Obwohl der Konsum von klassischen Fernsehangeboten international betrachtet abnimmt, zeigt sich in Österreich ein andere Situation: Hierzulande wurde in den letzten Jahren immer mehr ferngesehen. Demnach stieg die Fernseh-Nutzungszeit von 161 Minuten im Jahr 2015 auf durchschnittlich 180 Minuten im Jahr 2018. Weitere interessante Zahlen und Fakten zum Thema Bewegtbildkonsum in Österreich wurden bei der Pressekonferenz von Screenforce Österreich (Gattungsinitiative der TV-Vermarkter für Fernsehen und Bewegtbild im DACH-Raum) präsentiert.
Immer mehr Streaming-Anbieter drängen auf den Bewegbild-Markt und präsentieren sich mit umfassenden Programmangeboten. Abo-Dienste von Netflix, Amazon, Disney, Apple, Dazn usw. locken mit Kampfreisen um die Gunst der TV-Seher und nagen am Werbekuchen von Content Anbietern auf den klassischen Fernseh-Distributionsplattformen. Deren Nutzungsanteil ist jedoch weniger hoch, als man vermuten könnte. Lediglich 13 Prozent (23 Minuten) entfallen auf Streaming-Kanäle. Sie punkten besonders im fiktionalen Unterhaltungssegment durch werbefreie Filme und Serien. Inhalte auf YouTube und Facebook fallen aber ebenso ins Gewicht.
Momentan sind die großen klassischen TV-Anstalten im deutschsprachigen Raum der international agierenden Streaming-Konkurrenz noch um Nasenlängen voraus. Eine diesbezügliche Bewegtbildstudie von GfK im Auftrag von AGTT und RTR Austria bescheinigt klassischem Fernsehen (inklusive Sender-Mediatheken) eine Wochenreichweite von knapp 100 Prozent in jeder Altersgruppe. Insgesamt konsumieren die Österreicher täglich 219 Minuten Bewegtbildinhalte. 85 Prozent davon entfallen in der Gesamtbevölkerung (P14+) auf klassisches Fernsehen (linear und nichtlinear). In der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen liegt der Anteil sonstiger Video-Anbieter immerhin schon bei 36 Prozent.
Die Gattungsinitiative der österreichischen TV-Vermarkter ATV, IP Österreich, ORF, ORF-Enterprise, Goldbach Austria, ProSiebenSat.1 Puls 4 und Servus TV ist die Überbewertung der Streaming-Inhalte jedenfalls ein Dorn im Auge. ORF-Enterprise-CEO Oliver Böhm brachte das Manko der bestehenden Streaminganbieter auf den Punkt: „Sie bieten keinen Journalismus, keine Nachrichten und keinen Österreichbezug. Sie sind keine Alternative zum Fernsehen, sondern maximal eine Ergänzung im Special-Interest-Segment“. Auch der Chief Commercial Officer von ProSiebenSat.1 Puls 4, Michael Stix, rieb sich an der Konkurrenz: „Es ist fahrlässig zu sagen, die jungen Menschen würden nicht mehr fernsehen“.
Inwieweit ein fernsehender User in Zukunft überhaupt noch entscheiden kann und möchte, ob es sich um ein klassisches Fernsehangebot oder einen Stream handelt, scheint aufklärungsbedürftig. Screenforce-Geschäftsführer Martin Krapf kündigte an, eine sehr umfassende Studie aufzusetzen, in der es um die Wirkung und Rezeption von Bewegtbildwerbung auf den unterschiedlichen Plattformen und Screens geht. „Im Fokus steht der Vergleich von linear-stationärem TV und Broadcast-Content auf mobilen Devices mit YouTube, Facebook und Instagram“, so Krapf.
Walter Zinggl (IP Österreich), Obmann der Arbeitsgemeinschaft Teletest (Agtt) sieht großen Nachbesserungsbedarf im regulativen Bereich. „In Anbetracht der nahezu unregulierten Dominanz der U.S.-Digitalgiganten ist dieser Schulterschluss unter Mitbewerbern die wichtige und richtige Entscheidung, um den Markt gemeinsam vorwärts zu bringen“, erklärte Walter Zinggl zum Abschuss der Pressekonferenz von Screenforce Österreich im APA-Pressezentrum.
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