Klenk als Belastungszeuge im Ibiza-U-Ausschuss
"Falter"-Chefredakteur Florian Klenk hat am Donnerstag als erste Auskunftsperson dem Ibiza-Untersuchungsausschuss seine Eindrücke des von ihm rund eine Woche vor der Veröffentlichung im Mai 2019 gesehenen Mitschnitts des Ibiza-Videos geschildert. Das Video sah er in den Redaktionsräumen der "Süddeutschen Zeitung", es war rund sieben Stunden lang, wiewohl er die Zeit "nicht gestoppt" habe so Klenk.
Darüber, warum das von der "Soko Tape" beschlagnahmte Video in Summe rund zwölf Stunden lang sein soll, könne er nur "spekulieren", so Klenk. Eine Möglichkeit könnte sein, "dass Material beschlagnahmt wurde, das wir gar nicht gesehen haben".
Falter-Chef plaudert aus dem Nähkästchen
Im Wesentlichen bestehe das Video aus drei Szenen. Die erste beginnt vor dem Haus, dabei machen sich Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus mit der vermeintlichen Oligarchen-Nichte bekannt. In der zweiten werde zu Abend gegessen, die dritte ist dann im Haus, in der unter anderem in den bekannten Szenen über die Vorbereitung von Korruption gesprochen werde. Die Szenen seien aus verschiedenen Kameraperspektiven gefilmt, verschiedene Sequenzen aus verschiedenen Blickwinkeln, so Klenk. Daher könne er auch ausschließen, dass das Video manipuliert oder Szenen verändert wurden. Zum Teil sei die Tonqualität sehr schlecht.
Klenk: "Verlockungen vonseiten der FPÖ"
In seiner Gesamtheit sei es eine "Art von Tanz" um Korruptionshandlungen. "Es ist ein Korruptionstanz." Es gebe rund ein Dutzend Mal Szenen, in denen Strache darauf hinweist, dass alles rechtens sein muss. Auf der anderen Seite gebe es aber auch viele Stellen, an denen Strache Umgehungshandlungen vorschlägt. Am Anfang werden etwa beim Essen vorsichtige Gespräche über Politik geführt. Die Stimmung wechselt, nachdem alle Teilnehmer in einer Szene ihre Handys abgeben. Ab dann werde etwa um die Übernahme der "Kronen Zeitung" gesprochen, so Klenk, der festhielt, dass das Thema nicht von der Oligarchennichte sondern von Strache und Gudenus aufgebracht werde. "Die Verlockungen, die in den Raum gestellt werden, kommen vonseiten der FPÖ", sagte Klenk.
Fähiges Urteil über Vorsatz
Der ÖVP-Fraktionschef im Ausschuss Wolfgang Gerstl wollte von Klenk wissen, warum dieser die Ladung in einem Kommentar als "kurios" bezeichnet habe. Etwa habe er damit den Umstand gemeint, dass eigentlich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft das Video längst bekommen hätte sollen, so Klenk: "Es hat damit zu tun, dass die SoKo Tape das Video sechs Wochen nicht geliefert hat." Zudem versicherte Klenk auf eine entsprechende Frage von Gerstl, dass er "versichern" könne, dass die veröffentlichten Szenen nicht aus dem Kontext gerissen wurden. Im Wesentlichen seien sie das "Destillat eines Abends", in dem alle Beteiligten "in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Zustand", sehr konzentriert über mögliche Korruptionshandlungen sprechen.
Klenk lieferte im weiteren Befragungsverlauf recht plastische Informationen zum Inhalt des Ibiza-Videos und den Zustand der handelnden Personen. Es sei jedenfalls kein Drogenkonsum vorgekommen in dem was er gesehen habe. Auch vom Alkohol sei niemand so betrunken gewesen, dass er nicht mehr gewusst hätte, was er redet, so Klenk.
"Das ganze Video ist praktisch ein Versuch, aus Strache herauszuholen, was er bereit wäre zu tun. Auf der 'Bananenschale' Strabag ist er dann praktisch ausgerutscht", sagte Klenk, der sich auch sicher war, dass weder Heinz Christian Strache noch Johann Gudenus unter K.O.-Tropfen gesetzt worden seien. Ganz im Gegenteil, nach dem Aufenthalt in der Finca seien man noch zum Tanzen gegangen, so der Journalist als Auskunftsperson im Ibiza-Untersuchungsausschuss. Am Ende merke Strache sogar, dass bei der ganzen Sache etwas faul war.
Journalist sagt aus
Klenk verglich das Geschehen mit einem Film. "Popcorn oder Speibsack'l?", fragte SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer. "Wenn man es erfinden würde, sagen wir David Schalko (österreichischer Regisseur, Anm.) schreibt einen Hauptabendkrimi, dann würde wir alle sagen: absurd", so der Journalist der das Video gesehen hat. "Ich glaube eine Mischung aus Kottan und Pulp Fiction trifft es ganz gut. Es ist grotesk, wie zum Teil gesprochen wird. Es gibt Momente, wo man sich denkt, es wird provinzlerisch und komisch und Momente, wo man sich denkt, da wird Regierungskriminalität vorbereitet."
Etwa beim Lamentieren über die Übernahme der "Kronenzeitung" frage die vermeintliche Oligarchennichte ständig nach dem Nutzen für sie. "Sie fragt ständig: Was ist mein Nutzen", so Klenk. "Vielleicht ist die Falle so aufgebaut gewesen oder sie versteht es nicht oder es reicht ihr nicht" wovon Strache spricht. Überhaupt habe der frühere FPÖ-Chef "sicher ein Dutzend Mal" betont, dass alles gesetzeskonform sein müsse, so Klenk. Trotzdem seien ihm dann die Aussagen mit staatlichen Aufträgen etwa am Bau passiert, die man der vermeintlichen Oligarchennichte etwa anstatt der Strabag zuschanzen könnte. Außerdem sage Strache zum "Joschi" (Gudenus, Anm.) auch einmal, er solle "das jetzt klar machen". Was dabei gemeint war, blieb allerdings offen.
Bei einigen Fragen der Politiker, etwa auch von FPÖ-Politiker Christian Hafenecker berief sich Klenk aufs Redaktionsgeheimnis. "Das Redaktionsgeheimnis ist wie das Beichtgeheimnis der Demokratie", verteidigte er es. Sie alle stecken Journalisten manchmal Geschichten zu, sagte der Journalist zu den Politikern.
(Schluss) pat
(APA/red)