Newsportale mit Bezahl-Abos sollen Journalismus retten
Styria-Vorstand und VÖZ Präsident Markus Mair sieht die einzige Überlebenschance für Newsportale im digitalen Abomodell. Das werde auch ein Fokus der von der Regierung geplanten Digitalförderung sein. "Zukunftsfähig" müsse der Journalisten-Kollektivvertrag gestaltet werden. Die Gespräche darüber sollen noch heuer beginnen. Worüber mit der österreichischen Bundesregierung gesprochen werden soll, die jedes Jahr viele Millionen Euro an Presseförderungen für Journalismus und Medienförderungen ausschüttet, sagte er bei einem Onlinetalk des Steirischen Presseclubs am Dienstagabend.
Leser sollen für Journalismus zahlen
"Weltweit gibt es für Newsportale nur eine Überlebenschance und das ist das digitale Abo", sagte der Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Auch die angekündigte Digitalförderung werde "stark ansetzen" bei diesem "einzigen digitalen Geschäftsmodell, das funktionieren wird". Die Coronakrise habe den Prozess der Digitalisierung jedenfalls beschleunigt. "Ich würde sagen, das ist positiver Druck, der da gekommen ist", So Markus Mair.
Markus Mair will großes Stück vom Kuchen
Mindestens 15 Mio. Euro sollen jährlich in die Digitalförderung fließen. Heuer soll sie auf 18 Mio. Euro aufgestockt werden, kündigte der Kanzlerbeauftragte für Medienthemen, Gerald Fleischmann (ÖVP), vor Kurzem an. "15 Mio. Euro Digitalförderung ist für die gesamte Branche natürlich kein besonders hoher Betrag. Umso wichtiger erscheint mir, dass nicht mit der Gießkanne über alle drübergeschüttet wird", sagte Mair. Er kann sich vorstellen, dass gemeinsam in Ausbildungsstätten investiert wird und dazu auch ein Teil der Förderung verwendet wird.
Premium Content
Eine gute Überlebenschance in den kommenden Jahren und Jahrzehnten attestiert er vor allem jenen Titeln, die ein gutes Konzept für die Kombination aus Print und Digitalem haben. Mair ist überzeugt, dass es auch in zehn Jahren noch Printtitel geben wird. "Es werden jene sein, die diese Doppelstrategie gut vollzogen haben." Grundsätzlich befinde sich Österreich aber nach wie vor in einer weitaus besseren Situation, was den Printsektor betrifft, als etwa die Schweiz.
Tabuthema Kündigungen in Medienhäusern
Einen deutlichen Stellenabbau bei Österreichs Medienhäusern sieht er trotz Coronakrise "aktuell auf Sicht nicht". Dass "der eine oder andere" massiv unter Druck stehe, etwas zu tun, könne er aber nicht ausschließen. "Es wird auch von uns abhängen, die kollektivvertraglichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie es uns ermöglichen, ein guter und verlässlicher Arbeitgeber zu sein", sagte Markus Mair.
Bisher wurden noch keine Gespräche geführt
Die Welt verändere sich, dazu brauche es adäquate Rahmenbedingungen. "Die sehe ich in der heutigen Form nicht in allen Punkten gegeben." Sie müssten "zukunftstauglich" gestaltet werden. "Das ist ein Projekt, das wir relativ rasch noch in diesem Jahr angehen wollen", kündigte Mair an. Bisher seien noch keine Gespräche geführt worden. "Aber aus meiner Sicht haben wir dort, jetzt gerade auch durch Corona bedingt, nicht alle Zeit der Welt", betonte er.
Förderungen der Bundesregierung sichern Gehälter
Die Coronakrise habe dazu geführt, dass die Werbeumsätze massiv eingebrochen seien. Auch die digitalen Werbeumsätze seien trotz hoher Zugriffszahlen eher schleppend gewesen. Auf der Vertriebsseite gehe es den Zeitungen aber gut. Auch das Werbegeschäft sei "nach den ersten Schockwochen" wieder etwas angelaufen. Die Rückgänge ließen sich - natürlich unterschiedlich in den verschiedenen Medienhäusern - mit 30 bis 40 Prozent beziffern. Ein "Teil der Schmerzen" sei durch die Förderungen der Bundesregierung gemildert worden.
Styria steigt positiv aus
Mair geht von einem "größeren zweistelligen Millionenbetrag" aus, der "alleine im Printsektor Corona-bedingt verschwunden ist". Der breit aufgestellte Styria-Konzern habe im ersten Halbjahr ein positives Ergebnis erzielen können.
Für das zweite Halbjahr zeigte er sich "vorsichtig optimistisch", aber natürlich hänge alles von "zwei großen Unbekannten" der gesundheitspolitischen und der wirtschaftlichen Weiterentwicklung ab. "Das Einzige was man tun kann, ist, journalistisch das Beste zu geben." Dass es - abgesehen von der bereits angekündigten Digitalförderung - im zweiten Halbjahr "eins zu eins die bisherigen Fördermaßnahmen" gebe werde, glaube er nicht.
Kommentar: Anscheinend ortet Markus Mair zusätzliches Einsparungspotential bei einer ohnehin recht mager besoldeten Zunft an Redakteuren und Mediengestaltern. Da viele Kollektivverträge an Zeitschriften angepasst sind, entsprechen manche Privilegien zwar nicht mehr der neuen "digitalen Normalität", aber der "Kollektiv-Deckel" für Zeitungsjournalisten bewegt sich nur mehr bei rund 3000 Euro Brutto im Angestelltenverhältnis. Die sagenumwobenen Verträge von damals gibt es ohnehin nicht mehr.
Ein "Newsportal", das seine journalistischen Nachrichten nur mehr hinter einer Bezahlschranke präsentiert, und sogenannte "Soft News" wie etwa informative Wirtschaftsnews, Regierungsmitteilungen und anderes Content Marketing als "Free News" zum Hauptangebot macht, wird seine Gewinne zwar maximieren können, aber auf Kosten von kritischem Journalismus. Die Entscheidung, welche Nachrichten kostenpflichtig werden, und was gratis im Netz abrufbar sein soll, wird sich zur großen moralische Frage für etablierte Verlage im Online-Bereich.
(APA/red)