Vergangene Woche sind beim Presserat mehr als 1.500 Beschwerden aufgrund der Berichterstattung zum Terroranschlag in Wien eingelangt. "Ein absoluter Negativrekord", stellte Geschäftsführer Alexander Warzilek in einer Aussendung am Freitag fest. Denn zu keinem anderen Thema habe es in der Geschichte des Österreichischen Presserats eine derart hohe Anzahl an Beschwerden gegeben. Eine Entscheidung des zuständigen Senats 2 wird Mitte Dezember erwartet.
Der Großteil der Beschwerden bezieht sich demnach auf die Veröffentlichung von Video- und Bildmaterial, auf dem zu sehen ist, wie ein Opfer erschossen bzw. ein Polizist niedergeschossen wird. Sie betreffen zwei der größten Medienhäuser des Landes. Aber auch die Veröffentlichung von Bildern, auf denen Blutlachen am Tatort zu sehen sind, die Verbreitung von Gerüchten und falschen Informationen, die Gefährdung des laufenden Polizeieinsatzes durch rasches Hochladen von Video- und Bildmaterial, die Veröffentlichung von Bildern, auf denen flüchtende Passanten zu sehen sind sowie identifizierende Berichte und Bildveröffentlichungen vom Attentäter sowie von Polizisten wurde von Lesern beanstandet.
Diskussionen gab es auch um “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk. Er hatte in der Nacht zahlreiche Tweets abgesetzt, unter anderem zu einer angeblichen Geiselnahme. Für diesen Tweet entschuldigte er sich danach. Als er Details zur Biografie des Täters twitterte, gab es erneut kritische Reaktionen. Danach wählte Klenk unchristliche Worte für den verstorbenen Attentäter, was feinfühlige Menschen abermals verstört hat. Zahlreiche Kollegen haben dem Twitter-Journalisten mittlerweile bescheinigt, nichts falsch gemacht zu haben.
Einige Unternehmenssprecher und Twitter-Admins verkündigten im ersten Schock, keine Werbung mehr in den hauptbetroffenen Medien schalten zu wollen. Wie es scheint, hat ein Konzern seine MarketingleiterInnen wieder zurück gepfiffen, und schaltet nun doch wieder Anzeigen entgegen anders lautender Berichte.
Alle Meldungen werden dem Senat 2 des Presserats vorgelegt. Dieser entscheidet in einer Sondersitzung am 19. November, ob bzw. in welchen Fällen ein Verfahren eingeleitet wird, hieß es in der Aussendung. "Wir rechnen dann Mitte Dezember mit einer Entscheidung", kündigte Andreas Koller, Sprecher des Senats 2, an. "Die große Anzahl der Beschwerden zu der schrecklichen Terrorattacke zeigt jedenfalls auch, wie groß das Bedürfnis nach medienethischen Standards in der Berichterstattung ist", so Koller.
(APA/red)
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