ORF-Redakteursrat übt Kritik an Sparpaket für Journalisten
Es werden wohl auch einige ORF-Journalisten ihren Arbeitsplätze räumen müssen, um mitzuhelfen, das 75-Millionen-Euro-Sparpaket, das sich der ORF vorgenommen hat, in die Wege zu leiten. Für ein ausgeglichenes Ergebnis 2021 wäre es absolut notwendig, informierte Generaldirektor Alexander Wrabetz Ende Mai die Mitglieder des ORF-Stiftungsrats. Die notwendigen Maßnahmen werden alle Bereiche des Unternehmens insbesondere den Sach- und Personalkostenbereich betreffen, hieß es in dem Schreiben. Dass auch Sparmaßnahmen im Info-Bereich davon betroffen sein werden, machte Wrabetz nun auch im Interview mit den "Salzburger Nachrichten" klar. Wie "profil online" berichtet, übt ORF-Redakteurssprecher Dieter Bornemann Kritik am Geraldirektor für dessen Sparpaket für Journalisten im Info-Bereich.
ORF Mitarbeiter in Kurzarbeit
Die eingeführte Kurzarbeit soll es im ORF noch bis Ende September geben. Zu Beginn der Krise waren rund 600 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Insgesamt erspart sich der ORF dadurch etwa sechs bis sieben Millionen Euro. Außerdem soll über den Sommer rund die Hälfte der Mitarbeiter weiterhin im Homeoffice arbeiten. “Wir gehen davon aus, dass die Strategie der Regierung sein wird, es zu keinem größeren Shutdown kommen zu lassen, sondern dass die Clustervermeidungsstrategie im Vordergrund stehen wird. Und daher müssen wir alles tun, dass wir nicht selbst ein Cluster werden”, sagte Wrabetz Anfang Juli. In so einer prekären Situation würden viele Redakteure, Kameraleute und Reporter auf einem Fleck keinen guten Dienst erweisen. Ein Sparpaket für Journalisten würde bei einer anhaltenden Krisensituation die Bilanzen des Unternehmens verbessern und Mittel für Investitionen freigeben. Generaldirektor Alexander Wrabetz will die Digitalstrategie des ORF “massiv beschleunigen”. Vorgesehen sei laut Wrabetz ein ORF-Player mit Andockmöglichkeiten für Private
Vertretung der ORF-Redakteure
Laut Wrabetz könne etwa bei einer Pressekonferenz in Zukunft "nur noch ein Journalist für Fernsehen und Radio die Fragen stellen". Aus diesem Anlass heraus richtete die Redakteursvertretung einen Brief an Wrabetz, worin ihm vorgeworfen wurde, mit dieser Maßnahme "die Binnenpluralität" innerhalb der ORF-Information zu untergraben.
Der neue multimediale Newsroom
Gegenüber „profil online“ wirft Redakteurssprecher Dieter Bornemann dem Generaldirektor vor, "die journalistische Unabhängigkeit und die Vielfalt der Berichterstattung in den verschiedenen ORF-Medien zu gefährden". Im Gegensatz zu seiner Ankündigung im "Salzburger Nachrichten"-Interview habe der ORF-Chef in den vergangenen Jahren den Journalisten versichert, der neue multimediale Newsroom werde keinesfalls die Verschmelzung der Agenden von Fernsehen, Radio und ORF online bedeuten.
ORF-Generaldirektor Wrabetz erklärt gegenüber "profil": "Es geht darum, zu gewissen kleineren Veranstaltungen nur noch einen Reporter zu schicken. Eine Pressekonferenz von Bundes- und Vizekanzler ist nicht gemeint. Die Vielfalt wird sogar ausgebaut."
Kommentar: Dass sich mittlerweile die Welt auf den Kopf gestellt hat, und wegen Corona viele notwendige Einschnitte, die das ORF-Sparpaket ohnehin vorgesehen hat, leichter verständlich macht, hilft den Betroffenen wenig. Seit die Beschränkungen der Regierung das Arbeitsleben von angestellten Reportern und Journalisten massiv beeinträchtigen, sind nach einem halben Jahr Berufspause viele Daheimgebliebene schlichtweg vergessen worden. Einigen Journalisten und Redakteuren wurde mittlerweile selbst bewusst, wie entbehrlich ihre journalistischer Arbeit in Zeiten von Corona geworden ist. Mit einem Schulterklopfen und großem Versprechen auf Wiedereinstellung werden sich manche freiwillig verabschieden lassen. Andere werden auf den Grundauftrag des ORF pochen, und darüber nachdenken, was Binnenpluralität bedeutet. Für einige leitende Redakteure kann es jedoch bald zu spät sein, die eigene "Pluralität" unter Beweis zu stellen. Viel ist davon momentan ohne nicht zu spüren. Man fragt sich, wessen Meinungsvielfalt man vermissen könnte. Sicherlich nicht die der Regierung und ihrer Sprecher im ORF.
(APA/red)