Der deutsche Innenminister Horst Seehofer verzichtet darauf, wegen einer polizeikritischen Kolumne in der Tageszeitung "taz" Strafanzeige zu stellen. Er werde stattdessen die "taz"-Chefredaktion in sein Ministerium einladen, "um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen", erklärte Seehofer am Donnerstag. Mit etwas Glück kommt die gebeutelte Autorin des Artikels mit einer Standpauke davon, statt vor Gericht zu landen.
Außerdem werde er sich an den Deutschen Presserat wenden, weil die Kolumne "in meinen Augen einen schweren Verstoß gegen den Pressekodex darstellt". Auslöser des Konflikts war eine Kolumne in der Tageszeitung "taz". Darin hatte die Autorin vor einer Woche ein Gedankenspiel angestellt, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht.
Am Ende hieß es in der "taz"-Kolumne: "Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten."
Der Text in der Taz löste Empörung aus, die Chefredaktion der Zeitung äußerte später ihr Bedauern. Am Sonntag kündigte Seehofer dann in der "Bild" an, am Montag Strafanzeige gegen die Autorin zu stellen - als Straftatbestände kämen aus seiner Sicht Volksverhetzung oder Beleidigung infrage. Dieses Vorhaben stieß wiederum auf scharfe Kritik in der Medienbranche.
Kommentar: Die bissigsten Kommentare und Meinungen in vielen Qualitätsmedien werden von "Freien Journalisten" stückweise geliefert, die mit vollem Namen und kleinem Bild zwecks besserer Identifikation die Meinung des Blattbesitzers kund tun dürfen. Die Chefredaktion hält sich fein raus, wenn es brenzlig wird. Und lacht sich jedesmal ins Fäustchen, wenn die Meinungskeule via "freie Autoren" funktioniert. Viele Klicks bedeuten viele Kommentare bedeuten viele Adimpressions. Daran verdient auch die Online "Taz"
(APA/red)
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