Hauptschauplatz für “Hass im Netz” bleibt unberührt
Die Online-Foren von heimischen Zeitungen sollen laut Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) vom geplanten Gesetzespaket gegen “Hass im Netz” nicht erfasst werden. “Zeitungsforen werden nicht hineinfallen”, sagte sie zum “Kurier”. Darauf habe man sich mit Justizministerin Alma Zadic (Grüne) geeinigt, so Edtstadler, angesprochen auf Kritik, dass auch Online-Foren von Zeitungen ab 100.000 Nutzern in das Gesetz fallen könnten. Wikipedia hat Bedenken zu Plänen von Alma Zadic und Karoline Edtstadler gegen Hass und Gewalt im Internet
Ihr gehe es “in erster Linie darum, Konzerne mit Milliardenumsätzen, die oft nicht erreichbar sind für Opfer von Hass im Netz, an die Kandare zu nehmen” (wie etwa Facebook, Anm.). Ein Ziel der Initiative ist es ja, dass Online-Plattformen potenziell “rechtswidrige Inhalte” rascher löschen müssen.
Lange Verhandlungen über “Hass im Netz”
Abgeschlossen sind die Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen zu diesem Paket nach wie vor nicht, hieß es am Donnerstagabend auf APA-Anfrage aus Regierungskreisen. Zuletzt war unter anderem eben noch offen, welche Unternehmen von den neuen Regeln zur “Plattformverantwortlichkeit” konkret betroffen sein sollen. Im Gespräch war sowohl eine von Edtstadler angekündigte Nutzergrenze (von 100.000 Usern) als auch ein Anknüpfen am (allenfalls weltweiten) Umsatz der Unternehmen.
Medienhäuser fürchten um Kosten und Klicks
Die Pläne sorgten bei heimischen Medienhäusern für Sorgen, könnten doch größere Moderationspflichten und bürokratischer Aufwand drohen – und hohe Kosten verursachen. So warnte etwa Ernst Swoboda, Geschäftsführer des Krone-eigenen Radiosenders Kronehit am Dienstag dieser Woche im “Standard” vor einem “ungeheuren bürokratischen Aufwand”, was Meldungen, Verfahren und Berichtspflichten bei Posting-Beschwerden betrifft.
Grüne machen sich bei Verlegern beliebt
Laut Verhandlerkreisen dürften vor allem die Grünen auf die Ausnahme der Zeitungsforen gedrängt haben. Wie die Regelung genau ausformuliert werden könnte, ist aber noch offen. Dass die heimischen Zeitungen vom Paket nicht umfasst sein sollen, argumentierte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) schon Anfang August damit, dass bei österreichischen Unternehmen bereits jetzt die Möglichkeit bestehe, einen Unterlassungsanspruch zuzustellen – was bei großen Plattformen nicht gehe.
Regierungspläne schützen Meinungsfreiheit
Grundsätzlich soll das Paket jetzt bald am Tisch liegen, betonte Edtstadler im “Kurier”: “Bei der Plattformverantwortlichkeit haben wir uns weitgehend geeinigt. Den Teil aus der Justiz müssen wir noch unter einen Hut bringen. Alternativ könnten wir Teile aus dem Paket herauslösen, um schneller zu einer Einigung zu kommen.” Aus dem Justizministerium hieß es dazu am Donnerstagabend, in den nächsten Tagen werde es noch weitere Gespräche zur Finalisierung des Paketes geben.
Unbefugtes Fotografieren des Intimbereichs
Tags zuvor berichtete Frauenminister Susanne Raab (ÖVP) berichtet in der “Presse” von einer türkis-grünen Teileinigung auf das Upskirting-Verbot. Bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe droht künftig für unbefugtes Fotografieren des Intimbereichs.
Zuletzt war noch offen, ob schon die bloße Aufnahme oder erst die Veröffentlichung verdeckt aufgenommener Fotos oder Videos etwa “unter den Rock” unter Strafe gestellt wird. Jetzt wurde laut Raab zwischen ÖVP und Grünen vereinbart, dass “bereits das unbefugte, absichtliche Fotografieren oder Filmen ohne Einwilligung einer Person mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe sanktioniert werden” kann.
Kommentar: User, die mit Klarnamen rechtswidrige Inhalte verbreiten, sei es in Online-Foren, in Kommentaren von Nachrichtenartikeln, in Messenger-Gruppen oder auf Sozialen Medien, können längst gerichtlich belangt werden. User, die ihre wahre Identität nicht preisgeben wollen, wie es auch bei Twitter nicht vorgeschrieben ist, oder gar einen Nick verwenden sollen wie bei Instagram, sind bei einer Beanstandung bzw. Klage für Behörden schwer greifbar. Die Personen dahinter auszuforschen, wäre dann die Pflicht der jeweiligen Online-Portale, die die Kommentare von Usern hosten. Weil das unmöglich ist, und ISP aus Prinzip nicht mitspielen, könnte mit dem Anti-“Hass im Netz”-Gesetz die Klarnamenpflicht in Foren durch die Hintertür eingeführt werden.
(APA/red)