Die Corona-Pandemie und Serien-Hits wie "Tiger King" haben dem Online-Videodienst Netflix zu seinem bisher stärksten Quartal verholfen. In den drei Monaten bis Ende März schoss die Anzahl der Bezahl-Abos weltweit um 15,8 Millionen in die Höhe, wie der Streaming-Marktführer am Dienstag nach US-Börsenschluss in Los Gatos mitteilte.
Damit verbuchte Netflix das Vierteljahr mit seinem bisher größten Kundenandrang und übertraf sowohl die eigene Prognose als auch die Erwartungen der Wall-Street-Analysten bei Weitem. Zum Quartalsende brachte es Netflix auf knapp 183 Millionen bezahlte Mitgliedschaften. Das Wachstum habe im März rasant zugelegt, als die Menschen in immer mehr Ländern wegen des Coronavirus angewiesen wurden, möglichst zuhause zu bleiben, hieß es im Brief an die Aktionäre. Auch finanziell lief es rund: Die Erlöse stiegen im Jahresvergleich um rund 28 Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar. Der Gewinn wurde mit 709 Millionen Dollar (653 Mio. Euro) mehr als verdoppelt.
Während viele Firmen stark unter der Coronkrise leiden, profitiert Netflix davon, dass viele Menschen wegen des Virus viel weniger aus dem Haus gehen. Das Unternehmen warnte seine Investoren jedoch, dass der Boom wohl nur vorübergehend sei - mit dem Ende der Pandemie dürfte auch das Wachstum wieder abflauen. In der zweiten Jahreshälfte rechnet Netflix mit im Jahresvergleich sinkenden Abozahlen. Im laufenden Quartal erwartet der Videodienst 7,5 Millionen Neukunden.
Mit der im März angelaufenen Serie "Tiger King" gelang Netflix ein großer viraler Hit. Die bizarre Dokumentation über exzentrische Liebhaber von Großkatzen wie Tigern und Löwen wurde in den ersten vier Wochen nach dem Start bereits von 64 Millionen Nutzerkonten aus angeschaut. Auch andere Produktionen wie der Film "Spenser Confidential" oder die neuen Staffeln des Krimi-Dramas "Ozark" und der spanischen Serie "Money Heist" liefen laut Netflfix gut an.
Der 1997 im kalifornischen Los Gatos gegründete Konzern befindet sich auf einer der größten Erfolgswellen seiner Unternehmensgeschichte. An der Börse hat die Aktie von Netflix - bei einem allgemeinen Kurssturz - heuer schon um über 36 Prozent zugelegt und zuletzt neue Rekordhochs geknackt. Mit einem Börsenwert von knapp 190 Milliarden Dollar wurde sogar der US-Unterhaltungsriese Walt Disney überholt, der im Winter noch doppelt soviel wert war wie Netflix.
Experten gehen davon aus, dass der Höhenflug noch etwas anhalten wird. Die durch den Virusausbruch bedingte "Stay-at-home"-Ära dürfte dafür sorgen, dass Netflix seinen Vorsprung im Streaming-Markt noch weiter ausbaut, meint Analyst Brian Russo von der Credit Suisse. Die Konkurrenz sei noch nicht global genug aufgestellt, um im gleichen Maße vom Trend zu profitieren.
Der große Rivale Disney+ boomt zwar ebenfalls stark - vorletzte Woche gab er bekannt, nur fünf Monate nach dem Start bereits 50 Millionen zahlende Abonnenten zu haben. Disney lockt allerdings - neben beliebten Produktionen wie der "Star-Wars"-Serie "The Mandalorian" - auch mit günstigen Aktionspreisen.
Der Abstand zu Netflix dürfte vorerst groß bleiben. Denn während der Marktführer seit über zehn Jahren im Geschäft und in über 190 Ländern weltweit vertreten ist, hat die internationale Expansion von Disney+ gerade erst begonnen. Anders als Disney betreibt Netflix bisher zudem keine anderen Geschäftsfelder wie Themenparks oder Kreuzfahrten, die stark unter der Coronakrise leiden.
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