Stadt Wien bleibt gegen Privathoteliers machtlos
Seit es über die E-Commerce-Plattform AirBnB auch Privatpersonen möglich wurde, ihre Wohnungen auf einem globalen Marktplatz in Kurzzeitmiete anzubieten, versuchen nationale Behörden und Stadtverwaltungen ihre gesetzlichen Bestimmungen durchzusetzen. Das betrifft die grundsätzliche Legitimität einer Objektvermietung, das Erfüllen von sicherheitstechnischen und hygienischen Anforderungen, das Melden der unterkunftsbeziehenden Personen, und nicht zuletzt die Abfuhr von Steuern und Gebühren aller beteiligten Geschäftspartner. Längst sind neben AirBnB auch andere Großkonzerne mit Internetplattformen wie Booking, Expedia und Tripadvisor in das lukrative Vermittlungsgeschäft eingestiegen. Was sie alle vereint: sie weigern sich standhaft, die Daten ihrer Nutzer an lokale Behörden preiszugeben. Sehr zum Ärger der Hotellerie, die sich benachteiligt sieht.
Geld verdienen mit AirBnB
Als AirBnB an den Start ging, war der Service von der Couch-Surfing-Idee geprägt. Laut der konnten junge Menschen eine erschwingliche Weltreise zusammenstellen, einen günstigen Städtetrip planen und gleichzeitig zum kulturellen Austausch beitragen. Von dieser Grundidee findet sich kein Wort mehr auf der Startseite des Platzhirschen AirBnB: "Finde heraus, was du dir dazuverdienen könntest. Ganz gleich, welche Art von Unterkunft oder Zimmer du teilen möchtest: Mit Airbnb kannst du einfach und sicher Reisende aufnehmen", lautet die klare Botschaft der deutschsprachigen Version. Ganz so einfach ist es aber gar nicht, die Wohnung wirtschaftlich zu vermieten, wenn die geltenden lokalen Gesetze in Betracht gezogen werden. Nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz etwa gibt es eine Meldepflicht (Anzeigeplicht) von Seite der Unterkunftgeber und der Plattform, die das Geschäft zwischen Vermieter und Kurzzeitmieter einfädelt. Wer das tut, erhält nützliche Vorschriften für eine sichere und rechtskonforme Gewerbeausübung, und sollte keine Probleme bereitet bekommen.
Keine ausreichenden Daten
Seine Wohnung kurzfristig zu vermieten, ist generell nichts Verbotenes. Manche Vermieter agieren jedoch wie kleine Hotelbetriebe und ignorieren jegliche Bestimmungen. In den Magistraten der Stadt Wien wächst der Unmut über solche Personen und Unternehmen, die Wohnungen zweckwidrig und geschäftsmäßig ohne Meldung zur Kurzzeitmiete anbieten. Die Stadt Wien versucht AirBnB die Stirn zu bieten und steht medial betrachtet auf Konfrontationskurs mit dem Unternehmen. Tatsächlich wartet man schon seit Jahren geduldig auf die fein säuberlich aufbereiteten Daten der Nutzer, die AirBnB auch nach mehrjährigen Verhandlungen mit der Stadt nicht preisgibt. Die Argumente von AirBnB sind schließlich auch nicht von der Hand zu weisen: Wir bringen Euch zusätzliche Gäste in die Stadt und damit viel Geld in die Stadtkassa, so die Kurzversion.
Neue EU-Vereinbarung
Eine eben erst getroffene Vereinbarung durch EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni mit Airbnb, Booking, Expedia und Tripadvisor lässt die Wünsche der Stadt Wien nach Daten nun endgültig in Leere laufen. Denn künftig werden die Anbieter sehr wohl Zahlen und Daten zu gebuchten Übernachtungen und Gästen liefern. Die können von den nationalen Behörden für eine "fundierte Politikgestaltung" genutzt werden, formulierte Gentiloni. Was nach einer Erfolgsmeldung klingt, hat in den Augen der Abteilung Statistik Wien einen bitteren Beigeschmack: "Alleine das Bereitstellen von „Buchungsdaten“ entspricht nicht den Anforderungen, die der Gesetzgeber hierzulande und in zahlreichen EU-Staaten definiert hat." Der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton verlautbarte zudem, "die Vermietung privater Unterkünfte sei bequem für Touristen und eine Einnahmequelle für Besitzer. Die Kommission stehe dem positiv gegenüber." Soll heissen: es werden wieder nicht genügend Datensätze geliefert.
Wohin geht die Reise?
In einem Bezirksgerichtsurteil wurde unlängst klargestellt, was alles unter touristische Vermietung fällt und welche Regeln für AirBnB-Vermieter gelten. Dazu zählt etwa auch die Zustimmungspflicht der Miteigentümer einen Wohnhauses und eine Mindestlänge bei der Mietdauer. Einerseits beklagt sich die Stadt Wien zurecht über den entstandenen Druck am Wohnungsmarkt durch Anbieter wie AirBnB. Auf der anderen Seite scheinen die eigentlichen Verursacher mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Jene Spekulanten, die Langzeitmieter aus ihren Wohnungen vertreiben, um sie nachher lukrativer in Kurzzeitmiete feilzubieten, könnten effektiver zur Rechenschaft gezogen werden.
Meinung
Ungeachtet dessen ändert sich nichts am System. (Günstiger) Wohnraum wird allerorts aufgekauft und danach bestenfalls auf drei Jahre befristet weitervermietet. Oder die Wohnung landet gleich auf AirBnB. Hinzu kommt das skrupellose Geschäft mit Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten, die in "Problemhäusern" keine Stimme und keine Rechte besitzen. Vielleicht lohnt sich ein täglicher Blick auf die Webportale der Anbieter, wo ja alle Angebote einsehbar sind. Ein kurzer Gegencheck bei dubiosen Anzeigen könnte ausreichen, um die gröbsten Probleme in den Griff zu bekommen. Die gewünschte Preisgabe der Daten von Seiten AirBnB und Co. wird es wohl nicht spielen. (key)