Wien

Lotte Tobisch Briefe und Fotos in der Wienbibliothek

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© Kromus/PID

Der Briefwechsel zwischen Lotte Tobisch und Theodor W. Adorno begann im September 1962 und setzte sich bis zum Tod des Philosophen 1969 fort. Er umfasst etwa 290 Briefe, Ansichtskarten und Telegramme. Die meisten davon wurden nun der Wienbibliothek im Rathaus übergeben. Die Korrespondenz ist Teil eines Konvoluts aus dem Nachlass von Lotte Tobisch, die am 19. Oktober 2019 im Alter von 93 Jahren im Künstlerheim in Baden bei Wien verstarb. Der Bestand umfasst 14 Archivboxen: Fotos, Briefe, Postkarten, Adress- und Fotobücher ergeben neue Einblicke in die Wiener Gesellschaft und dessen Wandel.

Charlotte "Lotte" Tobisch-Labotýn war eine österreichische Managerin, Schauspielerin und Autorin | © privat/Wienbibliothek

Der Teilnachlass dokumentiert auf eindrucksvolle Weise das schillernde Leben von Lotte Tobisch-Labotýn. Einer breiten Öffentlichkeit war sie als Grande Dame des Opernballs bekannt, den sie 16 Jahre lang (1981–1996) organisiert hatte. Die im Nachlass enthaltenen Fotoalben aus dieser Zeit zeichnen ein Porträt des Wiener Gesellschaftslebens und seiner Protagonisten. Darüber hinaus beleuchten die übergebenen Dokumente Tobischs soziales und gesellschaftspolitisches Engagement. Drei zusätzliche Kisten enthalten einen Teilnachlass des Schriftstellers und Dramaturgen Erhard Buschbeck, mit dem Tobisch eng befreundet war.

Teilnachlass von Erhard Buschbeck in der Wienbibliothek der Stadt Wien | © Kromus/ PID

Briefe von Theodor W. Adorno an Lotte Tobisch

Der Briefwechsel zwischen Lotte Tobisch und Adorno dokumentiert ihre Freundschaft, ihre soziale Stellung und die höheren Gesellschaft aus Intellektuellen, Künstlern und Adel. Offenbar schätze die Tobisch deutliche ältere Männer als Partner und Briefpartner. Bereits im Jahr 2013 erschien "Der private Briefwechsel" zwischen ihr und Theodor W. Adorno im Literaturverlag Droschl. "Sie erschloss für Adorno eine Beziehung nicht nur zum zeitgenössischen Wien, sondern zugleich, zum Wien seiner Jugend und seiner musikalischen Lehrzeit bei Alban Berg. Der Briefwechsel handelt zuletzt auch von Adornos Plan, sich nach seiner Emeritierung, in Wien wieder als Komponist zu engagieren."

Lotte Tobisch und Erhard Buschbeck (vermutlich Sommer 1950) | © privat/Wienbibliothek

Beziehung mit Erhard Buschbeck

Lotte Tobisch-Labotýn wurde 1926 in Wien als Tochter des Architekten Karl Tobisch-Labotýn (1897–1977) und dessen Ehefrau Nora Anna Josefine Maria Krassl von Traissenegg (1906–2002) geboren. Am Burgtheater lernte sie in den 1940er Jahren den Schriftsteller und Dramaturgen Erhard Buschbeck (1889–1960) kennen, mit dem sie bis zu dessen Tod eine Lebensgemeinschaft verband. Im Teilnachlass liegen unter anderem Korrespondenzen und Dokumente betreffend die Zeitschrift „Der Ruf“ aus der Zeit der Mitherausgeberschaft Buschbecks und danach vor. „Am Bestand einer Persönlichkeit wie Lotte Tobisch zeigt sich, dass es keine eindeutige Grenze zwischen einer sogenannten "High Society" und einer intellektuellen Hochkultur gibt“, betont Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger.

StRin Veronica Kaup-Hasler, Wienbibliothek Direktorin Anita Eichinger und Tobisch-Vertraute Barbara Urbanek sichten den Nachlass | © Kromus/ PID

Kolumnistin für News

Die Schauspielerin war auch mit Günter Anders, Gershom Scholem, Fritz Hochwälder, Carl Zuckmayer, Elias Canetti, Ludwig von Ficker und vielen weiteren Geistesgrößen über mehrere Epochen verbunden und befreundet. SIe blieb ein Kind ihrer Zeit und versprühte ihren hellen Geist bis in hohe Alter. Mit 90 Jahren wurde Lotte Tobisch als Kolumnistin des Wochenmagazins „News“ engagiert.

Lotte Tobisch 2008 im Ronacher Theater in Wien | © Manfred Werner

In ihren Kolumnen äußerte sich bis kurz vor ihrem Tod zu gesellschaftlichen und politischen Themen. Eine Sammlung dieser Texte liegt als Zeitschriftenausschnitte vor. Ihr soziales Engagement hielt Lotte Tobisch bis vor ihrem Tod aufrecht. Unter anderem nutzte sie ihre Bekanntheit, um Spenden für den Verein „Künstler helfen Künstlern“ zu sammeln.

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