Verband der Privatsender spürt sein Corona-Programm
Österreichs Privatsender sind aufgrund der Coronakrise stark in Bedrängnis geraten. Die Bevölkerung vertraut in Krisenzeiten dem ORF mehr als den kommerziell motivierten Medienanbietern,.Außerdem fehlen jene Unterhaltungsprogramme, die den Privaten am meisten Zuseher gebracht haben. Ohne Events, Kultur und Sport ist der Contentpool relativ seicht. Wiederholungen und Zweite-Hand-News Talkrunden über Corona-Lockdowns sind kein attraktives Werbeumfeld.
Verband der Privatsender (VÖP) in Not
Das Ausbleiben von Werbeschaltungen in den Programmen der Privatsender stellt die größte Bedrohung für die Interessen des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) dar. Auf allen Kanälen, von klassischem Fernehen bis zu Online-Formaten, bleiben lukrative Werbeschaltungen aus, Vertrieb und Marketing sind so nicht finanzierbar.
Nun wird der Regierung die Rute ins Fenster gestellt. Weil der ORF seine Monopolstellung ausweiten und in die wichtigste Domain der Privatanbieter Einzug halten möchte: die Distribution von Medieninhalten im Internet unter Einbeziehung von Social Media Kanälen. Selbstverständlich mit Werbung versehen.
Medienförderungen reichen nicht
Die Bundesregierung und die Stadt Wien haben seit der Coronakrise großzügige Medienförderungen und zahlreich Info-Kampagnen lanciert, um den privat geführten Medienunternehmen nicht ihre Dividenden und Gewinne zu versauern. Millionenfach ausgespielte Spots übers Händewachen, Babyelefanten-Abstandhalten, Maske tragen, und der "zweiten Welle mutig entgegen blicken", haben den Betreibern von Radios, Online News Seiten und Kabel-TV schnelles Cash in die Kassa gespült, aber den Geldbeutel nicht geflickt.
Langsam scheint den Privatanbietern zu dämmern, dass ihnen die regierungsfreundliche Berichterstattung zu billig abgekauft wurde. Mit jedem Corona-Talk, den sie veranstalten, schaufeln sie ihrem Unterhaltungs-USP ein noch tieferes Loch. Ohne Events, keine Aufnahmen; ohne Publikum, keine Gastronomie; ohne Champagner, keine lockeren Zungen; ohne Lippenstift, keine Küsse; ohne Balz kein Konsum.
Vorsitzende bei Generalversammlung bestätigt
Kronehit-Geschäftsführer Ernst Swoboda und Puls 4-Chef Markus Breitenecker sind am gestrigen Dienstag als Vorsitzende des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP) bestätigt worden. In einer Aussendung am Mittwoch forderten sie Maßnahmen zur Förderung der Privatsender und warnten davor, dem ORF "digitale Alleingänge" zu erlauben.
Scharfe Gegenwehr der Medienbosse
Die Privatrundfunkbranche stehe gewaltigen Herausforderungen gegenüber, so Swoboda. "Die Coronakrise hat das Ungleichgewicht am österreichischen Rundfunkmarkt bedrohlich verstärkt", wurde er in der Aussendung zitiert. "Eine weitere Stärkung des ORF, etwa durch jedwede Erleichterung im Online-Bereich, hätte fatale Auswirkungen auf die Vielfalt und Qualität im Rundfunkmarkt. Ohne engagierte Maßnahmen zur Förderung der Privatsender und zugleich sehr klare, inhaltliche und ökonomische Leitlinien für den ORF wäre die Existenz des privaten Rundfunks in Österreich akut gefährdet, wodurch die Politik scharfe Gegenwehr provozieren würde."
„Wir vertrauen darauf, dass sich die Bundesregierung nach dem erfolgreichen Corona-Krisenmanagement nun auch wieder konstruktiv und zukunftsorientiert den medienpolitischen Themen zuwendet.“, so Corinna Drumm, Geschäftsführerin des VÖP. „Jetzt müssen die Weichen so gestellt werden, dass sich der Medienstandort Österreich positiv entwickeln kann und Qualitätsjournalismus und Medienvielfalt erhalten bleiben.“
"Dem ORF digitale Alleingänge zu erlauben hätte schwerwiegende negative Konsequenzen. Das Versprechen des Regierungsprogramms, den ORF zu mehr Kooperation zu verpflichten, muss erfüllt werden", forderte auch Breitenecker.
Freundeskreis
Der aktuelle VÖP-Vorstand setzt sich zusammen aus Bernhard Albrecht (ATV), Gottfried Bichler (Antenne Steiermark), Lorenz Cuturi (TV1 Oberösterreich), Wolfgang Fellner (Radio Austria), Eva Flecken (SKY Österreich), Ralph Meier-Tanos (Radio 88,6), Christian Stögmüller (Life Radio), Wolfgang Struber (Radio Arabella), Alexander Wagner (Radio Energy), Alexander Winheim (ServusTV) sowie den beiden Vorsitzenden Ernst Swoboda (kronehit) und Markus Breitenecker (Puls 4).
(APA/red)