Deutschland ist Vorreiter gegen Hass im Internet

Wer im Netz Hassbotschaften und schwere Drohungen ausspricht, muss künftig mit härteren Strafen rechnen. Deutschland zeigt vor, dass ein paar Sätze common sense ausreichen, um Drohungen und Beleidigungen im Internet per Gesetz einen Riegel vorzuschieben. Der Bundesrat billigte am Freitag unter anderem ein Gesetz gegen Hass im Internet, das eine Meldepflicht für die Betreiber sozialer Netzwerke vorsieht und Online-Portale, die User-Foren betreiben. Sie müssen bei Hassdelikten das Bundeskriminalamt (BKA) einschalten, damit diese von den Ermittlungsbehörden verfolgt werden können.

Bundeskanzlerin Angel Merkel vor Beginn der Sitzung im Bundesrat in Berlin am 3. Juli 2020

Bundeskanzlerin Angel Merkel vor Beginn der Sitzung im Bundesrat in Berlin am 3. Juli 2020 | © Bundesrat/Steffen Kugler

Zunehmende Verrohung der Kommunikation

Ziel ist es, die Strafverfolgung von Hasskriminalität im Internet zu verbessern. Dort und besonders in den sozialen Medien sei eine zunehmende Verrohung der Kommunikation zu beobachten - dies gefährde die Meinungsfreiheit, die der Staat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen habe, begründet der Bundestag seinen Beschluss.

Kinderpornografie und Hetze gegen Verstorbene

Erfasst sind auch kinderpornografische Inhalte und das Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener. Hintergrund sind die Erfahrungen aus der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke 2019: sie zeigten, wie Hetze im Netz mittlerweile auch in dieser Form ihren Ausdruck findet, heißt es in der Gesetzesbegründung.

Antisemitische Motive für Hass im Internet

Unter dem Tatbestand Bedrohung werden künftig auch die Bedrohung mit einer rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert vom Tatbestand erfasst. Bei der Strafzumessung werden antisemitische Motive eines Täters besonders berücksichtigt.

Sitzung im Deutschen Bundesrat in Berlin

Bundeskanzlerin Angel Merkel spricht im Deutschen Bundesrat | © Bundesrat/Steffen Kugler

Meldepflicht für Betreiber bei Hassverdacht

Unter die Meldepflicht Morddrohungen, Volksverhetzung und Gewaltdarstellungen, die Billigung von Straftaten sowie die Verbreitung von Kinderpornografie. Gemeldet werden müssen zudem die Verbreitung von Propagandamitteln und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie die Unterstützung krimineller und terroristischer Vereinigungen.

Zwei Jahre Gefängnis für Gewaltandrohung im Netz

Strafbar sind der Neuregelung zufolge künftig Drohungen mit Körperverletzung - oder wenn jemand derartige Delikte gutheißt. Darunter fällt es etwa, wenn die Aussage, jemand gehöre "an die Wand gestellt", gebilligt wird. Wer jemanden öffentlich im Netz beleidigt, fällt dies unter "Hass im Internet" und kann künftig mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden, bisher galt ein Jahr.

Öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften getätigte beleidigende Äußerungen können künftig im Höchstmaß mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Der Tatbestand der üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens gilt bis hin zur kommunalen Ebene.

Wohnanschrift von Gefährdeten wird verschleiert

Künftig können zudem Menschen, die von Bedrohungen, Beleidigungen und unbefugten Nachstellungen betroffen sind, leichter eine Auskunftssperre im Melderegister eintragen lassen. Die Behörden müssen künftig berücksichtigen, ob der Betroffene einem Kreis angehört, der sich aufgrund beruflicher oder ehrenamtlicher Tätigkeiten in verstärktem Maße Anfeindungen oder Angriffen ausgesetzt sieht. Bei einer melderechtlichen Auskunftssperre wird bei Kandidaten auf Wahllisten nicht mehr die Wohnanschrift angegeben.

(red)