Wien

Hebein als Klubobfrau der Wiener Grünen abgewählt

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© David Bohmann

SPÖ und Neos haben nach Abschluss ihrer Verhandlungen einen ersten Einblick in das künftige rot-pinke Koalitionsabkommen gegeben. Angekündigt wurden etwa Investitionen in den Arbeitsmarkt und die Bildung. Indessen hat der bisherige Regierungspartner, die Wiener Grünen, ihre Weichenstellungen bekanntgegeben. Judith Pühringer und Peter Kraus wurden mit einer klaren Mehrheit zu den neuen nichtamtsführenden Stadträten gewählt. Birgit Hebein nimmt die politischen Entscheidungen der Mehrheit des Grünen Gemeinderatsklubs, sie als Klubobfrau nicht gewählt zu haben, zur Kenntnis.

Bürgermeister Ludwig jubelt unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses | © APA/Fohringer

Bürgermeister Ludwig voller Zuversicht

Bei einer gemeinsamen Präsentation der zukünftigen Koalition sprach Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) von einem "gemeinsamen Zukunfts- und Fortschrittsprogramm", Neos-Wien-Chef Christoph Wiederkehr von einem "großen Wurf". Wer welche Ressorts besetzen wird, wurde bei der Pressekonferenz im Rathaus, bei der keine Journalistenfragen zugelassen waren, noch nicht verraten. Nur soviel: Wiederkehr wird einen der beiden Vizebürgermeisterposten bekommen. Dem Vernehmen nach soll er zudem Bildungsstadtrat werden.

Ganztagsschulen und Bildungscampus-Standorte

Die beiden Parteivorsitzenden konzentrierten sich bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt seit Beginn der Verhandlungen auf erste inhaltliche Eckpunkte. Im Bildungssektor soll der Ausbau der Ganztagsschulen und Bildungscampus-Standorte vorangetrieben werden. Die Zahl der Schulpsychologen wird erhöht, an jeder Wiener Pflichtschule wird außerdem eine zusätzliche Verwaltungskraft für Unterstützung sorgen. Wiederkehr sprach von einem "Wiener Bildungsversprechen". Im Kindergartenbereich streben die Koalitionspartner ein besseres Betreuungsverhältnis und die Erhöhung von 300 auf künftig 500 Sprachförderkräfte an.

Ein großer Fokus soll auch auf den Kampf gegen den Klimawandel gelegt werden. Mit einem Klimaschutzgesetz will Rot-Pink einen verbindlichen Pfad zur CO2-Neutralität bis 2040 festlegen. Wiederkehr stellte außerdem eine Vervierfachung des Radwegebudgets, neue Straßenbahnverbindungen in den Außenbezirken und mehr Begrünung in Aussicht. "Wir wollen Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausspielen, sondern allen Wienerinnen und Wienern Mobilität ermöglichen", versicherte der Bürgermeister wohl mit Reminiszenzen an die Grünen. Laut Unterlagen sollen außerdem die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich sowie der Anteil der Pkw-Pendler bis 2030 um die Hälfte reduziert werden.

Neos-Wien Parteiobmann Christoph Wiederkehr und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Montag, 16. November 2020, im Rahmen einer Pressekonferenz nach der Koalitionseinigung SPÖ-Neos im Wiener Rathaus. | © APA/Neubauer

Erste Eckpfeiler wurden auch in Sachen Transparenz genannt. So soll der Stadtrechnungshof künftig die Parteifinanzen prüfen dürfen. Laut Wiederkehr wird außerdem eine "Antikorruptionsstelle" samt Whistleblower-Plattform geschaffen. Und eine Idee für einen Sonderbeauftragten gibt es auch schon - nämlich für Informationsfreiheit. Geeinigt haben sich SPÖ und NEOS auf eine Reduktion der Wahlkampfobergrenze (zuletzt 7 Mio. Euro pro Partei, Anm.) um "zumindest um 1 Mio." zu reduzieren. Bei Verstößen sind Sanktionen angedacht.

Unterstützung für Klein- und Mittelbetriebe

Beide Parteichefs betonten darüber hinaus, dass es gerade wegen der Coronakrise wichtig sei, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. So sollen Klein- und Mittelbetriebe unterstützt und die "Joboffensive 50plus" weiter ausgebaut werden. Auch das Gesundheitssystem werde weiter gestärkt - etwa in Form von zusätzlichen Primärversorgungszentren. In Sachen Wohnbau sollen 1.500 neue Gemeindewohnungen in den nächsten Jahren dazukommen. "Wir werden uns außerdem die Vergabekriterien näher anschauen", meinte Ludwig.

Ludwig lobte das "fortschrittliche moderne Programm" für eine weltoffene Metropole, in der der soziale Zusammenhalt im Mittelpunkt stehe. "Sozial, mutig, menschlich, nachhaltig, modern", seien dieLeitplanken. Er freue sich über die erste sozial-liberale Koalition Österreichs: "Ich bin sicher, das wird Nachahmer finden." Man habe die Verhandlungen auf Augenhöhe geführt und so wolle man auch die Regierungsarbeit handhaben, meinte der Bürgermeister: "Wir werden uns nicht wechselseitig blockieren."

Wiederkehr betonte, dass es der Rathausregierung nicht nur um die Krisenbewältigung gehe, sondern auch um "Visionen für die Zeit danach". Man baue auf Errungenschaften der Stadt auf und führe sie ambitioniert in die Zukunft.

Entscheidung über Stadträte

Ausständig war am Montag noch die Zustimmung der Parteigremien zum Pakt. Die SPÖ trommelt das Präsidium, den Erweiterten Vorstand und den Wiener Ausschuss bereits am heutigen Nachmittag zusammen. Danach, um 19.00 Uhr, wird Ludwig eine weitere Pressekonferenz geben und dem Vernehmen nach auch schon das Personalpaket präsentieren. Die Neos haben für morgen, Dienstag, ihre Mitgliederversammlung anberaumt. Am Dienstagabend werden Ludwig und Wiederkehr der Öffentlichkeit dann weitere Details zum Koalitionspakt präsentieren und Medienvertretern auch für Fragen zur Verfügung stehen, wurde angekündigt. Die neue Regierung wird am 24. November angelobt. An diesem Tag findet die konstituierende Sitzung des Gemeinderats statt.

Birgit Hebein erhält kein Amt

Die Wiener Grünen fällten indes ihre Personalentscheidungen für die Konstitution des Gemeinderats: Der bisherige Klubchef David Ellensohn behält dieses Amt. Der bisherige Planungssprecher Peter Kraus und Neo-Mandatarin Judith Pühringer werden nicht amtsführende Stadträte. Parteichefin Birgit Hebein, die ihren Posten als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin räumen muss, erhält kein Amt.

Peter Kraus war bisher als Gemeinderat für Stadtentwicklung, Wohnen, Energie und Klimaschutz, und ist Nummer 2 auf der Liste der Grünen Wien. Arbeitsmarktexpertin Judith Pühringer ist als Quereinsteigerin Nummer 3 auf der Liste der Grünen. David Ellensohn hat gute Kontakte in die neue Stadtregierung.

Birgit Hebein nahm die Entscheidung des Klubs zur Kenntnis, wie es in einem schriftlichen Statement hieß. "Wir werden jetzt niemandem den Gefallen tun, uns mit uns selbst zu beschäftigen." Die Wählerinnen und Wähler hätten den Grünen das Vertrauen ausgesprochen und würden sich zu Recht erwarten, dass man für die Zukunft der Stadt arbeite. "Rot Pink bekommt keine Schonfrist, sie können mit starken Grünen rechnen", so die abgewählte Hebein, die weiterhin im Gemeinderat aktiv sein wird.

Posten für PolitikerInnen

Auch die Wiener ÖVP scheint indes die meisten Personalentscheidungen getroffen zu haben. Als sicher gilt, dass der bisherige nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch Klubobmann der Türkisen wird. Auch für fast alle anderen Posten gibt es dem Vernehmen nach schon Besetzungen, wie die APA am Montag erfuhr. Offiziell bestätigt wurde das aber auf Nachfrage nicht. Die offiziellen Beschlüsse erfolgen am Dienstag in den Gremien.

(APA/red)

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