungnahme zu Klarstellung der WKStA-Medienstelle habe keinen Niederschlag in der "Presse" gefunden.
Ausdrücklich unterstrichen wird in der Stellungnahme, dass "die Pressefreiheit ein hohes Gut und als Stütze unserer demokratischen Gesellschaft zentral ist". Verantwortungsvolle Berichterstattung erfülle eine wichtige Aufgabe in der Demokratie, Journalisten "sollen die ihnen zukommende Funktion als objektiver 'Public Watchdog' stets wahrnehmen können. Das umfasst auch etwaige Kritik an staatlichen Institutionen, dort wo die entsprechenden Umstände dazu vorliegen." Auch die Staatsanwälte verstünden sich dem demokratischen Rechtsstaat sowie der Wahrung der Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte verpflichtet.
In der (beifügten) Stellungnahme zu dem "Presse"-Artikel hatte die Pressestelle festgehalten, dass die WKStA "im Sinne der Strafprozessordnung ausschließlich Beweismittel zum Ermittlungsakt nimmt soweit sie den zu klärenden Tatverdacht betreffen. Nicht Verfahrensrelevantes aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich von Verfahrensbeteiligten in der Casinos-Causa hat die WKStA ebenso wenig zum Ermittlungsakt genommen wie eine Liste verdeckter Ermittler im BVT-Verfahren." Die WKStA sei sich der besonderen Sensibilität der Auswertungen und Aktenführung bewusst, wie man an den Schwärzungen der zum Ermittlungsakt genommenen Transkripte des Ibiza-Videos sehe.
(APA/red)
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