Zeichen der Stärke beim Europäischen Mediengipfel in Lech

Vom 5. bis 7. Dezember 2024 versammelten sich in Lech am Arlberg führende Vertreter aus Medien, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, um im Rahmen des 16. Europäischen Mediengipfels zentrale Fragen unserer Zeit zu diskutieren. Unter dem Leitthema „Europa zwischen den Blöcken“ bot die Veranstaltung ein dichtes Programm aus Panels, Vorträgen und Diskussionen, das aktuelle Herausforderungen und Zukunftsperspektiven beleuchtete. Die Beiträge zeichneten ein Bild von Europas Potenzial, trotz geopolitischer Spannungen, digitaler Umbrüche und gesellschaftlicher Herausforderungen Stärke zu zeigen und eigene Lösungen zu entwickeln.

Europa im Fokus

Am Eröffnungstag stand Europas geopolitische Positionierung im Mittelpunkt. Diskussionen über die Auswirkungen globaler Spannungen, insbesondere zwischen den USA, China und Russland, prägten das Programm. In einer von Ivo Mijnssen, Präsident der Auslandspresse in Wien, moderierten Podiumsdiskussion wurde die Notwendigkeit unterstrichen, Europas Rolle in einer multipolaren Welt zu stärken. Die Frage, ob Europa sich neu erfindet oder zwischen den Blöcken zerrieben wird, bildete einen roten Faden für viele Beiträge während der drei Tage.

Medien und Wirtschaft

Am zweiten Tag des Mediengipfels stand die wirtschaftliche Lage Österreichs im Fokus. In einem Panel diskutierten der designierte Gouverneur der Österreichischen Nationalbank, Martin Kocher, und der Ökonom Gabriel Felbermayr über die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen. Kocher betonte die Notwendigkeit, nicht jedes Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren, sondern die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Felbermayr ergänzte, dass die Erwartungen in der Industrie positiver seien als die aktuelle Lage vermuten lasse.

Die Diskussionsrunde unter dem Titel „Trump gewinnt – verliert Europa?“ nahm auf die Wahlentscheidung in den USA Bezug. Moderiert von Eva Weissenberger (Wirtschaftskammer Österreich), erörterten Hannelore Veit (ehemalige ORF-Korrespondentin in Washington) und Othmar Karas (ehemaliger Erster Vizepräsident des Europäischen Parlaments) die möglichen Auswirkungen der erneuten Präsidentschaft von Donald Trump auf Europa.

Hannelore Veit (Ex-ORF-Korrespondentin) und Othmar Karas im Gespräch mit Eva Weissenberger (WKO).

Hannelore Veit (Ex-ORF-Korrespondentin) und Othmar Karas im Gespräch mit Eva Weissenberger (WKO). | © Florian Lechner

Zukunft des Journalismus

Ein weiterer Schwerpunkt des 16. Europäischen Mediengipfels war die Zukunft des Journalismus in der digitalen Ära. In einer Podiumsdiskussion erörterten Medienexpert:innen die Rolle von Künstlicher Intelligenz und sozialen Medien. Corinna Milborn, Nachrichtenchefin bei ProSieben.Sat.1 PULS4, warnte vor den Gefahren durch Deepfakes und KI-generierte Inhalte, die das Vertrauen in traditionelle Medien untergraben könnten. Die Diskussion fand im Rahmen eines Panels über digitale Desinformation statt, das sich mit dem Einfluss sozialer Medien auf die Meinungsbildung befasste.

Maria Scholl, Chefredakteurin der APA, hob die Bedeutung faktenbasierter Berichterstattung hervor und betonte, dass Nachrichtenagenturen als „Vertrauenslieferanten“ fungieren. Sie unterstrich die Rolle traditioneller Medien während Krisenzeiten, in denen verlässliche Informationen besonders gefragt sind.

Integration und Sicherheitspolitik

Das Thema Integration wurde ebenfalls diskutiert. Ilkay Idiskut, Lehrerin und Protagonistin des Dokumentarfilms „Favoriten“, wies darauf hin, dass in Wien fast die Hälfte der Schulkinder dem Unterricht sprachlich nicht folgen können. Sie plädierte für eine stärkere Durchmischung in Schulklassen, um Parallelgesellschaften zu vermeiden. Die Diskussion beleuchtete die Herausforderungen der Integration und die Notwendigkeit struktureller Reformen im Bildungssystem.

Die europäische Sicherheitspolitik war ein zentrales Thema des Gipfels. In einer Pressestunde am zweiten Tag sprach der österreichische EU-Kommissar Magnus Brunner über die Herausforderungen durch bevorstehende Flüchtlingsströme und die Sicherheit der EU. Er kündigte an, innerhalb der nächsten 100 Tage eine umfassende Strategie vorzulegen, die Migration und Sicherheit besser miteinander verknüpft.

EU-Kommissar Magnus Brunner war beim 16. Europäischen Mediengipfel in der aktuellen Pressestunde.

EU-Kommissar Magnus Brunner war beim 16. Europäischen Mediengipfel in der aktuellen Pressestunde. | © Florian Lechner

Digitalisierung und Technologie

Am dritten Tag des Gipfels standen Digitalisierung und technologische Innovationen im Mittelpunkt. In seiner Keynote über „Digitalen Humanismus“ betonte der Informatiker Hannes Werthner, dass der Mensch im Zentrum der technologischen Entwicklungen stehen müsse. Er forderte einen verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz und die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen.

In der anschließenden Diskussion hob Barbara Thaler, Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol, die Bedeutung von Investitionen in Forschung und Entwicklung hervor. Sie plädierte dafür, bürokratische Hürden abzubauen, um Innovationen zu fördern.

Plattform Mediengipfel Lech

Der Europäische Mediengipfel in Lech bot mit seinem Programm eine Plattform für den Gedankenaustausch. Zwischen geopolitischen Spannungen, technologischen Umbrüchen und gesellschaftlichen Herausforderungen brauche es neue Ansätze und mutige Entscheidungen. Die Erkenntnis, dass Europas Zukunft nur durch Zusammenarbeit und eine klare strategische Positionierung gesichert werden kann, zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. Europa könne seine Rolle in einer multipolaren Welt nur dann erfolgreich ausfüllen, wenn es enger zusammenarbeitet und seine Eigenständigkeit gegenüber den globalen Blöcken ausbaut. Die Erkenntnis, dass Europas Stärke in der Kooperation liegt, prägte die Abschlusserklärungen.

(PA/red)