Pulitzer-Preise für investigativen US-Journalismus

Risikobereitschaft ist eine äußerst nützliche Charaktereigenschaft, um im Berufszweig Journalismus mit höchsten Ehren bedacht zu werden. Wer sich der Gefahr stellt, sein eigenes Leben zu riskieren, gesellschaftlich geächtet oder wirtschaftlich ausgetrocknet zu werden, ist auf dem richtigen Weg. Die Pulitzer-Preise sind die höchsten Auszeichnungen, die für Journalismus an Redaktionsteams und Journalisten jährlich vergeben werden. Nachrichtensprecher, Talk-Runden-Moderatoren und "scharfe Interviewer" im TV zählen in der Regel nicht zu den Empfängern eines Pulitzer-Preises. Gänzlich anders wird das von einem Fachjournal in Österreich gehandhabt. In diesem werden Moderatoren bevorzugt als "Journalisten des Jahres" gewürdigt, obwohl sie keine eigenen Geschichten liefern. Und wenn doch, bedeuten eklatante Recherchefehler im Lebenslauf noch lange keine Disqualifikation für etwaige Auszeichnungen in der allerhöchsten Kategorie.

Pulitzer-Preis Gewinner 2020

Die Pulitzer-Preisträger bestimmt eine Jury, die an der New Yorker Columbia-Universität angesiedelt ist. In der Kategorie "Journalismus" waren überwiegend amerikanische Journalisten und US-Medien vertreten, die heuer ausgezeichnet wurden. 14 der 21 Kategorien der Pulitzer-Preise sind journalistischen Arbeiten US-amerikanischer Journalisten oder Medien vorbehalten, von investigativen Geschichten über Fotos bis zu Karikaturen. Die Auszeichnung wird aber auch für Literatur sowie für Musik und Theater vergeben. So ging der Drama-Preis an "A Strange Loop" von Michael R. Jackson, die Auszeichnung für den besten Roman an "The Nickel Boys" von Colson Whitehead. Beste Biografie wurde "Sontag: Her Life and Work" von Benjamin Moser. Heuer musste auf eine Zeremonie verzichtet werden. Die Vorsitzende der Jury, Dana Canedy, gab die Gewinner per Livestream auf der Plattform YouTube bekannt.

Preisträger im Segment Journalismus

Public Service
Anchorage Daily News in Kollaboration mit ProPublica

Breaking News Reporting
Das Team des The Courier-Journal, Louisville, Ky.

Investigative Reporting
Brian M. Rosenthal von der The New York Times

Explanatory Reporting
Das Team der The Washington Post

Local Reporting  
Das Team der The Baltimore Sun

National Reporting
T. Christian Miller, Megan Rose und Robert Faturechi von ProPublica

Themen der Berichterstattungen

Für ihre Berichterstattung über Russlands Einmischung in verschiedenen Ländern erhält die "New York Times" einen der renommierten Pulitzer-Preise. Die US-Zeitung habe über "eine Reihe packender Geschichten mit großem Risiko" berichtet und damit das aggressive Vorgehen von Russlands Präsident Wladimir Putin enthüllt, erklärte die Jury ihre Entscheidung in New York.

Journalisten der New York Times wurden mit Pulitzer-Preisen ausgezeichnet

Journalisten der New York Times wurden mit Pulitzer-Preisen ausgezeichnet

Der Zeitung selbst zufolge geht es bei ihren Recherchen unter anderem um Mordanschläge und Einmischung bei Wahlen in den Jahren nach den Desinformations-Kampagnen zur US-Präsidentschaftswahl 2016. Noch zwei weitere Preise gingen an die "New York Times": In der Kategorie "Kommentar" gewann Nikole Hannah-Jones für einen "persönlichen Essay zum bahnbrechenden Projekt 1619" zur Versklavung der ersten Afrikaner in Amerika. Von derselben Zeitung erhielt Brian Rosenthal den Preis für die beste Investigativ-Recherche. Der Reporter hatte über die Ausbeutung von Taxifahrern in der Ostküstenmetropole New York City geschrieben.

Der Preis in der Kategorie für den Dienst an der Öffentlichkeit gewann die Lokalzeitung "Anchorage Daily News" zusammen mit der Recherche-Plattform "ProPublica". Ihre Geschichten enthüllten, dass ein Drittel der Dörfer in Alaska keinen Polizeischutz haben. Die Serie hätte die Behörden zum Handeln gezwungen und eine bessere Finanzierung der Sicherheitskräfte zur Folge gehabt, erklärte das Komitee.

Die "Washington Post" wurde für die "wissenschaftliche Klarheit" ihrer Artikel über die schweren Auswirkungen extremer Temperaturen auf der Erde ausgezeichnet. Die "Seattle Times" wurde für ihre Berichterstattung über die Sicherheitsprobleme der Boeing 737 MAX geehrt, für die seit zwei Abstürzen ein weltweites Flugverbot gilt.

Auch das Schicksal eines Insassen im US-Gefangenenlager Guantanamo bewegte die Jury des wohl begehrtesten Journalismus-Preises der Welt: Ben Taub vom Magazin "New Yorker" gewann mit seinem Feature "Guantanamos Dunkelstes Geheimnis", das eine Mischung aus Berichterstattung von vor Ort und lyrischer Prosa enthalte. Darin geht es um einen Mann, der entführt, gefoltert und in dem Lager für mehr als ein Jahrzehnt seiner Freiheit beraubt wurde. Die Geschichte biete eine "nuancierte Perspektive auf Amerikas facettenreichen Krieg gegen den Terror", hieß es.

Die Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press gewannen für ihre Foto-Berichterstattungen von den Protesten in Hongkong und der Krise in der umstrittenen Region Kaschmir. Für die AP wurden dabei die Journalisten Channi Anand, Mukhtar Khan and Dar Yasin namentlich genannt.

(red/APA)